Giraffen und Antilopen, von ehemaligen Flüssen voller Flußpferde und Krocodile, da wo jetzt nur noch der nördliche Eisbär und das Rennthier wohnen.
Es ist nämlich aus dem Vorhandenseyn jener häu- figen Ueberreste organischer Wesen, in der Nähe der Pole, wovon wir hernach reden werden, gewiß, daß jene Gegenden in der frühesten Zeit, und wie es scheint, früher als alle andre Erdstriche, der Aufenthalt und das Geburtsland einer sehr vollkommenen organischen Welt waren. Die im Allgemeinen viel geringere Hö- he der Gebirge nach den Polen hin, im Vergleich mit denen der Aequatorealgegenden, und verschiedne andre Thatsachen machen es wahrscheinlich, daß die Po- le bey der allmäligen Abnahme des (über ihnen ungleich niedriger stehenden) Gewässers, aus diesem schon her- vortraten, als die, vermöge des täglichen Um- schwungs nach dem Aequator angehäufte Fluth, da- selbst noch hoch über den Bergen stund. Die dünnere Luftschicht in der Höhe der Schneeregion, die dichtere in den tiefen Thälern, sind bekanntlich die Ursache des Temperaturunterschieds der zwischen dem Gipfel der hohen Berge und den Ebenen statt findet. Eine größe- re allgemeine Wassermenge in früheren Zeiten, hatte auch eine größere Dichtigkeit der Atmosphäre zur noth- wendigen Folge, diese aber mußte wiederum eine viel stärkere (Wärmeerzeugende) Wirkung der Sonnenstrah- len bewirken. Bey einer ungeheuer viel größeren Was- sermenge und mithin eben so viel dichteren Atmosphäre
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Giraffen und Antilopen, von ehemaligen Fluͤſſen voller Flußpferde und Krocodile, da wo jetzt nur noch der noͤrdliche Eisbaͤr und das Rennthier wohnen.
Es iſt naͤmlich aus dem Vorhandenſeyn jener haͤu- figen Ueberreſte organiſcher Weſen, in der Naͤhe der Pole, wovon wir hernach reden werden, gewiß, daß jene Gegenden in der fruͤheſten Zeit, und wie es ſcheint, fruͤher als alle andre Erdſtriche, der Aufenthalt und das Geburtsland einer ſehr vollkommenen organiſchen Welt waren. Die im Allgemeinen viel geringere Hoͤ- he der Gebirge nach den Polen hin, im Vergleich mit denen der Aequatorealgegenden, und verſchiedne andre Thatſachen machen es wahrſcheinlich, daß die Po- le bey der allmaͤligen Abnahme des (uͤber ihnen ungleich niedriger ſtehenden) Gewaͤſſers, aus dieſem ſchon her- vortraten, als die, vermoͤge des taͤglichen Um- ſchwungs nach dem Aequator angehaͤufte Fluth, da- ſelbſt noch hoch uͤber den Bergen ſtund. Die duͤnnere Luftſchicht in der Hoͤhe der Schneeregion, die dichtere in den tiefen Thaͤlern, ſind bekanntlich die Urſache des Temperaturunterſchieds der zwiſchen dem Gipfel der hohen Berge und den Ebenen ſtatt findet. Eine groͤße- re allgemeine Waſſermenge in fruͤheren Zeiten, hatte auch eine groͤßere Dichtigkeit der Atmosphaͤre zur noth- wendigen Folge, dieſe aber mußte wiederum eine viel ſtaͤrkere (Waͤrmeerzeugende) Wirkung der Sonnenſtrah- len bewirken. Bey einer ungeheuer viel groͤßeren Waſ- ſermenge und mithin eben ſo viel dichteren Atmosphaͤre
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Giraffen und Antilopen, von ehemaligen Fluͤſſen voller
Flußpferde und Krocodile, da wo jetzt nur noch der
noͤrdliche Eisbaͤr und das Rennthier wohnen.
Es iſt naͤmlich aus dem Vorhandenſeyn jener haͤu-
figen Ueberreſte organiſcher Weſen, in der Naͤhe der
Pole, wovon wir hernach reden werden, gewiß, daß
jene Gegenden in der fruͤheſten Zeit, und wie es ſcheint,
fruͤher als alle andre Erdſtriche, der Aufenthalt und
das Geburtsland einer ſehr vollkommenen organiſchen
Welt waren. Die im Allgemeinen viel geringere Hoͤ-
he der Gebirge nach den Polen hin, im Vergleich mit
denen der Aequatorealgegenden, und verſchiedne andre
Thatſachen machen es wahrſcheinlich, daß die Po-
le bey der allmaͤligen Abnahme des (uͤber ihnen ungleich
niedriger ſtehenden) Gewaͤſſers, aus dieſem ſchon her-
vortraten, als die, vermoͤge des taͤglichen Um-
ſchwungs nach dem Aequator angehaͤufte Fluth, da-
ſelbſt noch hoch uͤber den Bergen ſtund. Die duͤnnere
Luftſchicht in der Hoͤhe der Schneeregion, die dichtere
in den tiefen Thaͤlern, ſind bekanntlich die Urſache des
Temperaturunterſchieds der zwiſchen dem Gipfel der
hohen Berge und den Ebenen ſtatt findet. Eine groͤße-
re allgemeine Waſſermenge in fruͤheren Zeiten, hatte
auch eine groͤßere Dichtigkeit der Atmosphaͤre zur noth-
wendigen Folge, dieſe aber mußte wiederum eine viel
ſtaͤrkere (Waͤrmeerzeugende) Wirkung der Sonnenſtrah-
len bewirken. Bey einer ungeheuer viel groͤßeren Waſ-
ſermenge und mithin eben ſo viel dichteren Atmosphaͤre
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Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/223>, abgerufen am 25.11.2024.
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