Daseyns in das vorhergehende wahrgenommen, und diese sind so wie die Glieder einer Kette verbunden.
Wenn wir den Weg, welchen die bildende Natur auf den ersten Stufen des Thierreichs nimmt, genau beobachten, sehen wir, wie in der Geschichte des ein- zelnen Thieres, gleichsam das Herz zuerst auftreten. Denn das ganze Daseyn einiger microscopischen Thie- re, von der Art jener aus Aufgüssen erzeugten, be- steht in einer beständigen Aufeinanderfolge von Aus- dehnung und Zusammenziehung, was sich öfters als ein beständiges Umkreißen selbst noch bey den Räder- thierchen andeutet. Noch ist bey vielen dieser Thier- chen kein thierisches Nahrungsnehmen beobachtet, und sie scheinen wie kleine Pflanzen durch ein unmerkliches Einsaugen der Flüssigkeit in der sie leben, zu vegetiren. Obgleich bey den zunächst angränzenden Zoophyten und einigen Würmern, weder Nerven noch Muskelartige Or- gane zu beobachten sind, läßt sich der Gegensatz zwi- schen Nerven und Muskeln doch schon in ihnen vermu- then, weil sie, wie Humbold in einem seiner früheren Werke gezeigt hat, sich gegen den Metallreiz auf die- selbe Weise empfindlich zeigen, wie höher ausgebilde- te, und offenbar mit Nerven und Muskeln versehene Thiere. Dieser Gegensatz scheint mithin im Thierreich sehr frühe, und fast mit ihm zugleich einzutreten. Der Sinn für das Licht wird schon bey den Polypen, und ähnlichen unvollkommenen Thieren sehr deutlich bemerkt, ohne daß doch irgend ein Organ vorhanden
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Daſeyns in das vorhergehende wahrgenommen, und dieſe ſind ſo wie die Glieder einer Kette verbunden.
Wenn wir den Weg, welchen die bildende Natur auf den erſten Stufen des Thierreichs nimmt, genau beobachten, ſehen wir, wie in der Geſchichte des ein- zelnen Thieres, gleichſam das Herz zuerſt auftreten. Denn das ganze Daſeyn einiger microſcopiſchen Thie- re, von der Art jener aus Aufguͤſſen erzeugten, be- ſteht in einer beſtaͤndigen Aufeinanderfolge von Aus- dehnung und Zuſammenziehung, was ſich oͤfters als ein beſtaͤndiges Umkreißen ſelbſt noch bey den Raͤder- thierchen andeutet. Noch iſt bey vielen dieſer Thier- chen kein thieriſches Nahrungsnehmen beobachtet, und ſie ſcheinen wie kleine Pflanzen durch ein unmerkliches Einſaugen der Fluͤſſigkeit in der ſie leben, zu vegetiren. Obgleich bey den zunaͤchſt angraͤnzenden Zoophyten und einigen Wuͤrmern, weder Nerven noch Muskelartige Or- gane zu beobachten ſind, laͤßt ſich der Gegenſatz zwi- ſchen Nerven und Muskeln doch ſchon in ihnen vermu- then, weil ſie, wie Humbold in einem ſeiner fruͤheren Werke gezeigt hat, ſich gegen den Metallreiz auf die- ſelbe Weiſe empfindlich zeigen, wie hoͤher ausgebilde- te, und offenbar mit Nerven und Muskeln verſehene Thiere. Dieſer Gegenſatz ſcheint mithin im Thierreich ſehr fruͤhe, und faſt mit ihm zugleich einzutreten. Der Sinn fuͤr das Licht wird ſchon bey den Polypen, und aͤhnlichen unvollkommenen Thieren ſehr deutlich bemerkt, ohne daß doch irgend ein Organ vorhanden
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Daſeyns in das vorhergehende wahrgenommen, und
dieſe ſind ſo wie die Glieder einer Kette verbunden.
Wenn wir den Weg, welchen die bildende Natur
auf den erſten Stufen des Thierreichs nimmt, genau
beobachten, ſehen wir, wie in der Geſchichte des ein-
zelnen Thieres, gleichſam das Herz zuerſt auftreten.
Denn das ganze Daſeyn einiger microſcopiſchen Thie-
re, von der Art jener aus Aufguͤſſen erzeugten, be-
ſteht in einer beſtaͤndigen Aufeinanderfolge von Aus-
dehnung und Zuſammenziehung, was ſich oͤfters als
ein beſtaͤndiges Umkreißen ſelbſt noch bey den Raͤder-
thierchen andeutet. Noch iſt bey vielen dieſer Thier-
chen kein thieriſches Nahrungsnehmen beobachtet, und
ſie ſcheinen wie kleine Pflanzen durch ein unmerkliches
Einſaugen der Fluͤſſigkeit in der ſie leben, zu vegetiren.
Obgleich bey den zunaͤchſt angraͤnzenden Zoophyten und
einigen Wuͤrmern, weder Nerven noch Muskelartige Or-
gane zu beobachten ſind, laͤßt ſich der Gegenſatz zwi-
ſchen Nerven und Muskeln doch ſchon in ihnen vermu-
then, weil ſie, wie Humbold in einem ſeiner fruͤheren
Werke gezeigt hat, ſich gegen den Metallreiz auf die-
ſelbe Weiſe empfindlich zeigen, wie hoͤher ausgebilde-
te, und offenbar mit Nerven und Muskeln verſehene
Thiere. Dieſer Gegenſatz ſcheint mithin im Thierreich
ſehr fruͤhe, und faſt mit ihm zugleich einzutreten.
Der Sinn fuͤr das Licht wird ſchon bey den Polypen,
und aͤhnlichen unvollkommenen Thieren ſehr deutlich
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Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/273>, abgerufen am 26.11.2024.
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