überhaupt jede Kunst der Cultur des Landes, erst zu der Zeit der Entstehung und Verbreitung der Mysterien unter den Völkern entstanden und verbreitet. Von diesen aber werden wir später sehen, daß sie sich erst aus den Zeiten des Verfalls und Untergangs der ei- gentlichen alten Zeit, und jenes Naturcultus von des- sen letzten Ueberresten wir vorhin sprachen, erhoben ha- ben.
Wenn, nach einer allgemeinen Sage, die Erde im Anfang in der höchsten Fülle und Ueppigkeit die Le- bensbedürfnisse hervorbrachte, und jener kräftige Trieb der ersten Zeit allmählig abnahm, so kam sich die Natur durch den Menschen, den sie den Ackerbau ge- lehrt, erst dann zu Hülfe, als die Zeit des ersten Ueberflusses schon vorüber war.
Wir haben in den ältesten Sagen der meisten oder aller Völker, Beweise, daß die erste Vorwelt von freywachsenden Früchten, und nächst dem von der Milch der Kühe gelebt habe. Doch gehört hierher nicht die Verehrung der Kuh, welche dem ganzen äl- teren Orient ein Symbol der ernährenden mütterlichen Erde ist, vielmehr hat diese eine viel tiefere Bedeutung in der Geschichte des Planeten und der Thierwelt, und überhaupt scheint aus später anzuführenden Gründen der Gebrauch der Milch als Nahrung schon viel später als der ursprüngliche der Früchte, doch sind gewiß bey- de in der Geschichte des Ganzen älter als der Ackerbau.
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uͤberhaupt jede Kunſt der Cultur des Landes, erſt zu der Zeit der Entſtehung und Verbreitung der Myſterien unter den Voͤlkern entſtanden und verbreitet. Von dieſen aber werden wir ſpaͤter ſehen, daß ſie ſich erſt aus den Zeiten des Verfalls und Untergangs der ei- gentlichen alten Zeit, und jenes Naturcultus von deſ- ſen letzten Ueberreſten wir vorhin ſprachen, erhoben ha- ben.
Wenn, nach einer allgemeinen Sage, die Erde im Anfang in der hoͤchſten Fuͤlle und Ueppigkeit die Le- bensbeduͤrfniſſe hervorbrachte, und jener kraͤftige Trieb der erſten Zeit allmaͤhlig abnahm, ſo kam ſich die Natur durch den Menſchen, den ſie den Ackerbau ge- lehrt, erſt dann zu Huͤlfe, als die Zeit des erſten Ueberfluſſes ſchon voruͤber war.
Wir haben in den aͤlteſten Sagen der meiſten oder aller Voͤlker, Beweiſe, daß die erſte Vorwelt von freywachſenden Fruͤchten, und naͤchſt dem von der Milch der Kuͤhe gelebt habe. Doch gehoͤrt hierher nicht die Verehrung der Kuh, welche dem ganzen aͤl- teren Orient ein Symbol der ernaͤhrenden muͤtterlichen Erde iſt, vielmehr hat dieſe eine viel tiefere Bedeutung in der Geſchichte des Planeten und der Thierwelt, und uͤberhaupt ſcheint aus ſpaͤter anzufuͤhrenden Gruͤnden der Gebrauch der Milch als Nahrung ſchon viel ſpaͤter als der urſpruͤngliche der Fruͤchte, doch ſind gewiß bey- de in der Geſchichte des Ganzen aͤlter als der Ackerbau.
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[51/0065]
uͤberhaupt jede Kunſt der Cultur des Landes, erſt zu der
Zeit der Entſtehung und Verbreitung der Myſterien
unter den Voͤlkern entſtanden und verbreitet. Von
dieſen aber werden wir ſpaͤter ſehen, daß ſie ſich erſt
aus den Zeiten des Verfalls und Untergangs der ei-
gentlichen alten Zeit, und jenes Naturcultus von deſ-
ſen letzten Ueberreſten wir vorhin ſprachen, erhoben ha-
ben.
Wenn, nach einer allgemeinen Sage, die Erde im
Anfang in der hoͤchſten Fuͤlle und Ueppigkeit die Le-
bensbeduͤrfniſſe hervorbrachte, und jener kraͤftige Trieb
der erſten Zeit allmaͤhlig abnahm, ſo kam ſich die
Natur durch den Menſchen, den ſie den Ackerbau ge-
lehrt, erſt dann zu Huͤlfe, als die Zeit des erſten
Ueberfluſſes ſchon voruͤber war.
Wir haben in den aͤlteſten Sagen der meiſten oder
aller Voͤlker, Beweiſe, daß die erſte Vorwelt von
freywachſenden Fruͤchten, und naͤchſt dem von der
Milch der Kuͤhe gelebt habe. Doch gehoͤrt hierher
nicht die Verehrung der Kuh, welche dem ganzen aͤl-
teren Orient ein Symbol der ernaͤhrenden muͤtterlichen
Erde iſt, vielmehr hat dieſe eine viel tiefere Bedeutung
in der Geſchichte des Planeten und der Thierwelt, und
uͤberhaupt ſcheint aus ſpaͤter anzufuͤhrenden Gruͤnden
der Gebrauch der Milch als Nahrung ſchon viel ſpaͤter
als der urſpruͤngliche der Fruͤchte, doch ſind gewiß bey-
de in der Geſchichte des Ganzen aͤlter als der Ackerbau.
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Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/65>, abgerufen am 27.11.2024.
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