Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891.

Bild:
<< vorherige Seite
Siebzehnte Vorlesung.
g. Einige A sind B, aber einige A sind auch nicht B, und einige B
nicht A.

Uber den Sinn dieser Aussagen in den auch hier bei d, f, e zu-
lässigen Degenerationsfällen wo es keine A (oder auch nur ein A)
resp. B gibt, ist der vorige Paragraph nachzusehen.

Es gelingt, dieselben Beziehungen auch je durch einen einzigen
Satz
auszudrücken, wenn man sich -- über den Sprachgebrauch hinaus-
gehend -- eines Verfahrens bedient, welches W. Hamilton*) aufgebracht,
und von welchem Jevons und Andere viel Aufhebens gemacht haben.
Dasselbe wird die Quantifikation des Prädikates genannt, und besteht
darin, dass man auch dem Prädikate (wie schon innerhalb des Sprach-
gebrauchs den verneinenden Artikel "keine", so ausserhalb desselben)
die Zahlbestimmung "alle" oder "einige" beigesellt.

Hierdurch bekommen wir für:

d = (A = B): Alle A sind alle B.
f = (A B): Alle A sind nur einige B.
e = (A B): Nur einige A sind alle B.
a = g = (A B): Nur einige A sind nur einige B.

Man kann auch die Partikel "nur" fortlassen, wenn man en bloc
erklärt, dass hier "einige" auch im Gegensatz stehen solle zu "alle".

Im übrigen sollten diese Urteile als umkehrbare, konvertible gelten
(wie früher, vergl. Bd. 1, S. 242, wenn wir sagten: "dies ist alles",
oder: "dies ist einiges von dem, was man schuldet", oder dergleichen),
die Kopula "sind" sollte also die Kraft des Gleichheitszeichens haben,
das Urteil die Identität von Subjekt und Prädikat statuiren. Es wird
sich jedoch sogleich zeigen, dass dieses nicht durchaus angängig.

Bei "alle A" und "alle B" muss wieder auch der Fall zugelassen
sein, dass solche gar nicht in Betracht kommen können, weil es sie
gar nicht gibt, dass also die Bedeutung der betreffenden Klasse 0 oder
"nichts" ist.

Bei d hat dies keine Schwierigkeit im Gefolge. Dagegen bei f
und e müsste man entweder zugeben, dass "nur einige" B resp. A
sich auch auf 0 reduziren dürften -- entgegen den fundamentalen, die
Bedeutung von "einige" stipulirenden Festsetzungen -- oder man muss
die Sätze f, e -- anstatt, wie gesagt, als Gleichungen -- in diesen
Grenzfällen doch nur als Subsumtionen auffassen, den letztern e dann
umkehrend in: Alle B sind nur einige A.

Am ungezwungensten würde man sagen:

*) Die Priorität gebührt nach Jevons11 dem Botaniker G. Bentham.
Siebzehnte Vorlesung.
g. Einige A sind B, aber einige A sind auch nicht B, und einige B
nicht A.

Uber den Sinn dieser Aussagen in den auch hier bei d, f, e zu-
lässigen Degenerationsfällen wo es keine A (oder auch nur ein A)
resp. B gibt, ist der vorige Paragraph nachzusehen.

Es gelingt, dieselben Beziehungen auch je durch einen einzigen
Satz
auszudrücken, wenn man sich — über den Sprachgebrauch hinaus-
gehend — eines Verfahrens bedient, welches W. Hamilton*) aufgebracht,
und von welchem Jevons und Andere viel Aufhebens gemacht haben.
Dasselbe wird die Quantifikation des Prädikates genannt, und besteht
darin, dass man auch dem Prädikate (wie schon innerhalb des Sprach-
gebrauchs den verneinenden Artikel „keine“, so ausserhalb desselben)
die Zahlbestimmung „alle“ oder „einige“ beigesellt.

Hierdurch bekommen wir für:

d = (A = B): Alle A sind alle B.
f = (AB): Alle A sind nur einige B.
e = (AB): Nur einige A sind alle B.
α = g = (A B): Nur einige A sind nur einige B.

Man kann auch die Partikel „nur“ fortlassen, wenn man en bloc
erklärt, dass hier „einige“ auch im Gegensatz stehen solle zu „alle“.

Im übrigen sollten diese Urteile als umkehrbare, konvertible gelten
(wie früher, vergl. Bd. 1, S. 242, wenn wir sagten: „dies ist alles“,
oder: „dies ist einiges von dem, was man schuldet“, oder dergleichen),
die Kopula „sind“ sollte also die Kraft des Gleichheitszeichens haben,
das Urteil die Identität von Subjekt und Prädikat statuiren. Es wird
sich jedoch sogleich zeigen, dass dieses nicht durchaus angängig.

Bei „alle A“ und „alle B“ muss wieder auch der Fall zugelassen
sein, dass solche gar nicht in Betracht kommen können, weil es sie
gar nicht gibt, dass also die Bedeutung der betreffenden Klasse 0 oder
„nichts“ ist.

Bei d hat dies keine Schwierigkeit im Gefolge. Dagegen bei f
und e müsste man entweder zugeben, dass „nur einige“ B resp. A
sich auch auf 0 reduziren dürften — entgegen den fundamentalen, die
Bedeutung von „einige“ stipulirenden Festsetzungen — oder man muss
die Sätze f, e — anstatt, wie gesagt, als Gleichungen — in diesen
Grenzfällen doch nur als Subsumtionen auffassen, den letztern e dann
umkehrend in: Alle B sind nur einige A.

Am ungezwungensten würde man sagen:

*) Die Priorität gebührt nach Jevons11 dem Botaniker G. Bentham.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0124" n="100"/>
            <fw place="top" type="header">Siebzehnte Vorlesung.</fw><lb/>
            <list>
              <item>g. Einige <hi rendition="#i">A</hi> sind <hi rendition="#i">B</hi>, aber einige <hi rendition="#i">A</hi> sind auch nicht <hi rendition="#i">B</hi>, und einige <hi rendition="#i">B</hi><lb/>
nicht <hi rendition="#i">A</hi>.</item>
            </list><lb/>
            <p>Uber den Sinn dieser Aussagen in den auch hier bei <hi rendition="#i">d</hi>, <hi rendition="#i">f</hi>, <hi rendition="#i">e</hi> zu-<lb/>
lässigen Degenerationsfällen wo es keine <hi rendition="#i">A</hi> (oder auch nur ein <hi rendition="#i">A</hi>)<lb/>
resp. <hi rendition="#i">B</hi> gibt, ist der vorige Paragraph nachzusehen.</p><lb/>
            <p>Es gelingt, dieselben Beziehungen auch <hi rendition="#i">je durch einen einzigen<lb/>
Satz</hi> auszudrücken, wenn man sich &#x2014; über den Sprachgebrauch hinaus-<lb/>
gehend &#x2014; eines Verfahrens bedient, welches W. <hi rendition="#g">Hamilton</hi><note place="foot" n="*)">Die Priorität gebührt nach <hi rendition="#g">Jevons</hi><hi rendition="#sup">11</hi> dem Botaniker G. <hi rendition="#g">Bentham</hi>.</note> aufgebracht,<lb/>
und von welchem <hi rendition="#g">Jevons</hi> und Andere viel Aufhebens gemacht haben.<lb/>
Dasselbe wird die <hi rendition="#i">Quantifikation des Prädikates</hi> genannt, und besteht<lb/>
darin, dass man auch dem Prädikate (wie schon innerhalb des Sprach-<lb/>
gebrauchs den verneinenden Artikel &#x201E;keine&#x201C;, so ausserhalb desselben)<lb/>
die Zahlbestimmung &#x201E;alle&#x201C; oder &#x201E;einige&#x201C; beigesellt.</p><lb/>
            <p>Hierdurch bekommen wir für:</p><lb/>
            <list>
              <item><hi rendition="#i">d</hi> = (<hi rendition="#i">A</hi> = <hi rendition="#i">B</hi>): <hi rendition="#i">Alle A sind alle B.</hi></item><lb/>
              <item><hi rendition="#i">f</hi> = (<hi rendition="#i">A</hi> &#x2282; <hi rendition="#i">B</hi>): <hi rendition="#i">Alle A sind nur einige B.</hi></item><lb/>
              <item><hi rendition="#i">e</hi> = (<hi rendition="#i">A</hi> &#x2283; <hi rendition="#i">B</hi>): <hi rendition="#i">Nur einige A sind alle B.</hi></item><lb/>
              <item><hi rendition="#i">&#x03B1;</hi> = <hi rendition="#i">g</hi> = (<hi rendition="#i">A</hi> <choice><orig>&#xFFFC;</orig><reg>&#x2286;</reg></choice> <hi rendition="#i">B</hi>): <hi rendition="#i">Nur einige A sind nur einige B.</hi></item>
            </list><lb/>
            <p>Man kann auch die Partikel &#x201E;nur&#x201C; fortlassen, wenn man en bloc<lb/>
erklärt, dass <hi rendition="#i">hier</hi> &#x201E;einige&#x201C; auch im Gegensatz stehen solle zu &#x201E;alle&#x201C;.</p><lb/>
            <p>Im übrigen <hi rendition="#i">sollten</hi> diese Urteile als <hi rendition="#i">umkehrbare</hi>, <hi rendition="#i">konvertible</hi> gelten<lb/>
(wie früher, vergl. Bd. 1, S. 242, wenn wir sagten: &#x201E;dies ist alles&#x201C;,<lb/>
oder: &#x201E;dies ist einiges von dem, was man schuldet&#x201C;, oder dergleichen),<lb/>
die Kopula &#x201E;sind&#x201C; sollte also die Kraft des <hi rendition="#i">Gleichheits</hi>zeichens haben,<lb/>
das Urteil die Identität von Subjekt und Prädikat statuiren. Es wird<lb/>
sich jedoch sogleich zeigen, dass dieses nicht durchaus angängig.</p><lb/>
            <p>Bei &#x201E;alle <hi rendition="#i">A</hi>&#x201C; und &#x201E;alle <hi rendition="#i">B</hi>&#x201C; muss wieder auch der Fall zugelassen<lb/>
sein, dass solche gar nicht in Betracht kommen können, weil es sie<lb/>
gar nicht gibt, dass also die Bedeutung der betreffenden Klasse 0 oder<lb/>
&#x201E;nichts&#x201C; ist.</p><lb/>
            <p>Bei <hi rendition="#i">d</hi> hat dies keine Schwierigkeit im Gefolge. Dagegen bei <hi rendition="#i">f</hi><lb/>
und <hi rendition="#i">e</hi> müsste man entweder zugeben, dass &#x201E;nur einige&#x201C; <hi rendition="#i">B</hi> resp. <hi rendition="#i">A</hi><lb/>
sich auch auf 0 reduziren dürften &#x2014; entgegen den fundamentalen, die<lb/>
Bedeutung von &#x201E;einige&#x201C; stipulirenden Festsetzungen &#x2014; oder man muss<lb/>
die Sätze <hi rendition="#i">f</hi>, <hi rendition="#i">e</hi> &#x2014; anstatt, wie gesagt, als Gleichungen &#x2014; in diesen<lb/>
Grenzfällen doch nur als Subsumtionen auffassen, den letztern <hi rendition="#i">e</hi> dann<lb/>
umkehrend in: Alle <hi rendition="#i">B</hi> sind nur einige <hi rendition="#i">A</hi>.</p><lb/>
            <p>Am ungezwungensten würde man sagen:</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[100/0124] Siebzehnte Vorlesung. g. Einige A sind B, aber einige A sind auch nicht B, und einige B nicht A. Uber den Sinn dieser Aussagen in den auch hier bei d, f, e zu- lässigen Degenerationsfällen wo es keine A (oder auch nur ein A) resp. B gibt, ist der vorige Paragraph nachzusehen. Es gelingt, dieselben Beziehungen auch je durch einen einzigen Satz auszudrücken, wenn man sich — über den Sprachgebrauch hinaus- gehend — eines Verfahrens bedient, welches W. Hamilton *) aufgebracht, und von welchem Jevons und Andere viel Aufhebens gemacht haben. Dasselbe wird die Quantifikation des Prädikates genannt, und besteht darin, dass man auch dem Prädikate (wie schon innerhalb des Sprach- gebrauchs den verneinenden Artikel „keine“, so ausserhalb desselben) die Zahlbestimmung „alle“ oder „einige“ beigesellt. Hierdurch bekommen wir für: d = (A = B): Alle A sind alle B. f = (A ⊂ B): Alle A sind nur einige B. e = (A ⊃ B): Nur einige A sind alle B. α = g = (A  B): Nur einige A sind nur einige B. Man kann auch die Partikel „nur“ fortlassen, wenn man en bloc erklärt, dass hier „einige“ auch im Gegensatz stehen solle zu „alle“. Im übrigen sollten diese Urteile als umkehrbare, konvertible gelten (wie früher, vergl. Bd. 1, S. 242, wenn wir sagten: „dies ist alles“, oder: „dies ist einiges von dem, was man schuldet“, oder dergleichen), die Kopula „sind“ sollte also die Kraft des Gleichheitszeichens haben, das Urteil die Identität von Subjekt und Prädikat statuiren. Es wird sich jedoch sogleich zeigen, dass dieses nicht durchaus angängig. Bei „alle A“ und „alle B“ muss wieder auch der Fall zugelassen sein, dass solche gar nicht in Betracht kommen können, weil es sie gar nicht gibt, dass also die Bedeutung der betreffenden Klasse 0 oder „nichts“ ist. Bei d hat dies keine Schwierigkeit im Gefolge. Dagegen bei f und e müsste man entweder zugeben, dass „nur einige“ B resp. A sich auch auf 0 reduziren dürften — entgegen den fundamentalen, die Bedeutung von „einige“ stipulirenden Festsetzungen — oder man muss die Sätze f, e — anstatt, wie gesagt, als Gleichungen — in diesen Grenzfällen doch nur als Subsumtionen auffassen, den letztern e dann umkehrend in: Alle B sind nur einige A. Am ungezwungensten würde man sagen: *) Die Priorität gebührt nach Jevons11 dem Botaniker G. Bentham.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0201_1891
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0201_1891/124
Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0201_1891/124>, abgerufen am 27.11.2024.