wir demselben die oben beschriebene erweiterte Bedeutung unterzulegen haben.
Gleichwol werden einige kleine Abweichungen unvermeidlich sein. Wir werden in den Formeln niemals das Abbildungsprinzip unerwähnt lassen, dürfen im Texte seltener es totschweigen, und so müssen wir hier für Dedekind's b' = "das Bild von b" sagen: a ; b = "das a-Bild von b", was uns gleichbedeutend sein wird mit "(ein) a von b", wo a, wie b, ein beliebig gewähltes binäres Relativ vorstellt.
Analog haben wir für Dedekind's b0 = "die Kette von b" zu sagen: a0 ; b = "die a-Kette von b".
Unter a0 = "die a-Kette" oder "die Kette von a" verstehen wir sonach etwas wesentlich anderes als was Dedekind darunter verstehen müsste, nämlich ein gewisses (aus a ableitbares) Relativ, welches in Dedekind's Kettentheorie gar nicht ausdrücklich vorkommt -- ähnlich unter b0. Und demgemäss ist auch für uns zu übersetzen Dedekind's b0' = "die Bildkette von b" mit: a00 ; b = "die a-Bildkette von b", wobei a00 = "die a-Bildkette" -- für uns = "die Bildkette von a" -- wiederum eine selbständige Bedeutung als eines gewissen aus a allein ab- leitbaren Relatives hat.
Der Leser verfügt hiermit über den Schlüssel zur Übersetzung der einen Darstellung der Kettentheorie in die andre.
Wie zu sehn, ist unsre Bezeichnungsweise die ausdrucksvollere. Der- gleichen ist gewöhnlich nur mit dem Opfer einer grösseren Weitläufigkeit zu erkaufen -- wie sie nicht selten auch in Pedanterie ausartet. Das Ver- fahren hat jedoch auch manchmal sein Gutes, und speziell hier wird zu sehen sein, wie das kleine Opfer, welches wir durch die grössere Ausführ- lichkeit in unsrem Bezeichnungssysteme bringen, durch andre Vorteile reich- lich aufgewogen ist, und wie trotz allem unsre Darstellung der Ketten- theorie an Übersichtlichkeit keiner andern -- auch derjenigen eines Meisters der Präzision und Knappheit, wie es ihr Urheber ist, nicht -- nach- stehn wird.
Nach diesen Vorbemerkungen, die mir durch die in der Literatur zu wünschende Stetigkeit des Überganges von einer Entwickelungsphase einer Theorie zur andern geboten schienen, könnten wir in medias res eintreten, wenn ich nicht glaubte, noch eines Umstandes im Voraus gedenken zu sollen.
Während, wie erwähnt, durch den "ersten Teil" von Dedekind's Schrift sich ein wirklicher Dualismus zieht, tritt in dem zweiten Teile eben- falls ein Dualismus hervor, den ich aber nur als einen
Pseudo- oder Scheindualismus bezeichnen könnte. Derselbe offenbart sich darin, dass die auf Bilder oder Ketten von Summen und von Pro- dukten bezüglichen Sätze paarweise mit analogem Wortlaut auftreten und bei D sich unmittelbar folgen. Während aber der eine Satz solchen Paares eine Gleichheit statuirt, vermag auffallenderweise der andre nur einseitig
Schröder, Algebra der Relative. 23
§ 23. Einleitung in die Kettentheorie.
wir demselben die oben beschriebene erweiterte Bedeutung unterzulegen haben.
Gleichwol werden einige kleine Abweichungen unvermeidlich sein. Wir werden in den Formeln niemals das Abbildungsprinzip unerwähnt lassen, dürfen im Texte seltener es totschweigen, und so müssen wir hier für Dedekind’s b' = „das Bild von b“ sagen: a ; b = „das a-Bild von b“, was uns gleichbedeutend sein wird mit „(ein) a von b“, wo a, wie b, ein beliebig gewähltes binäres Relativ vorstellt.
Analog haben wir für Dedekind’s b0 = „die Kette von b“ zu sagen: a0 ; b = „die a-Kette von b“.
Unter a0 = „die a-Kette“ oder „die Kette von a“ verstehen wir sonach etwas wesentlich anderes als was Dedekind darunter verstehen müsste, nämlich ein gewisses (aus a ableitbares) Relativ, welches in Dedekind’s Kettentheorie gar nicht ausdrücklich vorkommt — ähnlich unter b0. Und demgemäss ist auch für uns zu übersetzen Dedekind’s b0' = „die Bildkette von b“ mit: a00 ; b = „die a-Bildkette von b“, wobei a00 = „die a-Bildkette“ — für uns = „die Bildkette von a“ — wiederum eine selbständige Bedeutung als eines gewissen aus a allein ab- leitbaren Relatives hat.
Der Leser verfügt hiermit über den Schlüssel zur Übersetzung der einen Darstellung der Kettentheorie in die andre.
Wie zu sehn, ist unsre Bezeichnungsweise die ausdrucksvollere. Der- gleichen ist gewöhnlich nur mit dem Opfer einer grösseren Weitläufigkeit zu erkaufen — wie sie nicht selten auch in Pedanterie ausartet. Das Ver- fahren hat jedoch auch manchmal sein Gutes, und speziell hier wird zu sehen sein, wie das kleine Opfer, welches wir durch die grössere Ausführ- lichkeit in unsrem Bezeichnungssysteme bringen, durch andre Vorteile reich- lich aufgewogen ist, und wie trotz allem unsre Darstellung der Ketten- theorie an Übersichtlichkeit keiner andern — auch derjenigen eines Meisters der Präzision und Knappheit, wie es ihr Urheber ist, nicht — nach- stehn wird.
Nach diesen Vorbemerkungen, die mir durch die in der Literatur zu wünschende Stetigkeit des Überganges von einer Entwickelungsphase einer Theorie zur andern geboten schienen, könnten wir in medias res eintreten, wenn ich nicht glaubte, noch eines Umstandes im Voraus gedenken zu sollen.
Während, wie erwähnt, durch den „ersten Teil“ von Dedekind’s Schrift sich ein wirklicher Dualismus zieht, tritt in dem zweiten Teile eben- falls ein Dualismus hervor, den ich aber nur als einen
Pseudo- oder Scheindualismus bezeichnen könnte. Derselbe offenbart sich darin, dass die auf Bilder oder Ketten von Summen und von Pro- dukten bezüglichen Sätze paarweise mit analogem Wortlaut auftreten und bei D sich unmittelbar folgen. Während aber der eine Satz solchen Paares eine Gleichheit statuirt, vermag auffallenderweise der andre nur einseitig
Schröder, Algebra der Relative. 23
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§ 23. Einleitung in die Kettentheorie.
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Gleichwol werden einige kleine Abweichungen unvermeidlich sein. Wir
werden in den Formeln niemals das Abbildungsprinzip unerwähnt lassen,
dürfen im Texte seltener es totschweigen, und so müssen wir hier für
Dedekind’s
b' = „das Bild von b“ sagen: a ; b = „das a-Bild von b“,
was uns gleichbedeutend sein wird mit „(ein) a von b“, wo a, wie b, ein
beliebig gewähltes binäres Relativ vorstellt.
Analog haben wir für Dedekind’s
b0 = „die Kette von b“ zu sagen: a0 ; b = „die a-Kette von b“.
Unter a0 = „die a-Kette“ oder „die Kette von a“ verstehen wir sonach
etwas wesentlich anderes als was Dedekind darunter verstehen müsste,
nämlich ein gewisses (aus a ableitbares) Relativ, welches in Dedekind’s
Kettentheorie gar nicht ausdrücklich vorkommt — ähnlich unter b0. Und
demgemäss ist auch für uns zu übersetzen Dedekind’s
b0' = „die Bildkette von b“ mit: a00 ; b = „die a-Bildkette von b“,
wobei a00 = „die a-Bildkette“ — für uns = „die Bildkette von a“ —
wiederum eine selbständige Bedeutung als eines gewissen aus a allein ab-
leitbaren Relatives hat.
Der Leser verfügt hiermit über den Schlüssel zur Übersetzung der
einen Darstellung der Kettentheorie in die andre.
Wie zu sehn, ist unsre Bezeichnungsweise die ausdrucksvollere. Der-
gleichen ist gewöhnlich nur mit dem Opfer einer grösseren Weitläufigkeit
zu erkaufen — wie sie nicht selten auch in Pedanterie ausartet. Das Ver-
fahren hat jedoch auch manchmal sein Gutes, und speziell hier wird zu
sehen sein, wie das kleine Opfer, welches wir durch die grössere Ausführ-
lichkeit in unsrem Bezeichnungssysteme bringen, durch andre Vorteile reich-
lich aufgewogen ist, und wie trotz allem unsre Darstellung der Ketten-
theorie an Übersichtlichkeit keiner andern — auch derjenigen eines Meisters
der Präzision und Knappheit, wie es ihr Urheber ist, nicht — nach-
stehn wird.
Nach diesen Vorbemerkungen, die mir durch die in der Literatur zu
wünschende Stetigkeit des Überganges von einer Entwickelungsphase einer
Theorie zur andern geboten schienen, könnten wir in medias res eintreten,
wenn ich nicht glaubte, noch eines Umstandes im Voraus gedenken zu sollen.
Während, wie erwähnt, durch den „ersten Teil“ von Dedekind’s
Schrift sich ein wirklicher Dualismus zieht, tritt in dem zweiten Teile eben-
falls ein Dualismus hervor, den ich aber nur als einen
Pseudo- oder Scheindualismus bezeichnen könnte. Derselbe offenbart
sich darin, dass die auf Bilder oder Ketten von Summen und von Pro-
dukten bezüglichen Sätze paarweise mit analogem Wortlaut auftreten und
bei D sich unmittelbar folgen. Während aber der eine Satz solchen Paares
eine Gleichheit statuirt, vermag auffallenderweise der andre nur einseitig
Schröder, Algebra der Relative. 23
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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 3, Abt. 1. Leipzig, 1895, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik03_1895/367>, abgerufen am 23.11.2024.
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