Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

kömmt, ohne daß sich derselbe in allen Gewohnheiten
seines Lebens stören läßt. So ist diese sonderbare Thier-
art den Pflanzen eben so verwandt als den Thieren,
und nur darinn, daß sie Futter von außen nimmt,
wird sie den letztern ähnlich.

Bekanntlich findet sich auch bey dem Polypen, und
dieses ist der merkwürdigste Theil seines Lebens, in
der Nähe seines Todes, im Herbst, wenn die Pflan-
zen an denen er wohnte und er selber der überhandneh-
menden Kälte weichen müssen, eine Vorahndung des
höheren thierischen Daseyns. Er legt alsdann nach
Bonnets Beobachtungen ein Ey, wie vollkommne
Thiere, die sich nicht durch Sprossen fortpflanzen. Auch
bey den meisten Aphisarten, welche die Blattstiele
unsrer Pflanzen öfters bedecken, findet sich eine ähnli-
che merkwürdige Erscheinung. Diese Thiere, indem
sie lebendige Junge gebähren, gleichen hierinnen den
durch lebendige Sprossen sich fortpflanzenden, indem
sie eigentlich Geschlechtslos sind. Erst im Herbst,
nahe vor dem gemeinschaftlichen Untergang, bemerkt
man, daß die zuletzt lebende Generation aus Männ-
chen und Weibchen besteht, und diese pflanzen sich
nach der Weise der vollkommnen Thierklassen, durch
Eyer fort.

So wird auch hier, wie in einigen Erscheinungen,
die wir später aus der vollkommneren Thierwelt an-
führen werden, das Eingreifen eines nächstfolgenden

koͤmmt, ohne daß ſich derſelbe in allen Gewohnheiten
ſeines Lebens ſtoͤren laͤßt. So iſt dieſe ſonderbare Thier-
art den Pflanzen eben ſo verwandt als den Thieren,
und nur darinn, daß ſie Futter von außen nimmt,
wird ſie den letztern aͤhnlich.

Bekanntlich findet ſich auch bey dem Polypen, und
dieſes iſt der merkwuͤrdigſte Theil ſeines Lebens, in
der Naͤhe ſeines Todes, im Herbſt, wenn die Pflan-
zen an denen er wohnte und er ſelber der uͤberhandneh-
menden Kaͤlte weichen muͤſſen, eine Vorahndung des
hoͤheren thieriſchen Daſeyns. Er legt alsdann nach
Bonnets Beobachtungen ein Ey, wie vollkommne
Thiere, die ſich nicht durch Sproſſen fortpflanzen. Auch
bey den meiſten Aphisarten, welche die Blattſtiele
unſrer Pflanzen oͤfters bedecken, findet ſich eine aͤhnli-
che merkwuͤrdige Erſcheinung. Dieſe Thiere, indem
ſie lebendige Junge gebaͤhren, gleichen hierinnen den
durch lebendige Sproſſen ſich fortpflanzenden, indem
ſie eigentlich Geſchlechtslos ſind. Erſt im Herbſt,
nahe vor dem gemeinſchaftlichen Untergang, bemerkt
man, daß die zuletzt lebende Generation aus Maͤnn-
chen und Weibchen beſteht, und dieſe pflanzen ſich
nach der Weiſe der vollkommnen Thierklaſſen, durch
Eyer fort.

So wird auch hier, wie in einigen Erſcheinungen,
die wir ſpaͤter aus der vollkommneren Thierwelt an-
fuͤhren werden, das Eingreifen eines naͤchſtfolgenden

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0272" n="258"/>
ko&#x0364;mmt, ohne daß &#x017F;ich der&#x017F;elbe in allen Gewohnheiten<lb/>
&#x017F;eines Lebens &#x017F;to&#x0364;ren la&#x0364;ßt. So i&#x017F;t die&#x017F;e &#x017F;onderbare Thier-<lb/>
art den Pflanzen eben &#x017F;o verwandt als den Thieren,<lb/>
und nur darinn, daß &#x017F;ie Futter von außen nimmt,<lb/>
wird &#x017F;ie den letztern a&#x0364;hnlich.</p><lb/>
        <p>Bekanntlich findet &#x017F;ich auch bey dem Polypen, und<lb/>
die&#x017F;es i&#x017F;t der merkwu&#x0364;rdig&#x017F;te Theil &#x017F;eines Lebens, in<lb/>
der Na&#x0364;he &#x017F;eines Todes, im Herb&#x017F;t, wenn die Pflan-<lb/>
zen an denen er wohnte und er &#x017F;elber der u&#x0364;berhandneh-<lb/>
menden Ka&#x0364;lte weichen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, eine Vorahndung des<lb/>
ho&#x0364;heren thieri&#x017F;chen Da&#x017F;eyns. Er legt alsdann nach<lb/>
Bonnets Beobachtungen ein Ey, wie vollkommne<lb/>
Thiere, die &#x017F;ich nicht durch Spro&#x017F;&#x017F;en fortpflanzen. Auch<lb/>
bey den mei&#x017F;ten Aphisarten, welche die Blatt&#x017F;tiele<lb/>
un&#x017F;rer Pflanzen o&#x0364;fters bedecken, findet &#x017F;ich eine a&#x0364;hnli-<lb/>
che merkwu&#x0364;rdige Er&#x017F;cheinung. Die&#x017F;e Thiere, indem<lb/>
&#x017F;ie lebendige Junge geba&#x0364;hren, gleichen hierinnen den<lb/>
durch lebendige Spro&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich fortpflanzenden, indem<lb/>
&#x017F;ie eigentlich Ge&#x017F;chlechtslos &#x017F;ind. Er&#x017F;t im Herb&#x017F;t,<lb/>
nahe vor dem gemein&#x017F;chaftlichen Untergang, bemerkt<lb/>
man, daß die zuletzt lebende Generation aus Ma&#x0364;nn-<lb/>
chen und Weibchen be&#x017F;teht, und die&#x017F;e pflanzen &#x017F;ich<lb/>
nach der Wei&#x017F;e der vollkommnen Thierkla&#x017F;&#x017F;en, durch<lb/>
Eyer fort.</p><lb/>
        <p>So wird auch hier, wie in einigen Er&#x017F;cheinungen,<lb/>
die wir &#x017F;pa&#x0364;ter aus der vollkommneren Thierwelt an-<lb/>
fu&#x0364;hren werden, das Eingreifen eines na&#x0364;ch&#x017F;tfolgenden<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[258/0272] koͤmmt, ohne daß ſich derſelbe in allen Gewohnheiten ſeines Lebens ſtoͤren laͤßt. So iſt dieſe ſonderbare Thier- art den Pflanzen eben ſo verwandt als den Thieren, und nur darinn, daß ſie Futter von außen nimmt, wird ſie den letztern aͤhnlich. Bekanntlich findet ſich auch bey dem Polypen, und dieſes iſt der merkwuͤrdigſte Theil ſeines Lebens, in der Naͤhe ſeines Todes, im Herbſt, wenn die Pflan- zen an denen er wohnte und er ſelber der uͤberhandneh- menden Kaͤlte weichen muͤſſen, eine Vorahndung des hoͤheren thieriſchen Daſeyns. Er legt alsdann nach Bonnets Beobachtungen ein Ey, wie vollkommne Thiere, die ſich nicht durch Sproſſen fortpflanzen. Auch bey den meiſten Aphisarten, welche die Blattſtiele unſrer Pflanzen oͤfters bedecken, findet ſich eine aͤhnli- che merkwuͤrdige Erſcheinung. Dieſe Thiere, indem ſie lebendige Junge gebaͤhren, gleichen hierinnen den durch lebendige Sproſſen ſich fortpflanzenden, indem ſie eigentlich Geſchlechtslos ſind. Erſt im Herbſt, nahe vor dem gemeinſchaftlichen Untergang, bemerkt man, daß die zuletzt lebende Generation aus Maͤnn- chen und Weibchen beſteht, und dieſe pflanzen ſich nach der Weiſe der vollkommnen Thierklaſſen, durch Eyer fort. So wird auch hier, wie in einigen Erſcheinungen, die wir ſpaͤter aus der vollkommneren Thierwelt an- fuͤhren werden, das Eingreifen eines naͤchſtfolgenden

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/272
Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/272>, abgerufen am 26.11.2024.