würde, wie ein weiser Regent nicht den Führer des Heeres zu dem Dienst des gemeinen Kriegers, den Baumeister zum Handlanger misbranchen wird. Da- gegen hat sich, obgleich kein Verständiger dem großen Neuton die Entdeckung des Gesetzes der Schwere strei- tig machen wird, doch ohnstreitig die Grundansicht derselben bey mehrern Zeitgenossen zugleich geregt, und der Keim zu den mathematischen Arbeiten jenes scharf- sinnigen Mannes, war in einem ganzen Zeitalter zu- gleich vorbereitet, während Kepler noch immer nur zu einzig steht.
Stellen aus Keplers Werken, die mir eben zur Hand sind, und die unter andern beweisen können, wie nahe Kepler der Entdeckung des Gesetzes der Schwere gewesen, und wie er ihr unwillkührlich im- mer selber wieder ausgewichen, sind selbst einige aus seinem frühern Werk de motibus stellae Martis, die ich hier anführen will. Er beweißt im 33sten Capitel dieses Buchs, daß die Kraft, welche die Planeten in ihren Bahnen bewegt, in der Sonne wohne, von der Sonne ausgehe, und daß deshalb jene Bewegung um so schneller sey, je näher die Planeten der Sonne ste- hen. Er vergleicht die anziehende und bewegende Kraft der Sonne mit dem Lichte, und bemerkt, daß obgleich sie ein immaterieller Ausfluß wie das Licht sey, doch ihre Wirkungen eben so wie die des Lichts, geo- metrisch untersucht werden könnten. Aus der Ver- gleichung mit dem Magnete schließt er, daß die Kraft
wuͤrde, wie ein weiſer Regent nicht den Fuͤhrer des Heeres zu dem Dienſt des gemeinen Kriegers, den Baumeiſter zum Handlanger misbranchen wird. Da- gegen hat ſich, obgleich kein Verſtaͤndiger dem großen Neuton die Entdeckung des Geſetzes der Schwere ſtrei- tig machen wird, doch ohnſtreitig die Grundanſicht derſelben bey mehrern Zeitgenoſſen zugleich geregt, und der Keim zu den mathematiſchen Arbeiten jenes ſcharf- ſinnigen Mannes, war in einem ganzen Zeitalter zu- gleich vorbereitet, waͤhrend Kepler noch immer nur zu einzig ſteht.
Stellen aus Keplers Werken, die mir eben zur Hand ſind, und die unter andern beweiſen koͤnnen, wie nahe Kepler der Entdeckung des Geſetzes der Schwere geweſen, und wie er ihr unwillkuͤhrlich im- mer ſelber wieder ausgewichen, ſind ſelbſt einige aus ſeinem fruͤhern Werk de motibus stellae Martis, die ich hier anfuͤhren will. Er beweißt im 33ſten Capitel dieſes Buchs, daß die Kraft, welche die Planeten in ihren Bahnen bewegt, in der Sonne wohne, von der Sonne ausgehe, und daß deshalb jene Bewegung um ſo ſchneller ſey, je naͤher die Planeten der Sonne ſte- hen. Er vergleicht die anziehende und bewegende Kraft der Sonne mit dem Lichte, und bemerkt, daß obgleich ſie ein immaterieller Ausfluß wie das Licht ſey, doch ihre Wirkungen eben ſo wie die des Lichts, geo- metriſch unterſucht werden koͤnnten. Aus der Ver- gleichung mit dem Magnete ſchließt er, daß die Kraft
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0174"n="160"/>
wuͤrde, wie ein weiſer Regent nicht den Fuͤhrer des<lb/>
Heeres zu dem Dienſt des gemeinen Kriegers, den<lb/>
Baumeiſter zum Handlanger misbranchen wird. Da-<lb/>
gegen hat ſich, obgleich kein Verſtaͤndiger dem großen<lb/>
Neuton die Entdeckung des Geſetzes der Schwere ſtrei-<lb/>
tig machen wird, doch ohnſtreitig die Grundanſicht<lb/>
derſelben bey mehrern Zeitgenoſſen zugleich geregt, und<lb/>
der Keim zu den mathematiſchen Arbeiten jenes ſcharf-<lb/>ſinnigen Mannes, war in einem ganzen Zeitalter zu-<lb/>
gleich vorbereitet, waͤhrend Kepler noch immer nur zu<lb/>
einzig ſteht.</p><lb/><p>Stellen aus Keplers Werken, die mir eben zur<lb/>
Hand ſind, und die unter andern beweiſen koͤnnen,<lb/>
wie nahe Kepler der Entdeckung des Geſetzes der<lb/>
Schwere geweſen, und wie er ihr unwillkuͤhrlich im-<lb/>
mer ſelber wieder ausgewichen, ſind ſelbſt einige aus<lb/>ſeinem fruͤhern Werk <hirendition="#aq">de motibus stellae Martis,</hi> die ich<lb/>
hier anfuͤhren will. Er beweißt im 33ſten Capitel<lb/>
dieſes Buchs, daß die Kraft, welche die Planeten in<lb/>
ihren Bahnen bewegt, in der Sonne wohne, von der<lb/>
Sonne ausgehe, und daß deshalb jene Bewegung um<lb/>ſo ſchneller ſey, je naͤher die Planeten der Sonne ſte-<lb/>
hen. Er vergleicht die anziehende und bewegende<lb/>
Kraft der Sonne mit dem Lichte, und bemerkt, daß<lb/>
obgleich ſie ein immaterieller Ausfluß wie das Licht ſey,<lb/>
doch ihre Wirkungen eben ſo wie die des Lichts, geo-<lb/>
metriſch unterſucht werden koͤnnten. Aus der Ver-<lb/>
gleichung mit dem Magnete ſchließt er, daß die Kraft<lb/></p></div></body></text></TEI>
[160/0174]
wuͤrde, wie ein weiſer Regent nicht den Fuͤhrer des
Heeres zu dem Dienſt des gemeinen Kriegers, den
Baumeiſter zum Handlanger misbranchen wird. Da-
gegen hat ſich, obgleich kein Verſtaͤndiger dem großen
Neuton die Entdeckung des Geſetzes der Schwere ſtrei-
tig machen wird, doch ohnſtreitig die Grundanſicht
derſelben bey mehrern Zeitgenoſſen zugleich geregt, und
der Keim zu den mathematiſchen Arbeiten jenes ſcharf-
ſinnigen Mannes, war in einem ganzen Zeitalter zu-
gleich vorbereitet, waͤhrend Kepler noch immer nur zu
einzig ſteht.
Stellen aus Keplers Werken, die mir eben zur
Hand ſind, und die unter andern beweiſen koͤnnen,
wie nahe Kepler der Entdeckung des Geſetzes der
Schwere geweſen, und wie er ihr unwillkuͤhrlich im-
mer ſelber wieder ausgewichen, ſind ſelbſt einige aus
ſeinem fruͤhern Werk de motibus stellae Martis, die ich
hier anfuͤhren will. Er beweißt im 33ſten Capitel
dieſes Buchs, daß die Kraft, welche die Planeten in
ihren Bahnen bewegt, in der Sonne wohne, von der
Sonne ausgehe, und daß deshalb jene Bewegung um
ſo ſchneller ſey, je naͤher die Planeten der Sonne ſte-
hen. Er vergleicht die anziehende und bewegende
Kraft der Sonne mit dem Lichte, und bemerkt, daß
obgleich ſie ein immaterieller Ausfluß wie das Licht ſey,
doch ihre Wirkungen eben ſo wie die des Lichts, geo-
metriſch unterſucht werden koͤnnten. Aus der Ver-
gleichung mit dem Magnete ſchließt er, daß die Kraft
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/174>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.