Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891.

Bild:
<< vorherige Seite
Zwanzigste Vorlesung.

Nach Lambert wird die erste Figur (wie schon teilweise erwähnt)
auch genannt:
das "dictum de omni et de nullo",
die zweite Figur das "dictum de diverso",
" dritte " " " " exemplo",
" vierte " " " " reciproco" --

und begnügen wir uns, dies blos anzuführen, ohne auf die Motivirung der
Benennungen einzugehen.

Vom Standpunkte unsrer Theorie müssen wir nun aber eine An-
zahl von diesen Modi für inkorrekt erklären, darunter namentlich auch
sämtliche "abgeschwächten" Formen, überhaupt nämlich alle diejenigen
Schlüsse, vermittelst welcher aus lauter universalen Prämissen ein parti-
kulares Urteil gefolgert wird
. Diese werden uns, genauer betrachtet,
als Enthymeme erscheinen, die eine wesentliche Prämisse mit Still-
schweigen übergehen -- sobald diese aber ausdrücklich formulirt und
den übrigen Prämissen ergänzend zugefügt wird, dann offenbar auf
drei Prämissen beruhen und damit aufhören werden, "einfache" Syllo-
gismen, ja "Syllogismen" überhaupt zu sein.

Wir werden dieses eingehend darzulegen haben. Um jedoch die
unter die genannte Rubrik fallenden Formen angeblicher Syllogismen der
traditionellen Liste von vornherein als solche charakterisiren zu können,
sei uns gestattet, solches in kürzester Weise vermittelst des Zusatzes
"falsch" zu thun.

Ich gebe nun vor allem das Wesen der 19 + 5 = 24 Modi oder
traditionellen Formen der gemeinhin als gültig anerkannten Syllogis-
men samt dem Schema der zugehörigen Figuren möglichst übersicht-
lich an, wobei ich in den Schlüssen selbst die drei Termini S, M, P
als Klassensymbole mit a, b, c zu bezeichnen vorziehe.

Die Übersichtlichkeit wird erhöht, wenn wir uns zur Darstellung
der Schlüsse einer Formelsprache bedienen.

Ich wähle dazu zum Teil die legitime Formelsprache unsres
Gebietekalkuls, insofern ich ein Subjekt "alle a" einfach durch den
Namen der Klasse, das Symbol a selbst, ein Prädikat "nicht-b" mittelst
Negationsstrichs durch b1 darstelle ...

Weil aber bei den partikularen Urteilen die legitime Darstellung
sich schon allzuweit von dem sprachlichen Ausdruck entfernt -- vergl.
§ 33 -- greife ich zum andern Teil für den Augenblick auch noch
zu einer sonst in unserm Kalkul nicht zulässigen -- wenn man will
"illegitimen" -- hier nur einmal konventionell ad hoc zu adoptirenden
Ausdrucksweise, indem ich "einige a", "einige b" durch a' resp. b'
darstelle.

Zwanzigste Vorlesung.

Nach Lambert wird die erste Figur (wie schon teilweise erwähnt)
auch genannt:
das „dictum de omni et de nullo“,
die zweite Figur das „dictum de diverso“,
dritte „ „ „ „ exemplo“,
vierte „ „ „ „ reciproco“ —

und begnügen wir uns, dies blos anzuführen, ohne auf die Motivirung der
Benennungen einzugehen.

Vom Standpunkte unsrer Theorie müssen wir nun aber eine An-
zahl von diesen Modi für inkorrekt erklären, darunter namentlich auch
sämtliche „abgeschwächten“ Formen, überhaupt nämlich alle diejenigen
Schlüsse, vermittelst welcher aus lauter universalen Prämissen ein parti-
kulares Urteil gefolgert wird
. Diese werden uns, genauer betrachtet,
als Enthymeme erscheinen, die eine wesentliche Prämisse mit Still-
schweigen übergehen — sobald diese aber ausdrücklich formulirt und
den übrigen Prämissen ergänzend zugefügt wird, dann offenbar auf
drei Prämissen beruhen und damit aufhören werden, „einfache“ Syllo-
gismen, ja „Syllogismen“ überhaupt zu sein.

Wir werden dieses eingehend darzulegen haben. Um jedoch die
unter die genannte Rubrik fallenden Formen angeblicher Syllogismen der
traditionellen Liste von vornherein als solche charakterisiren zu können,
sei uns gestattet, solches in kürzester Weise vermittelst des Zusatzes
falsch“ zu thun.

Ich gebe nun vor allem das Wesen der 19 + 5 = 24 Modi oder
traditionellen Formen der gemeinhin als gültig anerkannten Syllogis-
men samt dem Schema der zugehörigen Figuren möglichst übersicht-
lich an, wobei ich in den Schlüssen selbst die drei Termini S, M, P
als Klassensymbole mit a, b, c zu bezeichnen vorziehe.

Die Übersichtlichkeit wird erhöht, wenn wir uns zur Darstellung
der Schlüsse einer Formelsprache bedienen.

Ich wähle dazu zum Teil die legitime Formelsprache unsres
Gebietekalkuls, insofern ich ein Subjekt „alle a“ einfach durch den
Namen der Klasse, das Symbol a selbst, ein Prädikat „nicht-b“ mittelst
Negationsstrichs durch b1 darstelle …

Weil aber bei den partikularen Urteilen die legitime Darstellung
sich schon allzuweit von dem sprachlichen Ausdruck entfernt — vergl.
§ 33 — greife ich zum andern Teil für den Augenblick auch noch
zu einer sonst in unserm Kalkul nicht zulässigen — wenn man will
„illegitimen“ — hier nur einmal konventionell ad hoc zu adoptirenden
Ausdrucksweise, indem ich „einige a“, „einige b“ durch a' resp. b'
darstelle.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0244" n="220"/>
            <fw place="top" type="header">Zwanzigste Vorlesung.</fw><lb/>
            <p>Nach <hi rendition="#g">Lambert</hi> wird die <hi rendition="#i">erste</hi> Figur (wie schon teilweise erwähnt)<lb/>
auch genannt:<lb/><hi rendition="#et">das &#x201E;dictum de omni et de nullo&#x201C;,<lb/>
die <hi rendition="#i">zweite</hi> Figur das &#x201E;dictum de diverso&#x201C;,<lb/>
&#x201E; <hi rendition="#i">dritte</hi> &#x201E; &#x201E; &#x201E; &#x201E; exemplo&#x201C;,<lb/>
&#x201E; <hi rendition="#i">vierte</hi> &#x201E; &#x201E; &#x201E; &#x201E; reciproco&#x201C; &#x2014;</hi><lb/>
und begnügen wir uns, dies blos anzuführen, ohne auf die Motivirung der<lb/>
Benennungen einzugehen.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#i">Vom Standpunkte unsrer Theorie</hi> müssen wir nun aber eine An-<lb/>
zahl von diesen Modi für <hi rendition="#i">inkorrekt</hi> erklären, darunter namentlich auch<lb/>
sämtliche &#x201E;abgeschwächten&#x201C; Formen, überhaupt nämlich <hi rendition="#i">alle</hi> diejenigen<lb/><hi rendition="#i">Schlüsse</hi>, <hi rendition="#i">vermittelst welcher aus lauter universalen Prämissen ein parti-<lb/>
kulares Urteil gefolgert wird</hi>. Diese werden uns, genauer betrachtet,<lb/>
als <hi rendition="#i">Enthymeme</hi> erscheinen, die eine wesentliche Prämisse mit Still-<lb/>
schweigen übergehen &#x2014; sobald diese aber ausdrücklich formulirt und<lb/>
den übrigen Prämissen ergänzend zugefügt wird, dann offenbar auf<lb/><hi rendition="#i">drei</hi> Prämissen beruhen und damit aufhören werden, &#x201E;einfache&#x201C; Syllo-<lb/>
gismen, ja &#x201E;Syllogismen&#x201C; überhaupt zu sein.</p><lb/>
            <p>Wir werden dieses eingehend darzulegen haben. Um jedoch die<lb/>
unter die genannte Rubrik fallenden Formen angeblicher Syllogismen der<lb/>
traditionellen Liste von vornherein als solche charakterisiren zu können,<lb/>
sei uns gestattet, solches in kürzester Weise vermittelst des Zusatzes<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#i">falsch</hi>&#x201C; zu thun.</p><lb/>
            <p>Ich gebe nun vor allem das Wesen der 19 + 5 = 24 Modi oder<lb/>
traditionellen Formen der gemeinhin als gültig anerkannten Syllogis-<lb/>
men samt dem Schema der zugehörigen Figuren möglichst übersicht-<lb/>
lich an, wobei ich in den Schlüssen selbst die drei Termini <hi rendition="#i">S</hi>, <hi rendition="#i">M</hi>, <hi rendition="#i">P</hi><lb/>
als Klassensymbole mit <hi rendition="#i">a</hi>, <hi rendition="#i">b</hi>, <hi rendition="#i">c</hi> zu bezeichnen vorziehe.</p><lb/>
            <p>Die Übersichtlichkeit wird erhöht, wenn wir uns zur Darstellung<lb/>
der Schlüsse einer Formelsprache bedienen.</p><lb/>
            <p>Ich wähle dazu zum Teil die legitime Formelsprache unsres<lb/>
Gebietekalkuls, insofern ich ein Subjekt &#x201E;alle <hi rendition="#i">a</hi>&#x201C; einfach durch den<lb/>
Namen der Klasse, das Symbol <hi rendition="#i">a</hi> selbst, ein Prädikat &#x201E;nicht-<hi rendition="#i">b</hi>&#x201C; mittelst<lb/>
Negationsstrichs durch <hi rendition="#i">b</hi><hi rendition="#sub">1</hi> darstelle &#x2026;</p><lb/>
            <p>Weil aber bei den partikularen Urteilen die legitime Darstellung<lb/>
sich schon allzuweit von dem sprachlichen Ausdruck entfernt &#x2014; vergl.<lb/>
§ 33 &#x2014; greife ich zum andern Teil für den Augenblick auch noch<lb/>
zu einer sonst in unserm Kalkul nicht zulässigen &#x2014; wenn man will<lb/>
&#x201E;illegitimen&#x201C; &#x2014; hier nur einmal konventionell ad hoc zu adoptirenden<lb/>
Ausdrucksweise, indem ich &#x201E;einige <hi rendition="#i">a</hi>&#x201C;, &#x201E;einige <hi rendition="#i">b</hi>&#x201C; durch <hi rendition="#i">a</hi>' resp. <hi rendition="#i">b</hi>'<lb/>
darstelle.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[220/0244] Zwanzigste Vorlesung. Nach Lambert wird die erste Figur (wie schon teilweise erwähnt) auch genannt: das „dictum de omni et de nullo“, die zweite Figur das „dictum de diverso“, „ dritte „ „ „ „ exemplo“, „ vierte „ „ „ „ reciproco“ — und begnügen wir uns, dies blos anzuführen, ohne auf die Motivirung der Benennungen einzugehen. Vom Standpunkte unsrer Theorie müssen wir nun aber eine An- zahl von diesen Modi für inkorrekt erklären, darunter namentlich auch sämtliche „abgeschwächten“ Formen, überhaupt nämlich alle diejenigen Schlüsse, vermittelst welcher aus lauter universalen Prämissen ein parti- kulares Urteil gefolgert wird. Diese werden uns, genauer betrachtet, als Enthymeme erscheinen, die eine wesentliche Prämisse mit Still- schweigen übergehen — sobald diese aber ausdrücklich formulirt und den übrigen Prämissen ergänzend zugefügt wird, dann offenbar auf drei Prämissen beruhen und damit aufhören werden, „einfache“ Syllo- gismen, ja „Syllogismen“ überhaupt zu sein. Wir werden dieses eingehend darzulegen haben. Um jedoch die unter die genannte Rubrik fallenden Formen angeblicher Syllogismen der traditionellen Liste von vornherein als solche charakterisiren zu können, sei uns gestattet, solches in kürzester Weise vermittelst des Zusatzes „falsch“ zu thun. Ich gebe nun vor allem das Wesen der 19 + 5 = 24 Modi oder traditionellen Formen der gemeinhin als gültig anerkannten Syllogis- men samt dem Schema der zugehörigen Figuren möglichst übersicht- lich an, wobei ich in den Schlüssen selbst die drei Termini S, M, P als Klassensymbole mit a, b, c zu bezeichnen vorziehe. Die Übersichtlichkeit wird erhöht, wenn wir uns zur Darstellung der Schlüsse einer Formelsprache bedienen. Ich wähle dazu zum Teil die legitime Formelsprache unsres Gebietekalkuls, insofern ich ein Subjekt „alle a“ einfach durch den Namen der Klasse, das Symbol a selbst, ein Prädikat „nicht-b“ mittelst Negationsstrichs durch b1 darstelle … Weil aber bei den partikularen Urteilen die legitime Darstellung sich schon allzuweit von dem sprachlichen Ausdruck entfernt — vergl. § 33 — greife ich zum andern Teil für den Augenblick auch noch zu einer sonst in unserm Kalkul nicht zulässigen — wenn man will „illegitimen“ — hier nur einmal konventionell ad hoc zu adoptirenden Ausdrucksweise, indem ich „einige a“, „einige b“ durch a' resp. b' darstelle.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0201_1891
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0201_1891/244
Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0201_1891/244>, abgerufen am 24.11.2024.