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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 2. Leipzig, 1905.

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§ 50. Vervollkommnung gewisser Partieen des ersten Bandes.
Summe der Merkmale der beiden gegebenen Begriffe sein, sondern der
Begriff enthält auch Merkmale, die weder dem einen noch dem anderen
zukamen, z. B. den, dass die Hypotenuse doppelt so gross ist als die
zugehörige Höhe."

"Es wäre in der That, wie Schröder bemerkt, ein Hysteronproteron,
wenn man mit einem solchen Inhaltskalkul beginnen wollte, und wenn
Husserl2 es dennoch thut oder zu thun glaubt, so hat das allein darin
seinen Grund, dass er sich so "kurz fasst", anstatt ihn wirklich durch-
zuführen. Auffallend ist, dass Schröder nicht die Bemerkung gemacht
hat, dass eine Logik idealer Inhalte eine Gruppenlogik sein müsse. Er
hätte dann näher liegende Beispiele für die Nichtbeweisbarkeit der zweiten
Subsumtion des Distributionsgesetzes, als die im Anhang entwickelten,
haben können."

Dass in der That aus inhaltslogischen Betrachtungen naheliegende
"Beispiele" zu letzterm Zwecke sich schöpfen lassen, wollen wir zu-
nächst an der Hand eines andern ebenfalls von Voigt mir gelieferten
Beispiels ausser Zweifel stellen.

Es bedeute -- etwa mit Beschränkung auf den Denkbereich der
Merkmale von ebenen Figuren -- a die Merkmale des Rechtecks
b die Merkmale des Rhombus
c das Merkmal "vierfach", d. h. in

Bezug auf vier verschiedene Axen "symmetrisch", -- wie es z. B. das
Quadrat ist in Bezug sowol auf seine beiden Diagonalen als auch auf
die beiden Winkelhalbirenden dieser; wogegen der Rhombus nur in Bezug
auf jene, das Rechteck nur in Bezug auf diese symmetrisch ist, beide
also blos "zweifach" symmetrisch zu nennen wären, -- ein Merkmal,
welches d heissen möge.

Da das Rechteck mit allen vierfach symmetrischen Figuren nur
die Eigenschaft gemein haben kann, in Bezug auf zwei Axen symme-
trisch zu sein, so bedeutet a c nichts als dieses Merkmal, welches wir d
genannt haben. Dasselbe d bedeutet auch b c, denn auch der Rhombus
hat mit einer durchweg beliebigen vierfach symmetrischen Figur nichts
als dieses Merkmal gemein. Also stellt auch a c + b c, als eine Tauto-
logie d + d, nur dieses Merkmal d vor.

a + b dagegen bedeutet den Merkmalkomplex, der allen denjenigen
Figuren zukommt, welche die Merkmale des Rechtecks und die Merk-
male des Rhombus in sich vereinigen*), d. h. es bedeutet die Merkmale
des Quadrates. Da die vierfache Symmetrie c zu diesen Merkmalen
gehört, so bedeutet also (a + b) c nur eben dieses Merkmal c.

*) Wenigstens steht nichts im Wege, dem Symbol a + b hiernächst solche
Deutung zu geben.

§ 50. Vervollkommnung gewisser Partieen des ersten Bandes.
Summe der Merkmale der beiden gegebenen Begriffe sein, sondern der
Begriff enthält auch Merkmale, die weder dem einen noch dem anderen
zukamen, z. B. den, dass die Hypotenuse doppelt so gross ist als die
zugehörige Höhe.“

„Es wäre in der That, wie Schröder bemerkt, ein Hysteronproteron,
wenn man mit einem solchen Inhaltskalkul beginnen wollte, und wenn
Husserl2 es dennoch thut oder zu thun glaubt, so hat das allein darin
seinen Grund, dass er sich so „kurz fasst“, anstatt ihn wirklich durch-
zuführen. Auffallend ist, dass Schröder nicht die Bemerkung gemacht
hat, dass eine Logik idealer Inhalte eine Gruppenlogik sein müsse. Er
hätte dann näher liegende Beispiele für die Nichtbeweisbarkeit der zweiten
Subsumtion des Distributionsgesetzes, als die im Anhang entwickelten,
haben können.“

Dass in der That aus inhaltslogischen Betrachtungen naheliegende
„Beispiele“ zu letzterm Zwecke sich schöpfen lassen, wollen wir zu-
nächst an der Hand eines andern ebenfalls von Voigt mir gelieferten
Beispiels ausser Zweifel stellen.

Es bedeute — etwa mit Beschränkung auf den Denkbereich der
Merkmale von ebenen Figuren — a die Merkmale des Rechtecks
b die Merkmale des Rhombus
c das Merkmal „vierfach“, d. h. in

Bezug auf vier verschiedene Axen „symmetrisch“, — wie es z. B. das
Quadrat ist in Bezug sowol auf seine beiden Diagonalen als auch auf
die beiden Winkelhalbirenden dieser; wogegen der Rhombus nur in Bezug
auf jene, das Rechteck nur in Bezug auf diese symmetrisch ist, beide
also blos „zweifachsymmetrisch zu nennen wären, — ein Merkmal,
welches d heissen möge.

Da das Rechteck mit allen vierfach symmetrischen Figuren nur
die Eigenschaft gemein haben kann, in Bezug auf zwei Axen symme-
trisch zu sein, so bedeutet a c nichts als dieses Merkmal, welches wir d
genannt haben. Dasselbe d bedeutet auch b c, denn auch der Rhombus
hat mit einer durchweg beliebigen vierfach symmetrischen Figur nichts
als dieses Merkmal gemein. Also stellt auch a c + b c, als eine Tauto-
logie d + d, nur dieses Merkmal d vor.

a + b dagegen bedeutet den Merkmalkomplex, der allen denjenigen
Figuren zukommt, welche die Merkmale des Rechtecks und die Merk-
male des Rhombus in sich vereinigen*), d. h. es bedeutet die Merkmale
des Quadrates. Da die vierfache Symmetrie c zu diesen Merkmalen
gehört, so bedeutet also (a + b) c nur eben dieses Merkmal c.

*) Wenigstens steht nichts im Wege, dem Symbol a + b hiernächst solche
Deutung zu geben.
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[411/0055] § 50. Vervollkommnung gewisser Partieen des ersten Bandes. Summe der Merkmale der beiden gegebenen Begriffe sein, sondern der Begriff enthält auch Merkmale, die weder dem einen noch dem anderen zukamen, z. B. den, dass die Hypotenuse doppelt so gross ist als die zugehörige Höhe.“ „Es wäre in der That, wie Schröder bemerkt, ein Hysteronproteron, wenn man mit einem solchen Inhaltskalkul beginnen wollte, und wenn Husserl2 es dennoch thut oder zu thun glaubt, so hat das allein darin seinen Grund, dass er sich so „kurz fasst“, anstatt ihn wirklich durch- zuführen. Auffallend ist, dass Schröder nicht die Bemerkung gemacht hat, dass eine Logik idealer Inhalte eine Gruppenlogik sein müsse. Er hätte dann näher liegende Beispiele für die Nichtbeweisbarkeit der zweiten Subsumtion des Distributionsgesetzes, als die im Anhang entwickelten, haben können.“ Dass in der That aus inhaltslogischen Betrachtungen naheliegende „Beispiele“ zu letzterm Zwecke sich schöpfen lassen, wollen wir zu- nächst an der Hand eines andern ebenfalls von Voigt mir gelieferten Beispiels ausser Zweifel stellen. Es bedeute — etwa mit Beschränkung auf den Denkbereich der Merkmale von ebenen Figuren — a die Merkmale des Rechtecks b die Merkmale des Rhombus c das Merkmal „vierfach“, d. h. in Bezug auf vier verschiedene Axen „symmetrisch“, — wie es z. B. das Quadrat ist in Bezug sowol auf seine beiden Diagonalen als auch auf die beiden Winkelhalbirenden dieser; wogegen der Rhombus nur in Bezug auf jene, das Rechteck nur in Bezug auf diese symmetrisch ist, beide also blos „zweifach“ symmetrisch zu nennen wären, — ein Merkmal, welches d heissen möge. Da das Rechteck mit allen vierfach symmetrischen Figuren nur die Eigenschaft gemein haben kann, in Bezug auf zwei Axen symme- trisch zu sein, so bedeutet a c nichts als dieses Merkmal, welches wir d genannt haben. Dasselbe d bedeutet auch b c, denn auch der Rhombus hat mit einer durchweg beliebigen vierfach symmetrischen Figur nichts als dieses Merkmal gemein. Also stellt auch a c + b c, als eine Tauto- logie d + d, nur dieses Merkmal d vor. a + b dagegen bedeutet den Merkmalkomplex, der allen denjenigen Figuren zukommt, welche die Merkmale des Rechtecks und die Merk- male des Rhombus in sich vereinigen *), d. h. es bedeutet die Merkmale des Quadrates. Da die vierfache Symmetrie c zu diesen Merkmalen gehört, so bedeutet also (a + b) c nur eben dieses Merkmal c. *) Wenigstens steht nichts im Wege, dem Symbol a + b hiernächst solche Deutung zu geben.

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 2. Leipzig, 1905, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0202_1905/55>, abgerufen am 24.11.2024.