Willen nicht: die Bewegungen der Blutgefäße und des Darmkanals sind im Normalzustande unwillkühr- lich, und ein lebendig geöfnetes Thier, welches so- gleich schreyt, wenn es an einem aus dem Cerebral- system entspringenden (z. B. dem Schenkel-) Ner- ven gereizt wird, erduldet Stiche und Einschnitte in einem weichen Nerven des Gangliensystems, ohne ir- gend einen Schmerz zu äußern. Das ganze vegeta- tive System des Leibes, alle jene Organe, welche zur Bildung, Erhaltung und zum Wachsthum des mate- riellen Organismus wirken, gehören in das Gebiet des Gangliensystems, und dieses bildet, zusammen mit dem Stimmnerven, nicht bloß die Geflechte des Schlundes, Herzens, der Lungen, des Zwergfells, Ge- kröses, Beckens und der Saamenbereitung; sondern aus jenem vereinten System allein, empfangen die großen Arterien ihre Nerven, während die Nerven des Cerebralsystems bloß an den Blutgefäßen hinlau- fen, ohne sich in sie zu verzweigen. Mit den Arte- rien, aus deren Inhalt alle Theile des Leibes sich bil- den und erhalten, verbreiten sich die Nerven des Gangliensystems in alle Organe, und stehen hier allen Prozessen der Absonderung, der materiellen Bildung und Erzeugung vor.
Die sympathischen Nerven, welche, längs den beyden Seiten des Rückgrats hinabwärts, eine lange Ellipse bilden, die sich nach oben im Gehirn, nach unten im letzten Beckenknoten schließt, sind, weit ent- fernt, der Ursprung des Gangliensystems zu seyn, viel- mehr nur die abgesteckte Gränze zwischen diesem und
dem
Willen nicht: die Bewegungen der Blutgefaͤße und des Darmkanals ſind im Normalzuſtande unwillkuͤhr- lich, und ein lebendig geoͤfnetes Thier, welches ſo- gleich ſchreyt, wenn es an einem aus dem Cerebral- ſyſtem entſpringenden (z. B. dem Schenkel-) Ner- ven gereizt wird, erduldet Stiche und Einſchnitte in einem weichen Nerven des Ganglienſyſtems, ohne ir- gend einen Schmerz zu aͤußern. Das ganze vegeta- tive Syſtem des Leibes, alle jene Organe, welche zur Bildung, Erhaltung und zum Wachsthum des mate- riellen Organismus wirken, gehoͤren in das Gebiet des Ganglienſyſtems, und dieſes bildet, zuſammen mit dem Stimmnerven, nicht bloß die Geflechte des Schlundes, Herzens, der Lungen, des Zwergfells, Ge- kroͤſes, Beckens und der Saamenbereitung; ſondern aus jenem vereinten Syſtem allein, empfangen die großen Arterien ihre Nerven, waͤhrend die Nerven des Cerebralſyſtems bloß an den Blutgefaͤßen hinlau- fen, ohne ſich in ſie zu verzweigen. Mit den Arte- rien, aus deren Inhalt alle Theile des Leibes ſich bil- den und erhalten, verbreiten ſich die Nerven des Ganglienſyſtems in alle Organe, und ſtehen hier allen Prozeſſen der Abſonderung, der materiellen Bildung und Erzeugung vor.
Die ſympathiſchen Nerven, welche, laͤngs den beyden Seiten des Ruͤckgrats hinabwaͤrts, eine lange Ellipſe bilden, die ſich nach oben im Gehirn, nach unten im letzten Beckenknoten ſchließt, ſind, weit ent- fernt, der Urſprung des Ganglienſyſtems zu ſeyn, viel- mehr nur die abgeſteckte Graͤnze zwiſchen dieſem und
dem
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Willen nicht: die Bewegungen der Blutgefaͤße und
des Darmkanals ſind im Normalzuſtande unwillkuͤhr-
lich, und ein lebendig geoͤfnetes Thier, welches ſo-
gleich ſchreyt, wenn es an einem aus dem Cerebral-
ſyſtem entſpringenden (z. B. dem Schenkel-) Ner-
ven gereizt wird, erduldet Stiche und Einſchnitte in
einem weichen Nerven des Ganglienſyſtems, ohne ir-
gend einen Schmerz zu aͤußern. Das ganze vegeta-
tive Syſtem des Leibes, alle jene Organe, welche zur
Bildung, Erhaltung und zum Wachsthum des mate-
riellen Organismus wirken, gehoͤren in das Gebiet
des Ganglienſyſtems, und dieſes bildet, zuſammen
mit dem Stimmnerven, nicht bloß die Geflechte des
Schlundes, Herzens, der Lungen, des Zwergfells, Ge-
kroͤſes, Beckens und der Saamenbereitung; ſondern
aus jenem vereinten Syſtem allein, empfangen die
großen Arterien ihre Nerven, waͤhrend die Nerven
des Cerebralſyſtems bloß an den Blutgefaͤßen hinlau-
fen, ohne ſich in ſie zu verzweigen. Mit den Arte-
rien, aus deren Inhalt alle Theile des Leibes ſich bil-
den und erhalten, verbreiten ſich die Nerven des
Ganglienſyſtems in alle Organe, und ſtehen hier allen
Prozeſſen der Abſonderung, der materiellen Bildung
und Erzeugung vor.
Die ſympathiſchen Nerven, welche, laͤngs den
beyden Seiten des Ruͤckgrats hinabwaͤrts, eine lange
Ellipſe bilden, die ſich nach oben im Gehirn, nach
unten im letzten Beckenknoten ſchließt, ſind, weit ent-
fernt, der Urſprung des Ganglienſyſtems zu ſeyn, viel-
mehr nur die abgeſteckte Graͤnze zwiſchen dieſem und
dem
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Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_symbolik_1814/111>, abgerufen am 28.07.2024.
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