Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

ren, weiter nach voruen und höher liegenden Ohren vor
allen Varietäten des jetzigen Menschengeschlechts, son-
dern selbst darin, worin sich die Menschen in allen Zo-
nen gleich sind, und was für den natürlichen Charak-
ter des ganzen Geschlechts gehalten wird, in dem Bau
der Zähne, weichen sie gänzlich ab. Es sind nähm-
lich die Eckzähne, die wir mit den Raubthieren gemein
haben, von den Backzähnen nicht zu unterscheiden,
und auch die Schneidezähne haben platte Kronen.
Dieses, wahrscheinlich älteste Menschengeschlecht, ist
demnach blos Pflanzenessend gewesen, und auch in der
Geschichte des Menschen wie in der der vollkommneren
Thiere, ist das Leben von Vegetabilien älter gewesen als
das vom Raube.

So wie jene Pfianzenfressenden Thiere an körper-
licher Größe und Masse das jüngere Geschlecht der
Raubthiere weit übertreffen, so zeichnen sich überhaupt
alle Bildungen jener früheren Zeit durch eine viel größe-
re Masse vor den jetzigen aus. Wo kann die jetzige
Natur Elephanten von jener ungeheuren Größe auf-
weisen, wie diejenigen, deren Ueberreste noch in den
Gebirgen der nördlichen Welt gefunden werden? Jene
Hirsche, deren Geweihe sich, wie an den in Irrland
gefundenen Schedeln, gegen 11 Fuß ausbreiteten, oder
von denen das Geweih, wie jenes bey Worms gefun-
dene, gegen 50 Pfund wog, jene Tapire, welche das
Nashorn noch um den 4ten Theil an Größe übertref-
fen, jene indischen Büffel, die noch viel größer gewe-

ren, weiter nach voruen und hoͤher liegenden Ohren vor
allen Varietaͤten des jetzigen Menſchengeſchlechts, ſon-
dern ſelbſt darin, worin ſich die Menſchen in allen Zo-
nen gleich ſind, und was fuͤr den natuͤrlichen Charak-
ter des ganzen Geſchlechts gehalten wird, in dem Bau
der Zaͤhne, weichen ſie gaͤnzlich ab. Es ſind naͤhm-
lich die Eckzaͤhne, die wir mit den Raubthieren gemein
haben, von den Backzaͤhnen nicht zu unterſcheiden,
und auch die Schneidezaͤhne haben platte Kronen.
Dieſes, wahrſcheinlich aͤlteſte Menſchengeſchlecht, iſt
demnach blos Pflanzeneſſend geweſen, und auch in der
Geſchichte des Menſchen wie in der der vollkommneren
Thiere, iſt das Leben von Vegetabilien aͤlter geweſen als
das vom Raube.

So wie jene Pfianzenfreſſenden Thiere an koͤrper-
licher Groͤße und Maſſe das juͤngere Geſchlecht der
Raubthiere weit uͤbertreffen, ſo zeichnen ſich uͤberhaupt
alle Bildungen jener fruͤheren Zeit durch eine viel groͤße-
re Maſſe vor den jetzigen aus. Wo kann die jetzige
Natur Elephanten von jener ungeheuren Groͤße auf-
weiſen, wie diejenigen, deren Ueberreſte noch in den
Gebirgen der noͤrdlichen Welt gefunden werden? Jene
Hirſche, deren Geweihe ſich, wie an den in Irrland
gefundenen Schedeln, gegen 11 Fuß ausbreiteten, oder
von denen das Geweih, wie jenes bey Worms gefun-
dene, gegen 50 Pfund wog, jene Tapire, welche das
Nashorn noch um den 4ten Theil an Groͤße uͤbertref-
fen, jene indiſchen Buͤffel, die noch viel groͤßer gewe-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0234" n="220"/>
ren, weiter nach voruen und ho&#x0364;her liegenden Ohren vor<lb/>
allen Varieta&#x0364;ten des jetzigen Men&#x017F;chenge&#x017F;chlechts, &#x017F;on-<lb/>
dern &#x017F;elb&#x017F;t darin, worin &#x017F;ich die Men&#x017F;chen in allen Zo-<lb/>
nen gleich &#x017F;ind, und was fu&#x0364;r den natu&#x0364;rlichen Charak-<lb/>
ter des ganzen Ge&#x017F;chlechts gehalten wird, in dem Bau<lb/>
der Za&#x0364;hne, weichen &#x017F;ie ga&#x0364;nzlich ab. Es &#x017F;ind na&#x0364;hm-<lb/>
lich die Eckza&#x0364;hne, die wir mit den Raubthieren gemein<lb/>
haben, von den Backza&#x0364;hnen nicht zu unter&#x017F;cheiden,<lb/>
und auch die Schneideza&#x0364;hne haben platte Kronen.<lb/>
Die&#x017F;es, wahr&#x017F;cheinlich a&#x0364;lte&#x017F;te Men&#x017F;chenge&#x017F;chlecht, i&#x017F;t<lb/>
demnach blos Pflanzene&#x017F;&#x017F;end gewe&#x017F;en, und auch in der<lb/>
Ge&#x017F;chichte des Men&#x017F;chen wie in der der vollkommneren<lb/>
Thiere, i&#x017F;t das Leben von Vegetabilien a&#x0364;lter gewe&#x017F;en als<lb/>
das vom Raube.</p><lb/>
        <p>So wie jene Pfianzenfre&#x017F;&#x017F;enden Thiere an ko&#x0364;rper-<lb/>
licher Gro&#x0364;ße und Ma&#x017F;&#x017F;e das ju&#x0364;ngere Ge&#x017F;chlecht der<lb/>
Raubthiere weit u&#x0364;bertreffen, &#x017F;o zeichnen &#x017F;ich u&#x0364;berhaupt<lb/>
alle Bildungen jener fru&#x0364;heren Zeit durch eine viel gro&#x0364;ße-<lb/>
re Ma&#x017F;&#x017F;e vor den jetzigen aus. Wo kann die jetzige<lb/>
Natur Elephanten von jener ungeheuren Gro&#x0364;ße auf-<lb/>
wei&#x017F;en, wie diejenigen, deren Ueberre&#x017F;te noch in den<lb/>
Gebirgen der no&#x0364;rdlichen Welt gefunden werden? Jene<lb/>
Hir&#x017F;che, deren Geweihe &#x017F;ich, wie an den in Irrland<lb/>
gefundenen Schedeln, gegen 11 Fuß ausbreiteten, oder<lb/>
von denen das Geweih, wie jenes bey Worms gefun-<lb/>
dene, gegen 50 Pfund wog, jene Tapire, welche das<lb/>
Nashorn noch um den 4ten Theil an Gro&#x0364;ße u&#x0364;bertref-<lb/>
fen, jene indi&#x017F;chen Bu&#x0364;ffel, die noch viel gro&#x0364;ßer gewe-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[220/0234] ren, weiter nach voruen und hoͤher liegenden Ohren vor allen Varietaͤten des jetzigen Menſchengeſchlechts, ſon- dern ſelbſt darin, worin ſich die Menſchen in allen Zo- nen gleich ſind, und was fuͤr den natuͤrlichen Charak- ter des ganzen Geſchlechts gehalten wird, in dem Bau der Zaͤhne, weichen ſie gaͤnzlich ab. Es ſind naͤhm- lich die Eckzaͤhne, die wir mit den Raubthieren gemein haben, von den Backzaͤhnen nicht zu unterſcheiden, und auch die Schneidezaͤhne haben platte Kronen. Dieſes, wahrſcheinlich aͤlteſte Menſchengeſchlecht, iſt demnach blos Pflanzeneſſend geweſen, und auch in der Geſchichte des Menſchen wie in der der vollkommneren Thiere, iſt das Leben von Vegetabilien aͤlter geweſen als das vom Raube. So wie jene Pfianzenfreſſenden Thiere an koͤrper- licher Groͤße und Maſſe das juͤngere Geſchlecht der Raubthiere weit uͤbertreffen, ſo zeichnen ſich uͤberhaupt alle Bildungen jener fruͤheren Zeit durch eine viel groͤße- re Maſſe vor den jetzigen aus. Wo kann die jetzige Natur Elephanten von jener ungeheuren Groͤße auf- weiſen, wie diejenigen, deren Ueberreſte noch in den Gebirgen der noͤrdlichen Welt gefunden werden? Jene Hirſche, deren Geweihe ſich, wie an den in Irrland gefundenen Schedeln, gegen 11 Fuß ausbreiteten, oder von denen das Geweih, wie jenes bey Worms gefun- dene, gegen 50 Pfund wog, jene Tapire, welche das Nashorn noch um den 4ten Theil an Groͤße uͤbertref- fen, jene indiſchen Buͤffel, die noch viel groͤßer gewe-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/234
Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/234>, abgerufen am 24.11.2024.