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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891.

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§ 47. Postulate zur Punktdefinition.

Endlich braucht man behufs Beweises der letzten Formel ph) nur von
dem Satze t) Gebrauch zu machen und rechts die dritte Formel ph) an-
zuwenden.

Nachdem wir aber eingangs das Individuum definirt haben, ist
die Frage zu diskutiren, ob denn das Definirte auch denknotwendig exi-
stirt
, ob oder unter welchen Bedingungen der Definition ein Sinn, eine
Bedeutung zukommt? Ich halte die vorstehende für eine der aller-
schwierigsten Fragen, und weiss mir nicht anders zu helfen, als indem
ich ihre Beantwortung im bejahenden Sinne axiomatisch fordere, die-
selbe (vorerst) als ein Postulat hinstelle. Und zwar genügt es an-
scheinend nicht, etwa blos die Anerkennung zu verlangen:

Postulat ((4)) dass in jeder Klasse a, die nicht 0 ist, Individuen
(genauer: mindestens ein Individuum als ihr eingeordnete Unterklasse)
enthalten sein müssen, m. a. W. dass wir immer ein solches anzugeben
vermögen.

Wird freilich ein solches i1 als unter a enthalten zugegeben, so-
dass i1 a, so können wir die Ergänzung dieses einen Individuums
zur Klasse a als eine neue Klasse a i11 in's Auge fassen, und für die-
selbe das nämliche Postulat abermals in Anspruch nehmen. Auch sie
muss, wenn sie nicht 0 ist, wieder mindestens ein Individuum i2 ent-
halten, sodass i2 a i11.

Dieses muss von i1 notwendig verschieden sein, denn wenn es
damit zusammenfiele, so gelangten wir zu dem Widerspruch mit der
Def. (a), dass i1 den beiden einander ausschliessenden Klassen x = i1
und y = a i11 gleichzeitig eingeordnet wäre [m. a. W. dass innerhalb
der Mannigfaltigkeit a
-- die mit 1 bezeichnet werden könnte -- dann
i1 eingeordnet sein müsste den beiden einander negirenden Klassen
x = a i1 und x1 = a i11, im Widerspruch zu b)]. Auf diese Weise er-
gäbe sich also die Nötigung, i2 so, wie wir es gethan, verschieden
von i1 zu bezeichnen.

Auf die Ergänzung a i11 i12 von i2 zur Klasse a i11 lässt sich das-
selbe Postulat dann wiederum anwenden: sie muss, sofern sie nicht 0
ist, abermals ein Individuum i3 enthalten, sodass i3 a i11 i12 ist, und
zwar ein Individuum, welches von den bisherigen i1 und i2 verschieden.

In dieser Weise fortschliessend kämen wir zu der Darstellung:
a = i1 + a i11 = i1 + i2 + a i11 i12 = i1 + i2 + i3 + a i11 i12 i13 = ... =
a = i1 + i2 + i3 + ... + ir + a i11 i12 i13 ... i1r,

oder:
kh) a = [Formel 1] ik + a [Formel 2] i1k,

Schröder, Algebra der Logik. II. 22
§ 47. Postulate zur Punktdefinition.

Endlich braucht man behufs Beweises der letzten Formel φ) nur von
dem Satze τ) Gebrauch zu machen und rechts die dritte Formel φ) an-
zuwenden.

Nachdem wir aber eingangs das Individuum definirt haben, ist
die Frage zu diskutiren, ob denn das Definirte auch denknotwendig exi-
stirt
, ob oder unter welchen Bedingungen der Definition ein Sinn, eine
Bedeutung zukommt? Ich halte die vorstehende für eine der aller-
schwierigsten Fragen, und weiss mir nicht anders zu helfen, als indem
ich ihre Beantwortung im bejahenden Sinne axiomatisch fordere, die-
selbe (vorerst) als ein Postulat hinstelle. Und zwar genügt es an-
scheinend nicht, etwa blos die Anerkennung zu verlangen:

Postulat ((4)) dass in jeder Klasse a, die nicht 0 ist, Individuen
(genauer: mindestens ein Individuum als ihr eingeordnete Unterklasse)
enthalten sein müssen, m. a. W. dass wir immer ein solches anzugeben
vermögen.

Wird freilich ein solches i1 als unter a enthalten zugegeben, so-
dass i1 a, so können wir die Ergänzung dieses einen Individuums
zur Klasse a als eine neue Klasse a i11 in’s Auge fassen, und für die-
selbe das nämliche Postulat abermals in Anspruch nehmen. Auch sie
muss, wenn sie nicht 0 ist, wieder mindestens ein Individuum i2 ent-
halten, sodass i2 a i11.

Dieses muss von i1 notwendig verschieden sein, denn wenn es
damit zusammenfiele, so gelangten wir zu dem Widerspruch mit der
Def. (α), dass i1 den beiden einander ausschliessenden Klassen x = i1
und y = a i11 gleichzeitig eingeordnet wäre [m. a. W. dass innerhalb
der Mannigfaltigkeit a
— die mit 1 bezeichnet werden könnte — dann
i1 eingeordnet sein müsste den beiden einander negirenden Klassen
x = a i1 und x1 = a i11, im Widerspruch zu β)]. Auf diese Weise er-
gäbe sich also die Nötigung, i2 so, wie wir es gethan, verschieden
von i1 zu bezeichnen.

Auf die Ergänzung a i11 i12 von i2 zur Klasse a i11 lässt sich das-
selbe Postulat dann wiederum anwenden: sie muss, sofern sie nicht 0
ist, abermals ein Individuum i3 enthalten, sodass i3 a i11 i12 ist, und
zwar ein Individuum, welches von den bisherigen i1 und i2 verschieden.

In dieser Weise fortschliessend kämen wir zu der Darstellung:
a = i1 + a i11 = i1 + i2 + a i11 i12 = i1 + i2 + i3 + a i11 i12 i13 = … =
a = i1 + i2 + i3 + … + ir + a i11 i12 i13i1r,

oder:
χ) a = [Formel 1] iϰ + a [Formel 2] i1ϰ,

Schröder, Algebra der Logik. II. 22
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[337/0361] § 47. Postulate zur Punktdefinition. Endlich braucht man behufs Beweises der letzten Formel φ) nur von dem Satze τ) Gebrauch zu machen und rechts die dritte Formel φ) an- zuwenden. Nachdem wir aber eingangs das Individuum definirt haben, ist die Frage zu diskutiren, ob denn das Definirte auch denknotwendig exi- stirt, ob oder unter welchen Bedingungen der Definition ein Sinn, eine Bedeutung zukommt? Ich halte die vorstehende für eine der aller- schwierigsten Fragen, und weiss mir nicht anders zu helfen, als indem ich ihre Beantwortung im bejahenden Sinne axiomatisch fordere, die- selbe (vorerst) als ein Postulat hinstelle. Und zwar genügt es an- scheinend nicht, etwa blos die Anerkennung zu verlangen: Postulat ((4)) dass in jeder Klasse a, die nicht 0 ist, Individuen (genauer: mindestens ein Individuum als ihr eingeordnete Unterklasse) enthalten sein müssen, m. a. W. dass wir immer ein solches anzugeben vermögen. Wird freilich ein solches i1 als unter a enthalten zugegeben, so- dass i1  a, so können wir die Ergänzung dieses einen Individuums zur Klasse a als eine neue Klasse a i11 in’s Auge fassen, und für die- selbe das nämliche Postulat abermals in Anspruch nehmen. Auch sie muss, wenn sie nicht 0 ist, wieder mindestens ein Individuum i2 ent- halten, sodass i2  a i11. Dieses muss von i1 notwendig verschieden sein, denn wenn es damit zusammenfiele, so gelangten wir zu dem Widerspruch mit der Def. (α), dass i1 den beiden einander ausschliessenden Klassen x = i1 und y = a i11 gleichzeitig eingeordnet wäre [m. a. W. dass innerhalb der Mannigfaltigkeit a — die mit 1 bezeichnet werden könnte — dann i1 eingeordnet sein müsste den beiden einander negirenden Klassen x = a i1 und x1 = a i11, im Widerspruch zu β)]. Auf diese Weise er- gäbe sich also die Nötigung, i2 so, wie wir es gethan, verschieden von i1 zu bezeichnen. Auf die Ergänzung a i11 i12 von i2 zur Klasse a i11 lässt sich das- selbe Postulat dann wiederum anwenden: sie muss, sofern sie nicht 0 ist, abermals ein Individuum i3 enthalten, sodass i3  a i11 i12 ist, und zwar ein Individuum, welches von den bisherigen i1 und i2 verschieden. In dieser Weise fortschliessend kämen wir zu der Darstellung: a = i1 + a i11 = i1 + i2 + a i11 i12 = i1 + i2 + i3 + a i11 i12 i13 = … = a = i1 + i2 + i3 + … + ir + a i11 i12 i13 … i1r, oder: χ) a = [FORMEL] iϰ + a [FORMEL] i1ϰ, Schröder, Algebra der Logik. II. 22

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0201_1891/361>, abgerufen am 24.11.2024.