Bei dem Kalkul mit Klassen enthalten die letzten Postulate die Forderungen:
von einer gegebenen Klasse von Individuen diejenigen abzusondern, welche zugleich einer andern Klasse angehören
zwei gedachte Klassen in eine ein- zige zu verschmelzen, welche die Individuen der beiden sämtlich enthält
-- Forderungen, denen der menschliche Geist gewachsen erscheint.
Man sieht: die identische
Multiplikation
Addition
läuft auf eine
Absonderung, Selektion
Zusammenfassung, Kollektion
hinaus; bei
ersterer werden aus der einen Klasse die Individuen der andern "(her)ausgelesen".
letzterer werden die Individuen der beiden Klassen zu einer ein- zigen Klasse gesammelt, "zusammen- gelesen".*)
Allemal entsteht hiebei aus den gegebenen Klassen eine neue, welche zu jenen in einer bestimmten Beziehung steht, und zwar in einer ganz fundamentalen Beziehung, welche erscheint als eine der denkbar einfachsten und am nächsten liegenden oder ursprünglichsten Beziehungen, die sich naturgemäss zu allererst der Beachtung dar- bieten. Indem nun die Wortsprache gedachte Klassen von Dingen in der Regel mit Gemeinnamen benennt, wie sie ja von Urbeginn haupt- sächlich mit Gemeinnamen operirt, die auf ganze Klassen von Dingen oder Verhältnissen passen, wird sie durch die Darstellung mittelst Worten, verbale Einkleidung der obigen Prozesse ein paar der wich-
*) Letzteres unbeschadet des etwaigen Zweckes einer distributiven Verwen- dung des Zusammenfassungsergebnisses behufs Bildung oder Abgabe auch von generellen Urteilen.
Vierte Vorlesung.
§ 8. Interpretation für Klassen.
Bei dem Kalkul mit Klassen enthalten die letzten Postulate die Forderungen:
von einer gegebenen Klasse von Individuen diejenigen abzusondern, welche zugleich einer andern Klasse angehören
zwei gedachte Klassen in eine ein- zige zu verschmelzen, welche die Individuen der beiden sämtlich enthält
— Forderungen, denen der menschliche Geist gewachsen erscheint.
Man sieht: die identische
Multiplikation
Addition
läuft auf eine
Absonderung, Selektion
Zusammenfassung, Kollektion
hinaus; bei
ersterer werden aus der einen Klasse die Individuen der andern „(her)ausgelesen“.
letzterer werden die Individuen der beiden Klassen zu einer ein- zigen Klasse gesammelt, „zusammen- gelesen“.*)
Allemal entsteht hiebei aus den gegebenen Klassen eine neue, welche zu jenen in einer bestimmten Beziehung steht, und zwar in einer ganz fundamentalen Beziehung, welche erscheint als eine der denkbar einfachsten und am nächsten liegenden oder ursprünglichsten Beziehungen, die sich naturgemäss zu allererst der Beachtung dar- bieten. Indem nun die Wortsprache gedachte Klassen von Dingen in der Regel mit Gemeinnamen benennt, wie sie ja von Urbeginn haupt- sächlich mit Gemeinnamen operirt, die auf ganze Klassen von Dingen oder Verhältnissen passen, wird sie durch die Darstellung mittelst Worten, verbale Einkleidung der obigen Prozesse ein paar der wich-
*) Letzteres unbeschadet des etwaigen Zweckes einer distributiven Verwen- dung des Zusammenfassungsergebnisses behufs Bildung oder Abgabe auch von generellen Urteilen.
<TEI><text><body><pbfacs="#f0237"n="[217]"/><divn="1"><head><hirendition="#g">Vierte Vorlesung</hi>.</head><lb/><divn="2"><head>§ 8. <hirendition="#b">Interpretation für Klassen.</hi></head><lb/><p>Bei dem Kalkul mit <hirendition="#i">Klassen</hi> enthalten die letzten Postulate die<lb/>
Forderungen:<lb/><table><row><cell>von einer gegebenen Klasse von<lb/>
Individuen diejenigen abzusondern,<lb/>
welche zugleich einer andern Klasse<lb/>
angehören</cell><cell>zwei gedachte Klassen in eine ein-<lb/>
zige zu verschmelzen, welche die<lb/>
Individuen der beiden sämtlich<lb/>
enthält</cell></row><lb/></table>— Forderungen, denen der menschliche Geist gewachsen erscheint.</p><lb/><p>Man sieht: <hirendition="#i">die identische</hi><lb/><table><row><cell><hirendition="#i">Multiplikation</hi></cell><cell><hirendition="#i">Addition</hi></cell></row><lb/><row><cell><hirendition="#i">läuft auf eine</hi></cell><cell/></row><lb/><row><cell><hirendition="#i">Absonderung, Selektion</hi></cell><cell><hirendition="#i">Zusammenfassung, Kollektion</hi></cell></row><lb/><row><cell><hirendition="#i">hinaus;</hi> bei</cell><cell/></row><lb/><row><cell>ersterer werden aus der einen<lb/>
Klasse die Individuen der andern<lb/>„(her)<hirendition="#i">ausgelesen</hi>“.</cell><cell>letzterer werden die Individuen<lb/>
der beiden Klassen zu einer ein-<lb/>
zigen Klasse gesammelt, „<hirendition="#i">zusammen-<lb/>
gelesen</hi>“.<noteplace="foot"n="*)">Letzteres unbeschadet des etwaigen Zweckes einer <hirendition="#i">distributiven</hi> Verwen-<lb/>
dung des Zusammenfassungsergebnisses behufs Bildung oder Abgabe auch von<lb/>
generellen Urteilen.</note></cell></row><lb/></table></p><p>Allemal entsteht hiebei aus den gegebenen Klassen eine neue,<lb/>
welche zu jenen in einer bestimmten Beziehung steht, und zwar in<lb/>
einer ganz fundamentalen Beziehung, welche erscheint als eine der<lb/>
denkbar einfachsten und am nächsten liegenden oder ursprünglichsten<lb/>
Beziehungen, die sich naturgemäss zu allererst der Beachtung dar-<lb/>
bieten. Indem nun die <hirendition="#i">Wortsprache</hi> gedachte Klassen von Dingen in<lb/>
der Regel mit Gemeinnamen benennt, wie sie ja von Urbeginn haupt-<lb/>
sächlich mit Gemeinnamen operirt, die auf ganze Klassen von Dingen<lb/>
oder Verhältnissen passen, wird sie durch die Darstellung mittelst<lb/>
Worten, verbale Einkleidung der obigen Prozesse ein paar der wich-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[[217]/0237]
Vierte Vorlesung.
§ 8. Interpretation für Klassen.
Bei dem Kalkul mit Klassen enthalten die letzten Postulate die
Forderungen:
von einer gegebenen Klasse von
Individuen diejenigen abzusondern,
welche zugleich einer andern Klasse
angehören zwei gedachte Klassen in eine ein-
zige zu verschmelzen, welche die
Individuen der beiden sämtlich
enthält
— Forderungen, denen der menschliche Geist gewachsen erscheint.
Man sieht: die identische
Multiplikation Addition
läuft auf eine
Absonderung, Selektion Zusammenfassung, Kollektion
hinaus; bei
ersterer werden aus der einen
Klasse die Individuen der andern
„(her)ausgelesen“. letzterer werden die Individuen
der beiden Klassen zu einer ein-
zigen Klasse gesammelt, „zusammen-
gelesen“. *)
Allemal entsteht hiebei aus den gegebenen Klassen eine neue,
welche zu jenen in einer bestimmten Beziehung steht, und zwar in
einer ganz fundamentalen Beziehung, welche erscheint als eine der
denkbar einfachsten und am nächsten liegenden oder ursprünglichsten
Beziehungen, die sich naturgemäss zu allererst der Beachtung dar-
bieten. Indem nun die Wortsprache gedachte Klassen von Dingen in
der Regel mit Gemeinnamen benennt, wie sie ja von Urbeginn haupt-
sächlich mit Gemeinnamen operirt, die auf ganze Klassen von Dingen
oder Verhältnissen passen, wird sie durch die Darstellung mittelst
Worten, verbale Einkleidung der obigen Prozesse ein paar der wich-
*) Letzteres unbeschadet des etwaigen Zweckes einer distributiven Verwen-
dung des Zusammenfassungsergebnisses behufs Bildung oder Abgabe auch von
generellen Urteilen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. [217]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/237>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.