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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 2. Leipzig, 1905.

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§ 54. Fortsetzung. Über zeitlich partikulare Urteile.

Um die acht Urteile in eine der unsrigen näher verwandte Zeichen-
sprache einzukleiden, will ich zeitweilig den Gegnern eine Konzession
machen und hier eine Aussagen-Null 0 (als Tupfen-Null) einführen, für
welche der Satz 1) (A 0) = (A = 1) nicht gilt.

Dieselbe Konzession habe ich vorübergehend auch schon bei Behandlung
von Mitchell's Nebelbilderproblem S. 294 sq. gemacht. Als Analogon aus
der arithmetischen Analysis kann gelten, dass man bei Grenzübergängen
von + 0 und -- 0 unterscheidend spricht, obwol beides identisch ist, und
desgleichen von + infinity und -- infinity.

Die Zulässigkeit ebendieser 0 wird sich als der eine Angelpunkt
der ganzen schwebenden Streitfrage erweisen.

Dann ist folgendes die ausdrucksvolle Darstellung der acht Urteile:

(d1 + m = 1) 0(d m1 0) = 1
(d1 + m1 = 1) 0(d m 0) = 1
(d1 + m1 = 1) = 1(d m 0) 0
(d1 + m = 1) = 1(d m1 0) 0
-- in möglichster Annäherung an Mitchell; für meine Person würde
ich natürlich für d1 + m = 1, d1 + m1 = 1 lieber d m, d m1 (oder
d m = 0) schreiben und die vier Endungen = 1 samt Klammern weg-
lassen. Übrigens macht hier die eine 0 eine ganze Menge von u,
v, u', v', u'', ... entbehrlich. Der Ansatz " 0" übersetzt die Partikel
"manchmal" oder "zuweilen" in die logische Zeichensprache.

l) Ich bestreite die endgültige Zulässigkeit einer solchen Prozedur --
siehe weiter unten. Falls ich nun aber Recht behalte, so ist von meinen
Gegnern der Vorhalt vorauszusehen: dass dann ja mein Aussagenkalkul
unvermögend sei, die Mitchell'schen Distinktionen überhaupt zu be-
rücksichtigen und in die Formelsprache einzukleiden; und wie könnte
ohne das mein Kalkul die Konklusionen ziehen aus gegebenen Prämissen,
wenn unter diesen auch der Zeit nach partikulare vorkommen?

Ob Ersteres durch geeignete Ausgestaltung oder Anwendung der
Beziehungslogik nicht dennoch unschwer erreichbar wäre, will ich hier
unerörtert lassen. Dagegen nehme ich sofort Stellung zu letzterer
Frage, welche freilich einen schweren Vorwurf enthielte, wenn ich sie
nicht befriedigend beantworten könnte.

Treten unter den Prämissen solche auf, die keinen bestimmteren
Aufschluss zu geben vermögen, als bei Gebrauch des Adverbiums
"manchmal" denkbar ist, so ist zunächst zu unterscheiden, ob dieses
Adverb nur einmal, oder ob es mehrmals vorkommt.

§ 54. Fortsetzung. Über zeitlich partikulare Urteile.

Um die acht Urteile in eine der unsrigen näher verwandte Zeichen-
sprache einzukleiden, will ich zeitweilig den Gegnern eine Konzession
machen und hier eine Aussagen-Null 0̇ (als Tupfen-Null) einführen, für
welche der Satz 1) (A ≠ 0) = (A = 1̇) nicht gilt.

Dieselbe Konzession habe ich vorübergehend auch schon bei Behandlung
von Mitchell’s Nebelbilderproblem S. 294 sq. gemacht. Als Analogon aus
der arithmetischen Analysis kann gelten, dass man bei Grenzübergängen
von + 0 und — 0 unterscheidend spricht, obwol beides identisch ist, und
desgleichen von + ∞ und — ∞.

Die Zulässigkeit ebendieser 0̇ wird sich als der eine Angelpunkt
der ganzen schwebenden Streitfrage erweisen.

Dann ist folgendes die ausdrucksvolle Darstellung der acht Urteile:

(d1 + m = 1) ≠ 0̇(d m1 ≠ 0) = 1̇
(d1 + m1 = 1) ≠ 0̇(d m ≠ 0) = 1̇
(d1 + m1 = 1) = 1̇(d m ≠ 0) ≠ 0̇
(d1 + m = 1) = 1̇(d m1 ≠ 0) ≠ 0̇
— in möglichster Annäherung an Mitchell; für meine Person würde
ich natürlich für d1 + m = 1, d1 + m1 = 1 lieber d m, d m1 (oder
d m = 0) schreiben und die vier Endungen = 1̇ samt Klammern weg-
lassen. Übrigens macht hier die eine 0̇ eine ganze Menge von u,
v, u', v', u'', … entbehrlich. Der Ansatz „≠ 0̇“ übersetzt die Partikel
„manchmal“ oder „zuweilen“ in die logische Zeichensprache.

λ) Ich bestreite die endgültige Zulässigkeit einer solchen Prozedur —
siehe weiter unten. Falls ich nun aber Recht behalte, so ist von meinen
Gegnern der Vorhalt vorauszusehen: dass dann ja mein Aussagenkalkul
unvermögend sei, die Mitchell’schen Distinktionen überhaupt zu be-
rücksichtigen und in die Formelsprache einzukleiden; und wie könnte
ohne das mein Kalkul die Konklusionen ziehen aus gegebenen Prämissen,
wenn unter diesen auch der Zeit nach partikulare vorkommen?

Ob Ersteres durch geeignete Ausgestaltung oder Anwendung der
Beziehungslogik nicht dennoch unschwer erreichbar wäre, will ich hier
unerörtert lassen. Dagegen nehme ich sofort Stellung zu letzterer
Frage, welche freilich einen schweren Vorwurf enthielte, wenn ich sie
nicht befriedigend beantworten könnte.

Treten unter den Prämissen solche auf, die keinen bestimmteren
Aufschluss zu geben vermögen, als bei Gebrauch des Adverbiums
„manchmal“ denkbar ist, so ist zunächst zu unterscheiden, ob dieses
Adverb nur einmal, oder ob es mehrmals vorkommt.

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[479/0123] § 54. Fortsetzung. Über zeitlich partikulare Urteile. Um die acht Urteile in eine der unsrigen näher verwandte Zeichen- sprache einzukleiden, will ich zeitweilig den Gegnern eine Konzession machen und hier eine Aussagen-Null 0̇ (als Tupfen-Null) einführen, für welche der Satz 1) (A ≠ 0) = (A = 1̇) nicht gilt. Dieselbe Konzession habe ich vorübergehend auch schon bei Behandlung von Mitchell’s Nebelbilderproblem S. 294 sq. gemacht. Als Analogon aus der arithmetischen Analysis kann gelten, dass man bei Grenzübergängen von + 0 und — 0 unterscheidend spricht, obwol beides identisch ist, und desgleichen von + ∞ und — ∞. Die Zulässigkeit ebendieser 0̇ wird sich als der eine Angelpunkt der ganzen schwebenden Streitfrage erweisen. Dann ist folgendes die ausdrucksvolle Darstellung der acht Urteile: (d1 + m = 1) ≠ 0̇ (d m1 ≠ 0) = 1̇ (d1 + m1 = 1) ≠ 0̇ (d m ≠ 0) = 1̇ (d1 + m1 = 1) = 1̇ (d m ≠ 0) ≠ 0̇ (d1 + m = 1) = 1̇ (d m1 ≠ 0) ≠ 0̇ — in möglichster Annäherung an Mitchell; für meine Person würde ich natürlich für d1 + m = 1, d1 + m1 = 1 lieber d m, d m1 (oder d m = 0) schreiben und die vier Endungen = 1̇ samt Klammern weg- lassen. Übrigens macht hier die eine 0̇ eine ganze Menge von u, v, u', v', u'', … entbehrlich. Der Ansatz „≠ 0̇“ übersetzt die Partikel „manchmal“ oder „zuweilen“ in die logische Zeichensprache. λ) Ich bestreite die endgültige Zulässigkeit einer solchen Prozedur — siehe weiter unten. Falls ich nun aber Recht behalte, so ist von meinen Gegnern der Vorhalt vorauszusehen: dass dann ja mein Aussagenkalkul unvermögend sei, die Mitchell’schen Distinktionen überhaupt zu be- rücksichtigen und in die Formelsprache einzukleiden; und wie könnte ohne das mein Kalkul die Konklusionen ziehen aus gegebenen Prämissen, wenn unter diesen auch der Zeit nach partikulare vorkommen? Ob Ersteres durch geeignete Ausgestaltung oder Anwendung der Beziehungslogik nicht dennoch unschwer erreichbar wäre, will ich hier unerörtert lassen. Dagegen nehme ich sofort Stellung zu letzterer Frage, welche freilich einen schweren Vorwurf enthielte, wenn ich sie nicht befriedigend beantworten könnte. Treten unter den Prämissen solche auf, die keinen bestimmteren Aufschluss zu geben vermögen, als bei Gebrauch des Adverbiums „manchmal“ denkbar ist, so ist zunächst zu unterscheiden, ob dieses Adverb nur einmal, oder ob es mehrmals vorkommt.

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 2. Leipzig, 1905, S. 479. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0202_1905/123>, abgerufen am 27.11.2024.