In dem neulich bekannt gewordnen, aber wie man sagt vielleicht nicht durchaus ächtindischem *) Gedicht Chartah Bhade, stellt der Gott Parabrahma, als er nach einer vieltausendjährigen Anschauung seiner selbst den Entschluß gefaßt, den abgefallenen Geistern eine Stätte der Läuterung und Wiedergeburt zur ersten Reinheit, -- das Weltall und die 87 Wege der See- lenwanderung zu erschaffen, den Stier unmittelbar neben den Menschen, als Gefährten und Ernährer. Es war, wie wir aus demselben Gedicht sehen, dem äl- teren Orient geboten, von den freywachsenden Früchten und nächst dem von der Milch der Kühe zu leben, und in einigen Ländern hat sich erst, wie es scheint in einer viel späteren Zeit, der Stamm der Ackersleute (von auswärts her?) angeschlossen. Auch in der alten persischen Sage, die übrigens noch von andrer Bedeu- tung ist, fieng der Mensch erst im dritten Weltal- ter (jedes zu dreytausend Jahren) an das Land zu bauen, nachdem er, mit dem Stier zugleich an einem erhabenen Ort geschaffen, daselbst in seeligen Frieden 3000 Jahre, und andre 3000 Jahre mit demselben auf der Erde, ohne Leid und Anfechtung gelebt hatte. Nach der Edda war mit dem ersten Menschen Ymer zugleich als Gefährtin die heilige Kuh Oedumla aus je- ner fruchtbaren Flüssigkeit gebildet, und ernährte den Ymer, und des Ackerbaues geschieht erst bey späteren Generationen Erwähnung.
*) Es ist wahrscheinlich etwas moderni- und anglisirt.
In dem neulich bekannt gewordnen, aber wie man ſagt vielleicht nicht durchaus aͤchtindiſchem *) Gedicht Chartah Bhade, ſtellt der Gott Parabrahma, als er nach einer vieltauſendjaͤhrigen Anſchauung ſeiner ſelbſt den Entſchluß gefaßt, den abgefallenen Geiſtern eine Staͤtte der Laͤuterung und Wiedergeburt zur erſten Reinheit, — das Weltall und die 87 Wege der See- lenwanderung zu erſchaffen, den Stier unmittelbar neben den Menſchen, als Gefaͤhrten und Ernaͤhrer. Es war, wie wir aus demſelben Gedicht ſehen, dem aͤl- teren Orient geboten, von den freywachſenden Fruͤchten und naͤchſt dem von der Milch der Kuͤhe zu leben, und in einigen Laͤndern hat ſich erſt, wie es ſcheint in einer viel ſpaͤteren Zeit, der Stamm der Ackersleute (von auswaͤrts her?) angeſchloſſen. Auch in der alten perſiſchen Sage, die uͤbrigens noch von andrer Bedeu- tung iſt, fieng der Menſch erſt im dritten Weltal- ter (jedes zu dreytauſend Jahren) an das Land zu bauen, nachdem er, mit dem Stier zugleich an einem erhabenen Ort geſchaffen, daſelbſt in ſeeligen Frieden 3000 Jahre, und andre 3000 Jahre mit demſelben auf der Erde, ohne Leid und Anfechtung gelebt hatte. Nach der Edda war mit dem erſten Menſchen Ymer zugleich als Gefaͤhrtin die heilige Kuh Oedumla aus je- ner fruchtbaren Fluͤſſigkeit gebildet, und ernaͤhrte den Ymer, und des Ackerbaues geſchieht erſt bey ſpaͤteren Generationen Erwaͤhnung.
*) Es iſt wahrſcheinlich etwas moderni- und angliſirt.
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[52/0066]
In dem neulich bekannt gewordnen, aber wie man
ſagt vielleicht nicht durchaus aͤchtindiſchem *) Gedicht
Chartah Bhade, ſtellt der Gott Parabrahma, als er
nach einer vieltauſendjaͤhrigen Anſchauung ſeiner ſelbſt
den Entſchluß gefaßt, den abgefallenen Geiſtern eine
Staͤtte der Laͤuterung und Wiedergeburt zur erſten
Reinheit, — das Weltall und die 87 Wege der See-
lenwanderung zu erſchaffen, den Stier unmittelbar
neben den Menſchen, als Gefaͤhrten und Ernaͤhrer.
Es war, wie wir aus demſelben Gedicht ſehen, dem aͤl-
teren Orient geboten, von den freywachſenden Fruͤchten
und naͤchſt dem von der Milch der Kuͤhe zu leben, und
in einigen Laͤndern hat ſich erſt, wie es ſcheint in
einer viel ſpaͤteren Zeit, der Stamm der Ackersleute
(von auswaͤrts her?) angeſchloſſen. Auch in der alten
perſiſchen Sage, die uͤbrigens noch von andrer Bedeu-
tung iſt, fieng der Menſch erſt im dritten Weltal-
ter (jedes zu dreytauſend Jahren) an das Land zu
bauen, nachdem er, mit dem Stier zugleich an einem
erhabenen Ort geſchaffen, daſelbſt in ſeeligen Frieden
3000 Jahre, und andre 3000 Jahre mit demſelben
auf der Erde, ohne Leid und Anfechtung gelebt hatte.
Nach der Edda war mit dem erſten Menſchen Ymer
zugleich als Gefaͤhrtin die heilige Kuh Oedumla aus je-
ner fruchtbaren Fluͤſſigkeit gebildet, und ernaͤhrte den
Ymer, und des Ackerbaues geſchieht erſt bey ſpaͤteren
Generationen Erwaͤhnung.
*) Es iſt wahrſcheinlich etwas moderni- und angliſirt.
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Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/66>, abgerufen am 24.11.2024.
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