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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 2. Leipzig, 1905.

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§ 53. Meine Kontroverse mit Frau Franklin-Ladd ein lehrreiches Kapitel.
Wer aber die Negation C1 von C selbst wieder mit der gleichen All-
gemeinheit auslegt und in Anspruch nimmt, der stellt als Negation
von P C im Grunde ja P C1 hin; der verwechselt den Fall, dass ein
Urteil nicht allgemein gilt, mit dem andern Fall, dass es allgemein
nicht
gilt.

Abgesehen aber von derartigen Fällen wird man das Zeichen P der
Allgemeingültigkeit keineswegs immer anwenden, sondern vielmehr durchweg
den Charakter der Gleichungen als "Formeln" stillschweigend unterstellen.


Mit ihren Angriffen, wie vorstehend dargelegt, zurückgeschlagen,
gab Frau Franklin schliesslich zu, dass in dem Aufbau unseres Aus-
sagenkalkuls kein Fehler vorliege, und zog sich auf eine andre Position
zurück, die sie umso hartnäckiger verteidigte -- und noch verteidigt, --
und in der es wiederum sehr instruktiv sein wird sie aufzusuchen.

th) Bevor ich dies thue, möchte ich nur in Kürze über den
"Fehlschluss aus unzulänglicher Bezeichnung" mich versprochenermassen
äussern, was umso angezeigter erscheint, als das praktisch höchst
wichtige Kapitel der Fehlschlüsse in meinem so sehr angeschwollenen
Buche ohnehin zu kurz kommt.

Von den allergröbsten Versehen, z. B. Schreibfehlern, abgesehen ist
unzulängliche Bezeichnung der Gegenstände einer Überlegung im Grunde
vielleicht ausschliesslich schuld an allen Fehlschlüssen. Entspringen die-
selben doch fast immer daraus, dass man Verschiedenes und zu Unter-
scheidendes nicht auseinanderhält, vermengt oder verwechselt, getäuscht
durch einen Doppelsinn, eine scheinbare Synonymie u. dergl. (Selbst wenn
etwa in anderen Fällen ein Fehlschluss zustande kommt dadurch, dass man
Wesentliches ausser acht lässt, so wird zumeist eine zu wenig markirte,
nicht genügend augenfällige Bezeichnung solcher übersehener Prämissenglieder
die Schuld oder Mitschuld daran tragen.) -- So sahen wir soeben, dass
ein Satz ganz gleich klingen kann, ob man ihn als allgemeinen hinstellt,
oder ihn blos auf den speziellen Fall anwendet.

Ich will den Fehlschluss und die Art, wie derselbe zu Paradoxien zu
führen pflegt, durch zwei Beispiele verdeutlichen.

In einer arithmetischen Untersuchung, bei der man längere Zeit mit
vielgliedrigen (oder auch unbegrenzten) Summen
a + b + c + d + ..., x + y + z + ..., u + v + w + ...
etc. zu rechnen hat, seien diese Summen der Bequemlichkeit wegen ver-
mittelst ihres ersten Gliedes dargestellt in Gestalt von resp.
S a, S x, S u, etc.
Für einen zu betrachtenden besonderen Fall nun mag es sich ereignen, dass
x = a

§ 53. Meine Kontroverse mit Frau Franklin-Ladd ein lehrreiches Kapitel.
Wer aber die Negation C1 von C selbst wieder mit der gleichen All-
gemeinheit auslegt und in Anspruch nimmt, der stellt als Negation
von Π C im Grunde ja Π C1 hin; der verwechselt den Fall, dass ein
Urteil nicht allgemein gilt, mit dem andern Fall, dass es allgemein
nicht
gilt.

Abgesehen aber von derartigen Fällen wird man das Zeichen Π der
Allgemeingültigkeit keineswegs immer anwenden, sondern vielmehr durchweg
den Charakter der Gleichungen als „Formeln“ stillschweigend unterstellen.


Mit ihren Angriffen, wie vorstehend dargelegt, zurückgeschlagen,
gab Frau Franklin schliesslich zu, dass in dem Aufbau unseres Aus-
sagenkalkuls kein Fehler vorliege, und zog sich auf eine andre Position
zurück, die sie umso hartnäckiger verteidigte — und noch verteidigt, —
und in der es wiederum sehr instruktiv sein wird sie aufzusuchen.

ϑ) Bevor ich dies thue, möchte ich nur in Kürze über den
Fehlschluss aus unzulänglicher Bezeichnung“ mich versprochenermassen
äussern, was umso angezeigter erscheint, als das praktisch höchst
wichtige Kapitel der Fehlschlüsse in meinem so sehr angeschwollenen
Buche ohnehin zu kurz kommt.

Von den allergröbsten Versehen, z. B. Schreibfehlern, abgesehen ist
unzulängliche Bezeichnung der Gegenstände einer Überlegung im Grunde
vielleicht ausschliesslich schuld an allen Fehlschlüssen. Entspringen die-
selben doch fast immer daraus, dass man Verschiedenes und zu Unter-
scheidendes nicht auseinanderhält, vermengt oder verwechselt, getäuscht
durch einen Doppelsinn, eine scheinbare Synonymie u. dergl. (Selbst wenn
etwa in anderen Fällen ein Fehlschluss zustande kommt dadurch, dass man
Wesentliches ausser acht lässt, so wird zumeist eine zu wenig markirte,
nicht genügend augenfällige Bezeichnung solcher übersehener Prämissenglieder
die Schuld oder Mitschuld daran tragen.) — So sahen wir soeben, dass
ein Satz ganz gleich klingen kann, ob man ihn als allgemeinen hinstellt,
oder ihn blos auf den speziellen Fall anwendet.

Ich will den Fehlschluss und die Art, wie derselbe zu Paradoxien zu
führen pflegt, durch zwei Beispiele verdeutlichen.

In einer arithmetischen Untersuchung, bei der man längere Zeit mit
vielgliedrigen (oder auch unbegrenzten) Summen
a + b + c + d + …, x + y + z + …, u + v + w + …
etc. zu rechnen hat, seien diese Summen der Bequemlichkeit wegen ver-
mittelst ihres ersten Gliedes dargestellt in Gestalt von resp.
Σ a, Σ x, Σ u, etc.
Für einen zu betrachtenden besonderen Fall nun mag es sich ereignen, dass
x = a

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[473/0117] § 53. Meine Kontroverse mit Frau Franklin-Ladd ein lehrreiches Kapitel. Wer aber die Negation C1 von C selbst wieder mit der gleichen All- gemeinheit auslegt und in Anspruch nimmt, der stellt als Negation von Π C im Grunde ja Π C1 hin; der verwechselt den Fall, dass ein Urteil nicht allgemein gilt, mit dem andern Fall, dass es allgemein nicht gilt. Abgesehen aber von derartigen Fällen wird man das Zeichen Π der Allgemeingültigkeit keineswegs immer anwenden, sondern vielmehr durchweg den Charakter der Gleichungen als „Formeln“ stillschweigend unterstellen. Mit ihren Angriffen, wie vorstehend dargelegt, zurückgeschlagen, gab Frau Franklin schliesslich zu, dass in dem Aufbau unseres Aus- sagenkalkuls kein Fehler vorliege, und zog sich auf eine andre Position zurück, die sie umso hartnäckiger verteidigte — und noch verteidigt, — und in der es wiederum sehr instruktiv sein wird sie aufzusuchen. ϑ) Bevor ich dies thue, möchte ich nur in Kürze über den „Fehlschluss aus unzulänglicher Bezeichnung“ mich versprochenermassen äussern, was umso angezeigter erscheint, als das praktisch höchst wichtige Kapitel der Fehlschlüsse in meinem so sehr angeschwollenen Buche ohnehin zu kurz kommt. Von den allergröbsten Versehen, z. B. Schreibfehlern, abgesehen ist unzulängliche Bezeichnung der Gegenstände einer Überlegung im Grunde vielleicht ausschliesslich schuld an allen Fehlschlüssen. Entspringen die- selben doch fast immer daraus, dass man Verschiedenes und zu Unter- scheidendes nicht auseinanderhält, vermengt oder verwechselt, getäuscht durch einen Doppelsinn, eine scheinbare Synonymie u. dergl. (Selbst wenn etwa in anderen Fällen ein Fehlschluss zustande kommt dadurch, dass man Wesentliches ausser acht lässt, so wird zumeist eine zu wenig markirte, nicht genügend augenfällige Bezeichnung solcher übersehener Prämissenglieder die Schuld oder Mitschuld daran tragen.) — So sahen wir soeben, dass ein Satz ganz gleich klingen kann, ob man ihn als allgemeinen hinstellt, oder ihn blos auf den speziellen Fall anwendet. Ich will den Fehlschluss und die Art, wie derselbe zu Paradoxien zu führen pflegt, durch zwei Beispiele verdeutlichen. In einer arithmetischen Untersuchung, bei der man längere Zeit mit vielgliedrigen (oder auch unbegrenzten) Summen a + b + c + d + …, x + y + z + …, u + v + w + … etc. zu rechnen hat, seien diese Summen der Bequemlichkeit wegen ver- mittelst ihres ersten Gliedes dargestellt in Gestalt von resp. Σ a, Σ x, Σ u, etc. Für einen zu betrachtenden besonderen Fall nun mag es sich ereignen, dass x = a

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 2. Leipzig, 1905, S. 473. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0202_1905/117>, abgerufen am 23.11.2024.