Ich habe mich anderwärts bemüht zu zeigen, daß nicht bloß der Schlaf, sondern auch der natürliche Tod durch die Rückwirkung der dem Gangliensystem untergeordneten Organe erzeugt werde. *) Alle Phä- nomene des Schlafes und der mit ihm verwandten Zu- stände, scheinen aus dem Gangliensystem hervorzuge- hen, welches alsdann vor dem Cerebralsystem vor- herrscht. Ueberhaupt zeigt sich uns das erstere in al- len seinen Verrichtungen, als eine in materieller Bildung befangene Seelenthätigkeit, welche, sobald sie in je- nem eigenthümlichen Geschäft gestört, oder ihres Ma- terials beraubt wird, den eigenthümlichen Bildungs- trieb ihrer ursprünglichen Natur gemäß, auf geistige Weise äußert. Im ruhigen, gesunden Schlafe herrscht die materielle bildende Thätigkeit des Gangliensyste- mes, über die eigenthümliche Thätigkeit des Cere- bralsystems vor, und die letztere ruhet, besangen in der des ersteren, alle Thätigkeit der Seele ist erlo- schen in dem Geschäft der materiellen Bildung.
Während im Schlafe jene isolirende Scheidewand hinwegfällt, wenn der oben erwähnte Apparat der Halbleitung ein Leiter wird, und beyde Systeme zu Einem Geschäft vereint, gemeinsam wirken: so stellt sich dagegen beym Erwachen wieder das natürliche Verhältniß her, beyde Systeme sind nun von neuem isolirt und selbst von unsern Träumen bleiben uns nur
jene
*) Ahndungen einer allgemeinen Geschichte des Lebens 2ten Theiles erster Band, im ersten Abschnitte.
Ich habe mich anderwaͤrts bemuͤht zu zeigen, daß nicht bloß der Schlaf, ſondern auch der natuͤrliche Tod durch die Ruͤckwirkung der dem Ganglienſyſtem untergeordneten Organe erzeugt werde. *) Alle Phaͤ- nomene des Schlafes und der mit ihm verwandten Zu- ſtaͤnde, ſcheinen aus dem Ganglienſyſtem hervorzuge- hen, welches alsdann vor dem Cerebralſyſtem vor- herrſcht. Ueberhaupt zeigt ſich uns das erſtere in al- len ſeinen Verrichtungen, als eine in materieller Bildung befangene Seelenthaͤtigkeit, welche, ſobald ſie in je- nem eigenthuͤmlichen Geſchaͤft geſtoͤrt, oder ihres Ma- terials beraubt wird, den eigenthuͤmlichen Bildungs- trieb ihrer urſpruͤnglichen Natur gemaͤß, auf geiſtige Weiſe aͤußert. Im ruhigen, geſunden Schlafe herrſcht die materielle bildende Thaͤtigkeit des Ganglienſyſte- mes, uͤber die eigenthuͤmliche Thaͤtigkeit des Cere- bralſyſtems vor, und die letztere ruhet, beſangen in der des erſteren, alle Thaͤtigkeit der Seele iſt erlo- ſchen in dem Geſchaͤft der materiellen Bildung.
Waͤhrend im Schlafe jene iſolirende Scheidewand hinwegfaͤllt, wenn der oben erwaͤhnte Apparat der Halbleitung ein Leiter wird, und beyde Syſteme zu Einem Geſchaͤft vereint, gemeinſam wirken: ſo ſtellt ſich dagegen beym Erwachen wieder das natuͤrliche Verhaͤltniß her, beyde Syſteme ſind nun von neuem iſolirt und ſelbſt von unſern Traͤumen bleiben uns nur
jene
*) Ahndungen einer allgemeinen Geſchichte des Lebens 2ten Theiles erſter Band, im erſten Abſchnitte.
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Ich habe mich anderwaͤrts bemuͤht zu zeigen, daß
nicht bloß der Schlaf, ſondern auch der natuͤrliche
Tod durch die Ruͤckwirkung der dem Ganglienſyſtem
untergeordneten Organe erzeugt werde. *) Alle Phaͤ-
nomene des Schlafes und der mit ihm verwandten Zu-
ſtaͤnde, ſcheinen aus dem Ganglienſyſtem hervorzuge-
hen, welches alsdann vor dem Cerebralſyſtem vor-
herrſcht. Ueberhaupt zeigt ſich uns das erſtere in al-
len ſeinen Verrichtungen, als eine in materieller Bildung
befangene Seelenthaͤtigkeit, welche, ſobald ſie in je-
nem eigenthuͤmlichen Geſchaͤft geſtoͤrt, oder ihres Ma-
terials beraubt wird, den eigenthuͤmlichen Bildungs-
trieb ihrer urſpruͤnglichen Natur gemaͤß, auf geiſtige
Weiſe aͤußert. Im ruhigen, geſunden Schlafe herrſcht
die materielle bildende Thaͤtigkeit des Ganglienſyſte-
mes, uͤber die eigenthuͤmliche Thaͤtigkeit des Cere-
bralſyſtems vor, und die letztere ruhet, beſangen in
der des erſteren, alle Thaͤtigkeit der Seele iſt erlo-
ſchen in dem Geſchaͤft der materiellen Bildung.
Waͤhrend im Schlafe jene iſolirende Scheidewand
hinwegfaͤllt, wenn der oben erwaͤhnte Apparat der
Halbleitung ein Leiter wird, und beyde Syſteme
zu Einem Geſchaͤft vereint, gemeinſam wirken: ſo ſtellt
ſich dagegen beym Erwachen wieder das natuͤrliche
Verhaͤltniß her, beyde Syſteme ſind nun von neuem
iſolirt und ſelbſt von unſern Traͤumen bleiben uns nur
jene
*) Ahndungen einer allgemeinen Geſchichte des Lebens
2ten Theiles erſter Band, im erſten Abſchnitte.
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Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_symbolik_1814/113>, abgerufen am 16.02.2025.
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