Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 2. Leipzig, 1905.

Bild:
<< vorherige Seite
§ 53. Meine Kontroverse mit Frau Franklin-Ladd ein lehrreiches Kapitel.

Richtigstellung. e3) verneint korrekt blos die für gewisse drei Zahlen
a, b, c in Frage gestellte Aussagenäquivalenz. Die Allgemeingültigkeit von
e1) und e2) muss schon ihren zulänglichen Ausdruck gefunden haben, bevor
deren Äquivalenz als gleichfalls allgemein bestehend behauptet bezw. ver-
neint wird. Die fragliche bezw. zu verneinende Äquivalenz lautet:
e4) [Formel 1] {(a b) c = (a : b) : c} = [Formel 2] {a b = a : b},
worin die Produkte auszudehnen sind über alle Wertetripel a, b, c bez.
Wertepaare a, b des Zahlengebietes, (und wobei rechts auch andre Buch-
staben d, e für a, b genommen werden könnten,) und somit die Verneinung
von e4) nach Schema 2):
[Formel 3] {(a b) c = (a : b) : c} = [Formel 4] {a b a : b}.
Diese wird aber nun eben durch die Tafel S. 640, Bd. 1 bewahrheitet, in-
dem in dieser Tafel die Annahme linkerhand, oder e2), durchweg erfüllt ist,
zugleich aber auch die Behauptung der rechten Seite, so zwar, dass sogar,
-- was keineswegs erforderlich gewesen wäre, -- jedes Glied dieser Summe
für sich = 1 ist, d. h. e1) niemals zutrifft.

z) Einwurf von Frau Franklin. Von den einem Kreis ein-
geschriebenen Polygonen gilt bekanntlich folgendes: so oft ein solches
gleiche Seiten hat, hat es auch gleiche Winkel; dagegen können die
Winkel gleich sein, ohne dass es die Seiten wären. Beispiel: ein
Rechteck. -- Die Gleichwinkligkeit solcher Kreisvielecke ist also not-
wendige, aber nicht hinreichende Bedingung für ihre Gleichseitigkeit,
und die Gleichseitigkeit ist hinreichende, jedoch nicht notwendige Be-
dingung der Gleichwinkligkeit.

Sonach wird die Behauptung, dass beim Kreispolygon die Gleich-
seitigkeit und die Gleichwinkligkeit einander gegenseitig bedingten,

(Die Seiten sind gleich) = (Die Winkel sind gleich),
eine unrichtige sein. Professor Schröder ist ein viel zu guter Mathe-
matiker, um solch falsche Behauptung passiren zu lassen; er will sie
leugnen; durch seinen Satz 2) hat er sich nun aber in die fatale Lage
gebracht, dies in der Form thun zu müssen:

(Die Seiten sind ungleich) = (Die Winkel sind gleich),
d. h. immer dann und nur dann, wenn die Seiten ungleich sind, müssen
die Winkel gleich sein, -- eine Aufstellung, die begreiflicherweise
noch viel schlimmer ist als jene, die damit berichtigt werden sollte.

Entkräftung -- ähnlich wie bei d): Wiederum wurde die ur-
sprüngliche Behauptung, sagen wir A = B blos in ihrer Anwendung
auf ein besonderes Kreisvieleck P negirt, das Negationsergebniss aber
für jedes Kreisvieleck in Anspruch genommen. Ist P das nächste
beste regelmässige Vieleck, so war A = B zutreffend und somit A1 = B

§ 53. Meine Kontroverse mit Frau Franklin-Ladd ein lehrreiches Kapitel.

Richtigstellung. ε3) verneint korrekt blos die für gewisse drei Zahlen
a, b, c in Frage gestellte Aussagenäquivalenz. Die Allgemeingültigkeit von
ε1) und ε2) muss schon ihren zulänglichen Ausdruck gefunden haben, bevor
deren Äquivalenz als gleichfalls allgemein bestehend behauptet bezw. ver-
neint wird. Die fragliche bezw. zu verneinende Äquivalenz lautet:
ε4) [Formel 1] {(a b) c = (a : b) : c} = [Formel 2] {a b = a : b},
worin die Produkte auszudehnen sind über alle Wertetripel a, b, c bez.
Wertepaare a, b des Zahlengebietes, (und wobei rechts auch andre Buch-
staben d, e für a, b genommen werden könnten,) und somit die Verneinung
von ε4) nach Schema 2):
[Formel 3] {(a b) c = (a : b) : c} = [Formel 4] {a ba : b}.
Diese wird aber nun eben durch die Tafel S. 640, Bd. 1 bewahrheitet, in-
dem in dieser Tafel die Annahme linkerhand, oder ε2), durchweg erfüllt ist,
zugleich aber auch die Behauptung der rechten Seite, so zwar, dass sogar,
— was keineswegs erforderlich gewesen wäre, — jedes Glied dieser Summe
für sich = 1̇ ist, d. h. ε1) niemals zutrifft.

ζ) Einwurf von Frau Franklin. Von den einem Kreis ein-
geschriebenen Polygonen gilt bekanntlich folgendes: so oft ein solches
gleiche Seiten hat, hat es auch gleiche Winkel; dagegen können die
Winkel gleich sein, ohne dass es die Seiten wären. Beispiel: ein
Rechteck. — Die Gleichwinkligkeit solcher Kreisvielecke ist also not-
wendige, aber nicht hinreichende Bedingung für ihre Gleichseitigkeit,
und die Gleichseitigkeit ist hinreichende, jedoch nicht notwendige Be-
dingung der Gleichwinkligkeit.

Sonach wird die Behauptung, dass beim Kreispolygon die Gleich-
seitigkeit und die Gleichwinkligkeit einander gegenseitig bedingten,

(Die Seiten sind gleich) = (Die Winkel sind gleich),
eine unrichtige sein. Professor Schröder ist ein viel zu guter Mathe-
matiker, um solch falsche Behauptung passiren zu lassen; er will sie
leugnen; durch seinen Satz 2) hat er sich nun aber in die fatale Lage
gebracht, dies in der Form thun zu müssen:

(Die Seiten sind ungleich) = (Die Winkel sind gleich),
d. h. immer dann und nur dann, wenn die Seiten ungleich sind, müssen
die Winkel gleich sein, — eine Aufstellung, die begreiflicherweise
noch viel schlimmer ist als jene, die damit berichtigt werden sollte.

Entkräftung — ähnlich wie bei δ): Wiederum wurde die ur-
sprüngliche Behauptung, sagen wir A = B blos in ihrer Anwendung
auf ein besonderes Kreisvieleck P negirt, das Negationsergebniss aber
für jedes Kreisvieleck in Anspruch genommen. Ist P das nächste
beste regelmässige Vieleck, so war A = B zutreffend und somit A1 = B

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0115" n="471"/>
            <fw place="top" type="header">§ 53. Meine Kontroverse mit Frau Franklin-Ladd ein lehrreiches Kapitel.</fw><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Richtigstellung</hi>. <hi rendition="#i">&#x03B5;</hi><hi rendition="#sub">3</hi>) verneint korrekt blos die für gewisse drei Zahlen<lb/><hi rendition="#i">a</hi>, <hi rendition="#i">b</hi>, <hi rendition="#i">c</hi> in Frage gestellte Aussagenäquivalenz. Die Allgemeingültigkeit von<lb/><hi rendition="#i">&#x03B5;</hi><hi rendition="#sub">1</hi>) und <hi rendition="#i">&#x03B5;</hi><hi rendition="#sub">2</hi>) muss schon ihren zulänglichen Ausdruck gefunden haben, bevor<lb/>
deren Äquivalenz als gleichfalls allgemein bestehend behauptet bezw. ver-<lb/>
neint wird. Die fragliche bezw. zu verneinende Äquivalenz lautet:<lb/><hi rendition="#i">&#x03B5;</hi><hi rendition="#sub">4</hi>) <hi rendition="#et"><formula/> {(<hi rendition="#i">a b</hi>) <hi rendition="#i">c</hi> = (<hi rendition="#i">a</hi> : <hi rendition="#i">b</hi>) : <hi rendition="#i">c</hi>} = <formula/> {<hi rendition="#i">a b</hi> = <hi rendition="#i">a</hi> : <hi rendition="#i">b</hi>},</hi><lb/>
worin die Produkte auszudehnen sind über alle Wertetripel <hi rendition="#i">a</hi>, <hi rendition="#i">b</hi>, <hi rendition="#i">c</hi> bez.<lb/>
Wertepaare <hi rendition="#i">a</hi>, <hi rendition="#i">b</hi> des Zahlengebietes, (und wobei rechts auch andre Buch-<lb/>
staben <hi rendition="#i">d</hi>, <hi rendition="#i">e</hi> für <hi rendition="#i">a</hi>, <hi rendition="#i">b</hi> genommen werden könnten,) und somit die Verneinung<lb/>
von <hi rendition="#i">&#x03B5;</hi><hi rendition="#sub">4</hi>) nach Schema 2):<lb/><hi rendition="#c"><formula/> {(<hi rendition="#i">a b</hi>) <hi rendition="#i">c</hi> = (<hi rendition="#i">a</hi> : <hi rendition="#i">b</hi>) : <hi rendition="#i">c</hi>} = <formula/> {<hi rendition="#i">a b</hi> &#x2260; <hi rendition="#i">a</hi> : <hi rendition="#i">b</hi>}.</hi><lb/>
Diese wird aber nun eben durch die Tafel S. 640, Bd. 1 bewahrheitet, in-<lb/>
dem in dieser Tafel die Annahme linkerhand, oder <hi rendition="#i">&#x03B5;</hi><hi rendition="#sub">2</hi>), durchweg erfüllt ist,<lb/>
zugleich aber auch die Behauptung der rechten Seite, so zwar, dass sogar,<lb/>
&#x2014; was keineswegs erforderlich gewesen wäre, &#x2014; <hi rendition="#i">jedes</hi> Glied dieser Summe<lb/>
für sich = 1&#x0307; ist, d. h. <hi rendition="#i">&#x03B5;</hi><hi rendition="#sub">1</hi>) niemals zutrifft.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#i">&#x03B6;</hi>) <hi rendition="#g">Einwurf</hi> von Frau <hi rendition="#g">Franklin</hi>. Von den einem Kreis ein-<lb/>
geschriebenen Polygonen gilt bekanntlich folgendes: so oft ein solches<lb/>
gleiche Seiten hat, hat es auch gleiche Winkel; dagegen können die<lb/>
Winkel gleich sein, ohne dass es die Seiten wären. Beispiel: ein<lb/>
Rechteck. &#x2014; Die Gleichwinkligkeit solcher Kreisvielecke ist also not-<lb/>
wendige, aber nicht hinreichende Bedingung für ihre Gleichseitigkeit,<lb/>
und die Gleichseitigkeit ist hinreichende, jedoch nicht notwendige Be-<lb/>
dingung der Gleichwinkligkeit.</p><lb/>
            <p>Sonach wird die Behauptung, dass beim Kreispolygon die Gleich-<lb/>
seitigkeit und die Gleichwinkligkeit einander gegenseitig bedingten,</p><lb/>
            <p>(Die Seiten sind gleich) = (Die Winkel sind gleich),<lb/>
eine unrichtige sein. Professor <hi rendition="#g">Schröder</hi> ist ein viel zu guter Mathe-<lb/>
matiker, um solch falsche Behauptung passiren zu lassen; er will sie<lb/>
leugnen; durch seinen Satz 2) hat er sich nun aber in die fatale Lage<lb/>
gebracht, dies in der Form thun zu müssen:</p><lb/>
            <p>(Die Seiten sind ungleich) = (Die Winkel sind gleich),<lb/>
d. h. immer dann und nur dann, wenn die Seiten ungleich sind, müssen<lb/>
die Winkel gleich sein, &#x2014; eine Aufstellung, die begreiflicherweise<lb/>
noch viel schlimmer ist als jene, die damit berichtigt werden sollte.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Entkräftung</hi> &#x2014; ähnlich wie bei <hi rendition="#i">&#x03B4;</hi>): Wiederum wurde die ur-<lb/>
sprüngliche Behauptung, sagen wir <hi rendition="#i">A</hi> = <hi rendition="#i">B</hi> blos in ihrer Anwendung<lb/>
auf ein besonderes Kreisvieleck <hi rendition="#i">P</hi> negirt, das Negationsergebniss aber<lb/>
für jedes Kreisvieleck in Anspruch genommen. Ist <hi rendition="#i">P</hi> das nächste<lb/>
beste <hi rendition="#i">regelmässige</hi> Vieleck, so war <hi rendition="#i">A</hi> = <hi rendition="#i">B</hi> zutreffend und somit <hi rendition="#i">A</hi><hi rendition="#sub">1</hi> = <hi rendition="#i">B</hi><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[471/0115] § 53. Meine Kontroverse mit Frau Franklin-Ladd ein lehrreiches Kapitel. Richtigstellung. ε3) verneint korrekt blos die für gewisse drei Zahlen a, b, c in Frage gestellte Aussagenäquivalenz. Die Allgemeingültigkeit von ε1) und ε2) muss schon ihren zulänglichen Ausdruck gefunden haben, bevor deren Äquivalenz als gleichfalls allgemein bestehend behauptet bezw. ver- neint wird. Die fragliche bezw. zu verneinende Äquivalenz lautet: ε4) [FORMEL] {(a b) c = (a : b) : c} = [FORMEL] {a b = a : b}, worin die Produkte auszudehnen sind über alle Wertetripel a, b, c bez. Wertepaare a, b des Zahlengebietes, (und wobei rechts auch andre Buch- staben d, e für a, b genommen werden könnten,) und somit die Verneinung von ε4) nach Schema 2): [FORMEL] {(a b) c = (a : b) : c} = [FORMEL] {a b ≠ a : b}. Diese wird aber nun eben durch die Tafel S. 640, Bd. 1 bewahrheitet, in- dem in dieser Tafel die Annahme linkerhand, oder ε2), durchweg erfüllt ist, zugleich aber auch die Behauptung der rechten Seite, so zwar, dass sogar, — was keineswegs erforderlich gewesen wäre, — jedes Glied dieser Summe für sich = 1̇ ist, d. h. ε1) niemals zutrifft. ζ) Einwurf von Frau Franklin. Von den einem Kreis ein- geschriebenen Polygonen gilt bekanntlich folgendes: so oft ein solches gleiche Seiten hat, hat es auch gleiche Winkel; dagegen können die Winkel gleich sein, ohne dass es die Seiten wären. Beispiel: ein Rechteck. — Die Gleichwinkligkeit solcher Kreisvielecke ist also not- wendige, aber nicht hinreichende Bedingung für ihre Gleichseitigkeit, und die Gleichseitigkeit ist hinreichende, jedoch nicht notwendige Be- dingung der Gleichwinkligkeit. Sonach wird die Behauptung, dass beim Kreispolygon die Gleich- seitigkeit und die Gleichwinkligkeit einander gegenseitig bedingten, (Die Seiten sind gleich) = (Die Winkel sind gleich), eine unrichtige sein. Professor Schröder ist ein viel zu guter Mathe- matiker, um solch falsche Behauptung passiren zu lassen; er will sie leugnen; durch seinen Satz 2) hat er sich nun aber in die fatale Lage gebracht, dies in der Form thun zu müssen: (Die Seiten sind ungleich) = (Die Winkel sind gleich), d. h. immer dann und nur dann, wenn die Seiten ungleich sind, müssen die Winkel gleich sein, — eine Aufstellung, die begreiflicherweise noch viel schlimmer ist als jene, die damit berichtigt werden sollte. Entkräftung — ähnlich wie bei δ): Wiederum wurde die ur- sprüngliche Behauptung, sagen wir A = B blos in ihrer Anwendung auf ein besonderes Kreisvieleck P negirt, das Negationsergebniss aber für jedes Kreisvieleck in Anspruch genommen. Ist P das nächste beste regelmässige Vieleck, so war A = B zutreffend und somit A1 = B

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0202_1905
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0202_1905/115
Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 2. Leipzig, 1905, S. 471. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0202_1905/115>, abgerufen am 24.11.2024.