Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

Und doch blüheten in Indien die Astronomie und die
ketzten Ueberreste des alten Naturcultus spät noch ein-
mal auf, als Salivaganan, der fast zu Christi Zei-
ten lebte, *) die untergehende Herrlichleit der alten
Welt durch seine Reformation noch einmal zuruckzufüh-
ren gesucht.

Auch die Calender der alten Scandinavier, deren
ich eben erwähnte, beweisen so wie andre Thatsachen
der Art blos daß seit vier Jahrtausenden die Beobach-
tung unterlassen und so die festgesetzte Zeitrechnung
zu berichtigen versäumt sey, nicht aber daß sie erst seit
jener Zeit Astronomie zu üben angefangen.

Ja was noch mehr ist, die noch übergebliebenen
Arbeiten der Astronomie jener fernen Jahrtausende,
lassen mit Sicherheit auf eine Vollendung derselben
schließen, die in gewisser Hinsicht die der jetzigen Astro-
nomie, wo nicht übertraf, doch mit ihr wetteifern
konnte. Merkwürdig ist in dieser Hinsicht die Weise
wie die Indier noch jezt die Finsternisse berechnen, wel-
che mit nicht geringer Klarheit für die Höhe der frühen
Astronomie dieses Volks zu sprechen vermag. Wir
danken die erste äußerliche Kenntniß dieser Berech-
nungsweise vorzüglich dem gelehrten Le Gentil, der sei-

scheint erst später zu einer schon vor 6000 Jahren vollen-
deten Theorie hinzugekommen.
*) Er starb 78 p. Ch.

Und doch bluͤheten in Indien die Aſtronomie und die
ketzten Ueberreſte des alten Naturcultus ſpaͤt noch ein-
mal auf, als Salivaganan, der faſt zu Chriſti Zei-
ten lebte, *) die untergehende Herrlichleit der alten
Welt durch ſeine Reformation noch einmal zuruckzufuͤh-
ren geſucht.

Auch die Calender der alten Scandinavier, deren
ich eben erwaͤhnte, beweiſen ſo wie andre Thatſachen
der Art blos daß ſeit vier Jahrtauſenden die Beobach-
tung unterlaſſen und ſo die feſtgeſetzte Zeitrechnung
zu berichtigen verſaͤumt ſey, nicht aber daß ſie erſt ſeit
jener Zeit Aſtronomie zu uͤben angefangen.

Ja was noch mehr iſt, die noch uͤbergebliebenen
Arbeiten der Aſtronomie jener fernen Jahrtauſende,
laſſen mit Sicherheit auf eine Vollendung derſelben
ſchließen, die in gewiſſer Hinſicht die der jetzigen Aſtro-
nomie, wo nicht uͤbertraf, doch mit ihr wetteifern
konnte. Merkwuͤrdig iſt in dieſer Hinſicht die Weiſe
wie die Indier noch jezt die Finſterniſſe berechnen, wel-
che mit nicht geringer Klarheit fuͤr die Hoͤhe der fruͤhen
Aſtronomie dieſes Volks zu ſprechen vermag. Wir
danken die erſte aͤußerliche Kenntniß dieſer Berech-
nungsweiſe vorzuͤglich dem gelehrten Le Gentil, der ſei-

ſcheint erſt ſpaͤter zu einer ſchon vor 6000 Jahren vollen-
deten Theorie hinzugekommen.
*) Er ſtarb 78 p. Ch.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0048" n="34"/>
Und doch blu&#x0364;heten in Indien die A&#x017F;tronomie und die<lb/>
ketzten Ueberre&#x017F;te des alten Naturcultus &#x017F;pa&#x0364;t noch ein-<lb/>
mal auf, als Salivaganan, der fa&#x017F;t zu Chri&#x017F;ti Zei-<lb/>
ten lebte, <note place="foot" n="*)">Er &#x017F;tarb 78 <hi rendition="#aq">p. Ch.</hi></note> die untergehende Herrlichleit der alten<lb/>
Welt durch &#x017F;eine Reformation noch einmal zuruckzufu&#x0364;h-<lb/>
ren ge&#x017F;ucht.</p><lb/>
        <p>Auch die Calender der alten Scandinavier, deren<lb/>
ich eben erwa&#x0364;hnte, bewei&#x017F;en &#x017F;o wie andre That&#x017F;achen<lb/>
der Art blos daß &#x017F;eit vier Jahrtau&#x017F;enden die Beobach-<lb/>
tung unterla&#x017F;&#x017F;en und &#x017F;o die fe&#x017F;tge&#x017F;etzte Zeitrechnung<lb/>
zu berichtigen ver&#x017F;a&#x0364;umt &#x017F;ey, nicht aber daß &#x017F;ie er&#x017F;t &#x017F;eit<lb/>
jener Zeit A&#x017F;tronomie zu u&#x0364;ben angefangen.</p><lb/>
        <p>Ja was noch mehr i&#x017F;t, die noch u&#x0364;bergebliebenen<lb/>
Arbeiten der A&#x017F;tronomie jener fernen Jahrtau&#x017F;ende,<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en mit Sicherheit auf eine Vollendung der&#x017F;elben<lb/>
&#x017F;chließen, die in gewi&#x017F;&#x017F;er Hin&#x017F;icht die der jetzigen A&#x017F;tro-<lb/>
nomie, wo nicht u&#x0364;bertraf, doch mit ihr wetteifern<lb/>
konnte. Merkwu&#x0364;rdig i&#x017F;t in die&#x017F;er Hin&#x017F;icht die Wei&#x017F;e<lb/>
wie die Indier noch jezt die Fin&#x017F;terni&#x017F;&#x017F;e berechnen, wel-<lb/>
che mit nicht geringer Klarheit fu&#x0364;r die Ho&#x0364;he der fru&#x0364;hen<lb/>
A&#x017F;tronomie die&#x017F;es Volks zu &#x017F;prechen vermag. Wir<lb/>
danken die er&#x017F;te a&#x0364;ußerliche Kenntniß die&#x017F;er Berech-<lb/>
nungswei&#x017F;e vorzu&#x0364;glich dem gelehrten Le Gentil, der &#x017F;ei-<lb/><note xml:id="seg2pn_2_2" prev="#seg2pn_2_1" place="foot" n="*)">&#x017F;cheint er&#x017F;t &#x017F;pa&#x0364;ter zu einer &#x017F;chon vor 6000 Jahren vollen-<lb/>
deten Theorie hinzugekommen.</note><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[34/0048] Und doch bluͤheten in Indien die Aſtronomie und die ketzten Ueberreſte des alten Naturcultus ſpaͤt noch ein- mal auf, als Salivaganan, der faſt zu Chriſti Zei- ten lebte, *) die untergehende Herrlichleit der alten Welt durch ſeine Reformation noch einmal zuruckzufuͤh- ren geſucht. Auch die Calender der alten Scandinavier, deren ich eben erwaͤhnte, beweiſen ſo wie andre Thatſachen der Art blos daß ſeit vier Jahrtauſenden die Beobach- tung unterlaſſen und ſo die feſtgeſetzte Zeitrechnung zu berichtigen verſaͤumt ſey, nicht aber daß ſie erſt ſeit jener Zeit Aſtronomie zu uͤben angefangen. Ja was noch mehr iſt, die noch uͤbergebliebenen Arbeiten der Aſtronomie jener fernen Jahrtauſende, laſſen mit Sicherheit auf eine Vollendung derſelben ſchließen, die in gewiſſer Hinſicht die der jetzigen Aſtro- nomie, wo nicht uͤbertraf, doch mit ihr wetteifern konnte. Merkwuͤrdig iſt in dieſer Hinſicht die Weiſe wie die Indier noch jezt die Finſterniſſe berechnen, wel- che mit nicht geringer Klarheit fuͤr die Hoͤhe der fruͤhen Aſtronomie dieſes Volks zu ſprechen vermag. Wir danken die erſte aͤußerliche Kenntniß dieſer Berech- nungsweiſe vorzuͤglich dem gelehrten Le Gentil, der ſei- *) *) Er ſtarb 78 p. Ch. *) ſcheint erſt ſpaͤter zu einer ſchon vor 6000 Jahren vollen- deten Theorie hinzugekommen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/48
Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/48>, abgerufen am 23.11.2024.