Multiplikation verhält sich distributiv zur Addition, aber nicht umge- kehrt. Im identischen Kalkul dagegen stehen Addition und Multiplika- tion in gegenseitig distributivem Zusammenhange.
Da die Formel 27x) die beiden vorhergehenden Subsumtionen 26x) und 25x) ohnehin umfasst, so verlohnt es natürlich nicht, diese beiden, weniger besagenden Sätze einzeln in Worte zu kleiden und sich ge- sondert einzuprägen, sondern wird es vorzuziehen sein und hinreichen, dies nur mit dem inhaltreicheren Satze 27x) zu thun. Wir durften daher auf jenes verzichten, und begnügen wir uns, das letztere gethan zu haben.
Dass nun die Formeln 27) -- und damit auch die vorhergehen- den 26) -- in der That Geltung haben, lehrt für die bisher als an- schauliches Substrat benutzten Flächengebiete oder Klassen von Punkten der Ebene zunächst die Anschauung. Man überzeugt sich nämlich son- der Mühe, dass sowol die linke als die rechte Seite einer jeden Glei- chung 27) bezüglich denselben in der folgenden Figur schraffirten Teil der Gebiete a, b, c vorstellt:
[Abbildung]
Fig. 15x.
[Abbildung]
Fig. 15+.
Die Anschauung konnte auch benutzt werden um alle bisherigen Sätze des Gebietekalkuls unmittelbar als richtig zu erkennen. Doch wird man zugeben, dass dies kein Beweis derselben sein würde, unter welchem ja ihre (bewusste) Zurückführung auf die bisherigen Defini- tionen (1) bis (3) durch zwingende nach den Prinzipien (I und II) ausdrücklich erfolgende Schlüsse zu verstehen ist.
Sonach erscheinen auch die Sätze 27) bis jetzt noch als unbe- wiesen.
Die Unmöglichkeit, ihren Beweis auf der Grundlage des Bisherigen zu leisten, kann völlig ausser Zweifel gestellt werden auf eine Weise, die ich jetzt auseinandersetzen will.
Ein solcher "negativer" Beweis kann nur durch Exemplifikation geleistet werden.
Eine allgemeine Behauptung wird als in dieser Allgemeinheit ungültig erwiesen sein, sobald man auch nur ein einziges Beispiel nachweist, für
Sechste Vorlesung.
Multiplikation verhält sich distributiv zur Addition, aber nicht umge- kehrt. Im identischen Kalkul dagegen stehen Addition und Multiplika- tion in gegenseitig distributivem Zusammenhange.
Da die Formel 27×) die beiden vorhergehenden Subsumtionen 26×) und 25×) ohnehin umfasst, so verlohnt es natürlich nicht, diese beiden, weniger besagenden Sätze einzeln in Worte zu kleiden und sich ge- sondert einzuprägen, sondern wird es vorzuziehen sein und hinreichen, dies nur mit dem inhaltreicheren Satze 27×) zu thun. Wir durften daher auf jenes verzichten, und begnügen wir uns, das letztere gethan zu haben.
Dass nun die Formeln 27) — und damit auch die vorhergehen- den 26) — in der That Geltung haben, lehrt für die bisher als an- schauliches Substrat benutzten Flächengebiete oder Klassen von Punkten der Ebene zunächst die Anschauung. Man überzeugt sich nämlich son- der Mühe, dass sowol die linke als die rechte Seite einer jeden Glei- chung 27) bezüglich denselben in der folgenden Figur schraffirten Teil der Gebiete a, b, c vorstellt:
[Abbildung]
Fig. 15×.
[Abbildung]
Fig. 15+.
Die Anschauung konnte auch benutzt werden um alle bisherigen Sätze des Gebietekalkuls unmittelbar als richtig zu erkennen. Doch wird man zugeben, dass dies kein Beweis derselben sein würde, unter welchem ja ihre (bewusste) Zurückführung auf die bisherigen Defini- tionen (1) bis (3) durch zwingende nach den Prinzipien (I und II) ausdrücklich erfolgende Schlüsse zu verstehen ist.
Sonach erscheinen auch die Sätze 27) bis jetzt noch als unbe- wiesen.
Die Unmöglichkeit, ihren Beweis auf der Grundlage des Bisherigen zu leisten, kann völlig ausser Zweifel gestellt werden auf eine Weise, die ich jetzt auseinandersetzen will.
Ein solcher „negativer“ Beweis kann nur durch Exemplifikation geleistet werden.
Eine allgemeine Behauptung wird als in dieser Allgemeinheit ungültig erwiesen sein, sobald man auch nur ein einziges Beispiel nachweist, für
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0306"n="286"/><fwplace="top"type="header">Sechste Vorlesung.</fw><lb/>
Multiplikation verhält sich distributiv zur Addition, aber nicht umge-<lb/>
kehrt. <hirendition="#i">Im identischen Kalkul</hi> dagegen <hirendition="#i">stehen Addition und Multiplika-<lb/>
tion in gegenseitig distributivem Zusammenhange</hi>.</p><lb/><p>Da die Formel 27<hirendition="#sub">×</hi>) die beiden vorhergehenden Subsumtionen 26<hirendition="#sub">×</hi>)<lb/>
und 25<hirendition="#sub">×</hi>) ohnehin umfasst, so verlohnt es natürlich nicht, diese beiden,<lb/>
weniger besagenden Sätze einzeln in Worte zu kleiden und sich ge-<lb/>
sondert einzuprägen, sondern wird es vorzuziehen sein und hinreichen,<lb/>
dies nur mit dem inhaltreicheren Satze 27<hirendition="#sub">×</hi>) zu thun. Wir durften<lb/>
daher auf jenes verzichten, und begnügen wir uns, das letztere gethan<lb/>
zu haben.</p><lb/><p><hirendition="#i">Dass nun die Formeln</hi> 27) — und damit auch die vorhergehen-<lb/>
den 26) —<hirendition="#i">in der That Geltung haben</hi>, <hirendition="#i">lehrt</hi> für die bisher als an-<lb/>
schauliches Substrat benutzten Flächengebiete oder Klassen von Punkten<lb/>
der Ebene zunächst <hirendition="#i">die Anschauung</hi>. Man überzeugt sich nämlich son-<lb/>
der Mühe, dass sowol die <hirendition="#i">linke</hi> als die <hirendition="#i">rechte</hi> Seite einer jeden Glei-<lb/>
chung 27) bezüglich <hirendition="#i">denselben</hi> in der folgenden Figur schraffirten Teil<lb/>
der Gebiete <hirendition="#i">a</hi>, <hirendition="#i">b</hi>, <hirendition="#i">c</hi> vorstellt:<lb/><table><row><cell><figure><head>Fig. 15<hirendition="#sub">×</hi>.</head></figure></cell><cell><lb/><figure><head>Fig. 15<hirendition="#sub">+</hi>.</head></figure></cell></row><lb/></table></p><p>Die Anschauung konnte auch benutzt werden um <hirendition="#i">alle</hi> bisherigen<lb/>
Sätze des Gebietekalkuls unmittelbar als richtig zu erkennen. Doch<lb/>
wird man zugeben, dass dies kein <hirendition="#i">Beweis</hi> derselben sein würde, unter<lb/>
welchem ja ihre (bewusste) Zurückführung auf die bisherigen Defini-<lb/>
tionen (1) bis (3) durch zwingende nach den Prinzipien (I und II)<lb/>
ausdrücklich erfolgende Schlüsse zu verstehen ist.</p><lb/><p>Sonach erscheinen auch die Sätze 27) bis jetzt noch als unbe-<lb/>
wiesen.</p><lb/><p>Die <hirendition="#i">Unmöglichkeit</hi>, ihren Beweis <hirendition="#i">auf der Grundlage des Bisherigen</hi><lb/>
zu leisten, kann völlig ausser Zweifel gestellt werden auf eine Weise,<lb/>
die ich jetzt auseinandersetzen will.</p><lb/><p>Ein solcher „negativer“ Beweis kann nur durch <hirendition="#i">Exemplifikation</hi><lb/>
geleistet werden.</p><lb/><p>Eine allgemeine Behauptung wird als in dieser Allgemeinheit ungültig<lb/>
erwiesen sein, sobald man auch nur ein einziges Beispiel nachweist, für<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[286/0306]
Sechste Vorlesung.
Multiplikation verhält sich distributiv zur Addition, aber nicht umge-
kehrt. Im identischen Kalkul dagegen stehen Addition und Multiplika-
tion in gegenseitig distributivem Zusammenhange.
Da die Formel 27×) die beiden vorhergehenden Subsumtionen 26×)
und 25×) ohnehin umfasst, so verlohnt es natürlich nicht, diese beiden,
weniger besagenden Sätze einzeln in Worte zu kleiden und sich ge-
sondert einzuprägen, sondern wird es vorzuziehen sein und hinreichen,
dies nur mit dem inhaltreicheren Satze 27×) zu thun. Wir durften
daher auf jenes verzichten, und begnügen wir uns, das letztere gethan
zu haben.
Dass nun die Formeln 27) — und damit auch die vorhergehen-
den 26) — in der That Geltung haben, lehrt für die bisher als an-
schauliches Substrat benutzten Flächengebiete oder Klassen von Punkten
der Ebene zunächst die Anschauung. Man überzeugt sich nämlich son-
der Mühe, dass sowol die linke als die rechte Seite einer jeden Glei-
chung 27) bezüglich denselben in der folgenden Figur schraffirten Teil
der Gebiete a, b, c vorstellt:
[Abbildung Fig. 15×.]
[Abbildung Fig. 15+.]
Die Anschauung konnte auch benutzt werden um alle bisherigen
Sätze des Gebietekalkuls unmittelbar als richtig zu erkennen. Doch
wird man zugeben, dass dies kein Beweis derselben sein würde, unter
welchem ja ihre (bewusste) Zurückführung auf die bisherigen Defini-
tionen (1) bis (3) durch zwingende nach den Prinzipien (I und II)
ausdrücklich erfolgende Schlüsse zu verstehen ist.
Sonach erscheinen auch die Sätze 27) bis jetzt noch als unbe-
wiesen.
Die Unmöglichkeit, ihren Beweis auf der Grundlage des Bisherigen
zu leisten, kann völlig ausser Zweifel gestellt werden auf eine Weise,
die ich jetzt auseinandersetzen will.
Ein solcher „negativer“ Beweis kann nur durch Exemplifikation
geleistet werden.
Eine allgemeine Behauptung wird als in dieser Allgemeinheit ungültig
erwiesen sein, sobald man auch nur ein einziges Beispiel nachweist, für
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/306>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.