Kommen ausser x noch andre unbestimmte Relative in der Gleichung vor, und involvirt die Gleichung eine Relation zwischen den letztern (welche als "die Resultante" der Elimination von x aus ihr zu bezeichnen wäre), so stellen wir uns etwa vor, dass diese Relation durch geeignete Bestim- mung jener übrigen Buchstabenrelative erfüllt worden sei und ebendadurch unsre Gleichung zu einer auflösbaren gemacht ist. Die Gleichung 1) soll also als eine unbedingt auflösbare gedacht werden; ihre Auflösbarkeit nach x darf nicht mehr an die Bedingung des Erfülltseins einer (von x freien) Resultante geknüpft sein, oder: die Elimination von x aus ihr darf keine Resultante mehr liefern.
Unter der "vollständigen" Auflösung nach x der Gleichung 1) ver- stehen wir (S. 156) die Angabe aller Relative, welche, für x eingesetzt, die Gleichung kraft der Gesetze der relativen Algebra erfüllen, geson- dert von allen Relativen, die sie nicht erfüllen.
Jene Relative -- das sind die "Wurzeln" der Gleichung -- kann man theoretisch sowol als praktisch stets in einen einheitlichen Aus- druck zusammenfassen, welcher sie alle und nur sie unter sich begreift und darum "die allgemeine Wurzel (oder Lösung)" der Gleichung zu nennen sein wird.
Über diese letztere beabsichtigen wir nunmehr, ein paar funda- mentale Sätze aufzustellen und zu begründen, welche unsrer ganzen Disziplin zum einen Teile ihren eigentümlichen Charakter aufprägen.
Ich behaupte erstens: Die allgemeine Wurzel der Gleichung 1) lässt sich stets in der Form angeben: 2) x = f(u), worin u ein unbestimmtes Relativ vorstellt, welches als willkürlich oder arbiträr zu bezeichnen ist soferne über die Unbekannte x keine andern Bestimmungen vorliegen als die, dass sie die Gleichung 1) zu erfüllen habe, worin ferner f eine gewisse "Funktion im Sinne der Algebra der binären Relative" bedeutet.
Diese Funktion f ist -- sei es gleich von vornherein gesagt -- durch die gegebene F, welche das Polynom der aufzulösenden Gleichung bildet, mehr oder weniger bestimmt, genauer gesagt: im Allgemeinen "nicht völlig" oder "nur unvollkommen" bestimmt, so zwar, dass man bei unbegrenztem Denkbereiche in der Regel noch unter unendlich vielen Funktionen f die Wahl hat, welche nicht etwa blos "formell" nach der äusserlichen Gestal- tung ihres Ausdrucks verschieden erscheinen, sondern "wesentlich" ver- schieden sind insoferne sie oft für den gleichen Wert von u ganz verschie- dene Wurzeln x der Gleichung 1) "liefern", d. h. mit ihrem Funktionswerte darstellen. Man wird also noch in vielerlei Sinne von einem Ausdrucke für die allgemeine Wurzel -- oder von "der" allgemeinen Lösung -- der Gleichung 1) sprechen können, und erst die Gesamtheit aller Bedeutungen von f(u), diese Funktion gebildet, berechnet gedacht für alle erdenklichen
Fünfte Vorlesung.
Kommen ausser x noch andre unbestimmte Relative in der Gleichung vor, und involvirt die Gleichung eine Relation zwischen den letztern (welche als „die Resultante“ der Elimination von x aus ihr zu bezeichnen wäre), so stellen wir uns etwa vor, dass diese Relation durch geeignete Bestim- mung jener übrigen Buchstabenrelative erfüllt worden sei und ebendadurch unsre Gleichung zu einer auflösbaren gemacht ist. Die Gleichung 1) soll also als eine unbedingt auflösbare gedacht werden; ihre Auflösbarkeit nach x darf nicht mehr an die Bedingung des Erfülltseins einer (von x freien) Resultante geknüpft sein, oder: die Elimination von x aus ihr darf keine Resultante mehr liefern.
Unter der „vollständigen“ Auflösung nach x der Gleichung 1) ver- stehen wir (S. 156) die Angabe aller Relative, welche, für x eingesetzt, die Gleichung kraft der Gesetze der relativen Algebra erfüllen, geson- dert von allen Relativen, die sie nicht erfüllen.
Jene Relative — das sind die „Wurzeln“ der Gleichung — kann man theoretisch sowol als praktisch stets in einen einheitlichen Aus- druck zusammenfassen, welcher sie alle und nur sie unter sich begreift und darum „die allgemeine Wurzel (oder Lösung)“ der Gleichung zu nennen sein wird.
Über diese letztere beabsichtigen wir nunmehr, ein paar funda- mentale Sätze aufzustellen und zu begründen, welche unsrer ganzen Disziplin zum einen Teile ihren eigentümlichen Charakter aufprägen.
Ich behaupte erstens: Die allgemeine Wurzel der Gleichung 1) lässt sich stets in der Form angeben: 2) x = f(u), worin u ein unbestimmtes Relativ vorstellt, welches als willkürlich oder arbiträr zu bezeichnen ist soferne über die Unbekannte x keine andern Bestimmungen vorliegen als die, dass sie die Gleichung 1) zu erfüllen habe, worin ferner f eine gewisse „Funktion im Sinne der Algebra der binären Relative“ bedeutet.
Diese Funktion f ist — sei es gleich von vornherein gesagt — durch die gegebene F, welche das Polynom der aufzulösenden Gleichung bildet, mehr oder weniger bestimmt, genauer gesagt: im Allgemeinen „nicht völlig“ oder „nur unvollkommen“ bestimmt, so zwar, dass man bei unbegrenztem Denkbereiche in der Regel noch unter unendlich vielen Funktionen f die Wahl hat, welche nicht etwa blos „formell“ nach der äusserlichen Gestal- tung ihres Ausdrucks verschieden erscheinen, sondern „wesentlich“ ver- schieden sind insoferne sie oft für den gleichen Wert von u ganz verschie- dene Wurzeln x der Gleichung 1) „liefern“, d. h. mit ihrem Funktionswerte darstellen. Man wird also noch in vielerlei Sinne von einem Ausdrucke für die allgemeine Wurzel — oder von „der“ allgemeinen Lösung — der Gleichung 1) sprechen können, und erst die Gesamtheit aller Bedeutungen von f(u), diese Funktion gebildet, berechnet gedacht für alle erdenklichen
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Fünfte Vorlesung.
Kommen ausser x noch andre unbestimmte Relative in der Gleichung
vor, und involvirt die Gleichung eine Relation zwischen den letztern (welche
als „die Resultante“ der Elimination von x aus ihr zu bezeichnen wäre),
so stellen wir uns etwa vor, dass diese Relation durch geeignete Bestim-
mung jener übrigen Buchstabenrelative erfüllt worden sei und ebendadurch
unsre Gleichung zu einer auflösbaren gemacht ist. Die Gleichung 1) soll
also als eine unbedingt auflösbare gedacht werden; ihre Auflösbarkeit nach x
darf nicht mehr an die Bedingung des Erfülltseins einer (von x freien)
Resultante geknüpft sein, oder: die Elimination von x aus ihr darf keine
Resultante mehr liefern.
Unter der „vollständigen“ Auflösung nach x der Gleichung 1) ver-
stehen wir (S. 156) die Angabe aller Relative, welche, für x eingesetzt,
die Gleichung kraft der Gesetze der relativen Algebra erfüllen, geson-
dert von allen Relativen, die sie nicht erfüllen.
Jene Relative — das sind die „Wurzeln“ der Gleichung — kann
man theoretisch sowol als praktisch stets in einen einheitlichen Aus-
druck zusammenfassen, welcher sie alle und nur sie unter sich begreift
und darum „die allgemeine Wurzel (oder Lösung)“ der Gleichung zu
nennen sein wird.
Über diese letztere beabsichtigen wir nunmehr, ein paar funda-
mentale Sätze aufzustellen und zu begründen, welche unsrer ganzen
Disziplin zum einen Teile ihren eigentümlichen Charakter aufprägen.
Ich behaupte erstens: Die allgemeine Wurzel der Gleichung 1)
lässt sich stets in der Form angeben:
2) x = f(u),
worin u ein unbestimmtes Relativ vorstellt, welches als willkürlich oder
arbiträr zu bezeichnen ist soferne über die Unbekannte x keine andern
Bestimmungen vorliegen als die, dass sie die Gleichung 1) zu erfüllen
habe, worin ferner f eine gewisse „Funktion im Sinne der Algebra der
binären Relative“ bedeutet.
Diese Funktion f ist — sei es gleich von vornherein gesagt — durch
die gegebene F, welche das Polynom der aufzulösenden Gleichung bildet,
mehr oder weniger bestimmt, genauer gesagt: im Allgemeinen „nicht völlig“
oder „nur unvollkommen“ bestimmt, so zwar, dass man bei unbegrenztem
Denkbereiche in der Regel noch unter unendlich vielen Funktionen f die
Wahl hat, welche nicht etwa blos „formell“ nach der äusserlichen Gestal-
tung ihres Ausdrucks verschieden erscheinen, sondern „wesentlich“ ver-
schieden sind insoferne sie oft für den gleichen Wert von u ganz verschie-
dene Wurzeln x der Gleichung 1) „liefern“, d. h. mit ihrem Funktionswerte
darstellen. Man wird also noch in vielerlei Sinne von einem Ausdrucke für
die allgemeine Wurzel — oder von „der“ allgemeinen Lösung — der
Gleichung 1) sprechen können, und erst die Gesamtheit aller Bedeutungen
von f(u), diese Funktion gebildet, berechnet gedacht für alle erdenklichen
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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 3, Abt. 1. Leipzig, 1895, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik03_1895/176>, abgerufen am 24.11.2024.
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