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Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808.

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fräulicher, wiederfährt dem jungen Mädchen, von wel-
chem Gregorius schreibt.

Vielen hat sich die Nähe der letzten Auflösung durch
eine süße Musik offenbart. In den letzten Stunden
ist diese Erscheinung häufiger und allgemeiner bekannt.
Bey vollkommen Unpoetischen nimmt öfters eine solche
Offenbarung des Zukünftigen die Gestalt der Begeiste-
rung und Poesie an, und jenem Domherrn zu Werda
am Rhein, spricht sich die Vorempfindung des unver-
muthet nahen Endes in Versen aus.

Selbst die Sprache und das klare Bewußtseyn kehrt
bey solchen, welche sie seit langer Zeit verlohren, in
solchen Augenblicken der Vorahndung wieder. So je-
nem kranken Greis zu Buzow, der seit 28 Jahren ge-
lähmt und gänzlich sprachlos war, und dem ein freu-
diger Traum, der ihm das Ende seiner langen Leiden
verkündigte, die verlohrne Rede auf den letzten Lebens-
tag zurückgab. Selbst einem wirklichen Taubstummen
(Krause) der vor einigen Jahren zu Jena starb, hat
man gleich am Anfang der letzten Krankheit seinen na-
hen Tod mit einem von ihm noch nie so deutlich ver-
nommenen Wort verkündigen hören. Dieser war näm-
lich in einen berühmten Taubstummeninstitut zwar un-
terrichtet, hatte aber wegen eines fehlerhaften Organs
nie vernehmlich sprechen gelernt; jetzt aber in der Be-
geistrung der letzten Stunden wurde die bis dahin ge-
bundne Zunge gelöst *) wie sich auch bey Blödsinnigen

*) Merkwürdige Fälle von Vorahndungen, oder von einer
momentanen Zurückkehr der Sprache bey stumm ge-
wordnen sind mehrere bekannt, obwohl sie nicht zunächst
hieher gehören. So ist es die Vorahndung einer Taub-
stumm en, welche die Madame Beaumont erzählt, wo ein
naher Verwandter durch die stummen unablässigen Bitten
von einer nahen Gefahr in die er sich begeben wollen zu-
rück gehalten wurde; bekannt ist auch wenigstens in unsrer

fraͤulicher, wiederfaͤhrt dem jungen Maͤdchen, von wel-
chem Gregorius ſchreibt.

Vielen hat ſich die Naͤhe der letzten Aufloͤſung durch
eine ſuͤße Muſik offenbart. In den letzten Stunden
iſt dieſe Erſcheinung haͤufiger und allgemeiner bekannt.
Bey vollkommen Unpoetiſchen nimmt oͤfters eine ſolche
Offenbarung des Zukuͤnftigen die Geſtalt der Begeiſte-
rung und Poeſie an, und jenem Domherrn zu Werda
am Rhein, ſpricht ſich die Vorempfindung des unver-
muthet nahen Endes in Verſen aus.

Selbſt die Sprache und das klare Bewußtſeyn kehrt
bey ſolchen, welche ſie ſeit langer Zeit verlohren, in
ſolchen Augenblicken der Vorahndung wieder. So je-
nem kranken Greis zu Buzow, der ſeit 28 Jahren ge-
laͤhmt und gaͤnzlich ſprachlos war, und dem ein freu-
diger Traum, der ihm das Ende ſeiner langen Leiden
verkuͤndigte, die verlohrne Rede auf den letzten Lebens-
tag zuruͤckgab. Selbſt einem wirklichen Taubſtummen
(Krauſe) der vor einigen Jahren zu Jena ſtarb, hat
man gleich am Anfang der letzten Krankheit ſeinen na-
hen Tod mit einem von ihm noch nie ſo deutlich ver-
nommenen Wort verkuͤndigen hoͤren. Dieſer war naͤm-
lich in einen beruͤhmten Taubſtummeninſtitut zwar un-
terrichtet, hatte aber wegen eines fehlerhaften Organs
nie vernehmlich ſprechen gelernt; jetzt aber in der Be-
geiſtrung der letzten Stunden wurde die bis dahin ge-
bundne Zunge geloͤſt *) wie ſich auch bey Bloͤdſinnigen

*) Merkwuͤrdige Faͤlle von Vorahndungen, oder von einer
momentanen Zuruͤckkehr der Sprache bey ſtumm ge-
wordnen ſind mehrere bekannt, obwohl ſie nicht zunaͤchſt
hieher gehoͤren. So iſt es die Vorahndung einer Taub-
ſtumm en, welche die Madame Beaumont erzaͤhlt, wo ein
naher Verwandter durch die ſtummen unablaͤſſigen Bitten
von einer nahen Gefahr in die er ſich begeben wollen zu-
ruͤck gehalten wurde; bekannt iſt auch wenigſtens in unſrer
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[354/0368] fraͤulicher, wiederfaͤhrt dem jungen Maͤdchen, von wel- chem Gregorius ſchreibt. Vielen hat ſich die Naͤhe der letzten Aufloͤſung durch eine ſuͤße Muſik offenbart. In den letzten Stunden iſt dieſe Erſcheinung haͤufiger und allgemeiner bekannt. Bey vollkommen Unpoetiſchen nimmt oͤfters eine ſolche Offenbarung des Zukuͤnftigen die Geſtalt der Begeiſte- rung und Poeſie an, und jenem Domherrn zu Werda am Rhein, ſpricht ſich die Vorempfindung des unver- muthet nahen Endes in Verſen aus. Selbſt die Sprache und das klare Bewußtſeyn kehrt bey ſolchen, welche ſie ſeit langer Zeit verlohren, in ſolchen Augenblicken der Vorahndung wieder. So je- nem kranken Greis zu Buzow, der ſeit 28 Jahren ge- laͤhmt und gaͤnzlich ſprachlos war, und dem ein freu- diger Traum, der ihm das Ende ſeiner langen Leiden verkuͤndigte, die verlohrne Rede auf den letzten Lebens- tag zuruͤckgab. Selbſt einem wirklichen Taubſtummen (Krauſe) der vor einigen Jahren zu Jena ſtarb, hat man gleich am Anfang der letzten Krankheit ſeinen na- hen Tod mit einem von ihm noch nie ſo deutlich ver- nommenen Wort verkuͤndigen hoͤren. Dieſer war naͤm- lich in einen beruͤhmten Taubſtummeninſtitut zwar un- terrichtet, hatte aber wegen eines fehlerhaften Organs nie vernehmlich ſprechen gelernt; jetzt aber in der Be- geiſtrung der letzten Stunden wurde die bis dahin ge- bundne Zunge geloͤſt *) wie ſich auch bey Bloͤdſinnigen *) Merkwuͤrdige Faͤlle von Vorahndungen, oder von einer momentanen Zuruͤckkehr der Sprache bey ſtumm ge- wordnen ſind mehrere bekannt, obwohl ſie nicht zunaͤchſt hieher gehoͤren. So iſt es die Vorahndung einer Taub- ſtumm en, welche die Madame Beaumont erzaͤhlt, wo ein naher Verwandter durch die ſtummen unablaͤſſigen Bitten von einer nahen Gefahr in die er ſich begeben wollen zu- ruͤck gehalten wurde; bekannt iſt auch wenigſtens in unſrer

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Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/368>, abgerufen am 22.11.2024.