selben Sinn geben; im gegenteiligen Falle aber wird der letztere un- zulässig, nicht selten lächerlich erscheinen.
Ist b in a b ein "prädikativer Faktor", so kann der Sinn des Pro- duktes a b auch mit "die a (welche, nebenbei gesagt, b sind)" oder mit "a (welches ja b)" vollkommen ausgedrückt werden. Dann ist in der That ab, sowie a b = a; und diese beiden Aussagen sind solche, die wir in der Theorie des Gebietekalkuls auch wirklich als äquivalente, einander gegenseitig bedingende nachweisen, die wir durch Rechnung aus einander ableiten können, vergl. Th. 20).
Dass aber a b = a hier ist, lässt erkennen, dass man einen Fak- tor b, sofern er prädikativ ist, auch ganz unterdrücken, die mit a b bezeichnete Klasse kürzer durch a allein darstellen kann.
Prädikative Faktoren sind also in der rechnenden Logik ohne Be- lang, im Gegensatz zu den determinativen.
So wenigstens, wenn sie wirklich nur eine beiläufige Information geben. Es kommt jedoch auch vor, dass eine Behauptung ab eine folgenschwere Prämisse für weitere Untersuchungen bildet und sich keineswegs von selbst verstand. Mit dieser selbständig hinzustellenden Aussage ab ist dann ein etwa prädikativ mit a verknüpfter Fak- tor b als gleichwertig zu erachten, welcher letztere nun aber eine neue und wesentliche Information enthält. In diesem Falle können wir ihm erst im "Aussagenkalkul" volle Gerechtigkeit widerfahren lassen.
Mit prädikativ erteilten Attributen wird unbewusst oder bewusst im gemeinen Leben, in Journalistik, Kritik, rhetorischen und polemisirenden Schriften ein weit verbreiteter Missbrauch getrieben, darauf gerichtet, im minder wachsamen Leser Voreingenommenheit zu erzeugen, irrige Ansichten einzuschmuggeln, die Zustimmung zu denselben, deren Annahme gewisser- massen zu erschleichen, um unversehens unberechtigte Denkgewohnheiten zu begründen, die sich der wahren Erkenntniss hinderlich erweisen. Wird z. B. gesagt: "der feige Gegner wich dem Kampfe aus" und dann gleich mit der Erzählung fortgefahren, so bleibt dem Hörer meist nicht die Zeit zu überlegen, ob auch das Epitheton "feig" berechtigt gewesen, ob nicht vielleicht gerade das Gefühl der Überlegenheit, eventuell Klugheit, Scho- nung oder Friedensliebe Motiv jenes Ausweichens war. Und dadurch dass mit verschiedenen Variationen des Ausdrucks dergleichen Imputationen mög- lichst oft in jener rasch darüber hingleitenden Form wiederholt zu werden pflegen, gelingt es, in der unkritischen Menge verhängnissvolle Ideenasso- ziationen zu festigen. Auch dem Logikkalkul widerfuhr bereits beinahe ein derartiges Schicksal, indem der Verfasser eines wol besser ungeschrie- ben gebliebenen Buches kaum anders, als mit dem Epitheton "der unfrucht- bare" von demselben spricht. --
Herr Wundt will die "Determination" anders aufgefasst wissen, als -- so viel ich sehen kann -- alle übrigen Schriftsteller über diesen Gegen-
§ 8. Interpretation für Klassen.
selben Sinn geben; im gegenteiligen Falle aber wird der letztere un- zulässig, nicht selten lächerlich erscheinen.
Ist b in a b ein „prädikativer Faktor“, so kann der Sinn des Pro- duktes a b auch mit „die a (welche, nebenbei gesagt, ⋹ b sind)“ oder mit „a (welches ja ⋹ b)“ vollkommen ausgedrückt werden. Dann ist in der That a ⋹ b, sowie a b = a; und diese beiden Aussagen sind solche, die wir in der Theorie des Gebietekalkuls auch wirklich als äquivalente, einander gegenseitig bedingende nachweisen, die wir durch Rechnung aus einander ableiten können, vergl. Th. 20).
Dass aber a b = a hier ist, lässt erkennen, dass man einen Fak- tor b, sofern er prädikativ ist, auch ganz unterdrücken, die mit a b bezeichnete Klasse kürzer durch a allein darstellen kann.
Prädikative Faktoren sind also in der rechnenden Logik ohne Be- lang, im Gegensatz zu den determinativen.
So wenigstens, wenn sie wirklich nur eine beiläufige Information geben. Es kommt jedoch auch vor, dass eine Behauptung a ⋹ b eine folgenschwere Prämisse für weitere Untersuchungen bildet und sich keineswegs von selbst verstand. Mit dieser selbständig hinzustellenden Aussage a ⋹ b ist dann ein etwa prädikativ mit a verknüpfter Fak- tor b als gleichwertig zu erachten, welcher letztere nun aber eine neue und wesentliche Information enthält. In diesem Falle können wir ihm erst im „Aussagenkalkul“ volle Gerechtigkeit widerfahren lassen.
Mit prädikativ erteilten Attributen wird unbewusst oder bewusst im gemeinen Leben, in Journalistik, Kritik, rhetorischen und polemisirenden Schriften ein weit verbreiteter Missbrauch getrieben, darauf gerichtet, im minder wachsamen Leser Voreingenommenheit zu erzeugen, irrige Ansichten einzuschmuggeln, die Zustimmung zu denselben, deren Annahme gewisser- massen zu erschleichen, um unversehens unberechtigte Denkgewohnheiten zu begründen, die sich der wahren Erkenntniss hinderlich erweisen. Wird z. B. gesagt: „der feige Gegner wich dem Kampfe aus“ und dann gleich mit der Erzählung fortgefahren, so bleibt dem Hörer meist nicht die Zeit zu überlegen, ob auch das Epitheton „feig“ berechtigt gewesen, ob nicht vielleicht gerade das Gefühl der Überlegenheit, eventuell Klugheit, Scho- nung oder Friedensliebe Motiv jenes Ausweichens war. Und dadurch dass mit verschiedenen Variationen des Ausdrucks dergleichen Imputationen mög- lichst oft in jener rasch darüber hingleitenden Form wiederholt zu werden pflegen, gelingt es, in der unkritischen Menge verhängnissvolle Ideenasso- ziationen zu festigen. Auch dem Logikkalkul widerfuhr bereits beinahe ein derartiges Schicksal, indem der Verfasser eines wol besser ungeschrie- ben gebliebenen Buches kaum anders, als mit dem Epitheton „der unfrucht- bare“ von demselben spricht. —
Herr Wundt will die „Determination“ anders aufgefasst wissen, als — so viel ich sehen kann — alle übrigen Schriftsteller über diesen Gegen-
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§ 8. Interpretation für Klassen.
selben Sinn geben; im gegenteiligen Falle aber wird der letztere un-
zulässig, nicht selten lächerlich erscheinen.
Ist b in a b ein „prädikativer Faktor“, so kann der Sinn des Pro-
duktes a b auch mit „die a (welche, nebenbei gesagt, ⋹ b sind)“ oder
mit „a (welches ja ⋹ b)“ vollkommen ausgedrückt werden. Dann ist
in der That a ⋹ b, sowie a b = a; und diese beiden Aussagen sind
solche, die wir in der Theorie des Gebietekalkuls auch wirklich als
äquivalente, einander gegenseitig bedingende nachweisen, die wir durch
Rechnung aus einander ableiten können, vergl. Th. 20).
Dass aber a b = a hier ist, lässt erkennen, dass man einen Fak-
tor b, sofern er prädikativ ist, auch ganz unterdrücken, die mit a b
bezeichnete Klasse kürzer durch a allein darstellen kann.
Prädikative Faktoren sind also in der rechnenden Logik ohne Be-
lang, im Gegensatz zu den determinativen.
So wenigstens, wenn sie wirklich nur eine beiläufige Information
geben. Es kommt jedoch auch vor, dass eine Behauptung a ⋹ b eine
folgenschwere Prämisse für weitere Untersuchungen bildet und sich
keineswegs von selbst verstand. Mit dieser selbständig hinzustellenden
Aussage a ⋹ b ist dann ein etwa prädikativ mit a verknüpfter Fak-
tor b als gleichwertig zu erachten, welcher letztere nun aber eine
neue und wesentliche Information enthält. In diesem Falle können wir
ihm erst im „Aussagenkalkul“ volle Gerechtigkeit widerfahren lassen.
Mit prädikativ erteilten Attributen wird unbewusst oder bewusst im
gemeinen Leben, in Journalistik, Kritik, rhetorischen und polemisirenden
Schriften ein weit verbreiteter Missbrauch getrieben, darauf gerichtet, im
minder wachsamen Leser Voreingenommenheit zu erzeugen, irrige Ansichten
einzuschmuggeln, die Zustimmung zu denselben, deren Annahme gewisser-
massen zu erschleichen, um unversehens unberechtigte Denkgewohnheiten
zu begründen, die sich der wahren Erkenntniss hinderlich erweisen. Wird
z. B. gesagt: „der feige Gegner wich dem Kampfe aus“ und dann gleich
mit der Erzählung fortgefahren, so bleibt dem Hörer meist nicht die Zeit
zu überlegen, ob auch das Epitheton „feig“ berechtigt gewesen, ob nicht
vielleicht gerade das Gefühl der Überlegenheit, eventuell Klugheit, Scho-
nung oder Friedensliebe Motiv jenes Ausweichens war. Und dadurch dass
mit verschiedenen Variationen des Ausdrucks dergleichen Imputationen mög-
lichst oft in jener rasch darüber hingleitenden Form wiederholt zu werden
pflegen, gelingt es, in der unkritischen Menge verhängnissvolle Ideenasso-
ziationen zu festigen. Auch dem Logikkalkul widerfuhr bereits beinahe
ein derartiges Schicksal, indem der Verfasser eines wol besser ungeschrie-
ben gebliebenen Buches kaum anders, als mit dem Epitheton „der unfrucht-
bare“ von demselben spricht. —
Herr Wundt will die „Determination“ anders aufgefasst wissen, als
— so viel ich sehen kann — alle übrigen Schriftsteller über diesen Gegen-
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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/243>, abgerufen am 27.11.2024.
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