dem Übrigen getrennt, zum Bewusstsein, bietet es isolirt der Aufmerk- samkeit, der Beachtung dar, und hält es zu weiterer Verwendung dis- ponibel. Mitunter richtet sie auch das Ganze in neue zu anderweitiger Förderung der Erkenntniss geeignetere Formen her.
Sie zieht -- um ein anderes Bild zu gebrauchen -- die im Schachte freilich bereits vorhanden gewesenen Edelsteine an das Tageslicht, gibt ihnen Schliff und Fassung.
Dass diese Deduktion aber eine Kunst ist, welche in den meisten Fällen gar nicht so nahe liegt, deren Methode oft nicht leicht zu entdecken, zeigen fast alle Untersuchungen aus dem Gebiete der reinen und angewandten Mathematik, ebenso die komplizirteren Aufgaben in gegenwärtiger Schrift.
Um es zur Stelle durch ein Beispiel darzuthun, welches keine Vor- kenntnisse erfordert, lege ich dem Leser eine ganz einfache Aufgabe (aus der allgemeinen Theorie der Verknüpfung) vor.
Es mögen a, b, c beliebige Elemente einer Mannigfaltigkeit und a b das Resultat einer Verknüpfung von a mit b bedeuten, von der wir au- nehmen, dass sie jeweils wieder ein bestimmtes Element derselben Mannig- faltigkeit liefere; m. a. W. es sollen irgend zwei Elemente, in bestimmter Folge genommen, sich immer "eindeutig" zu einem dritten verknüpfen lassen. Die Knüpfung sei auch "eindeutig umkehrbar", d. h. wenn a allein, oder b allein, durch ein anderes Element ersetzt, geändert wird, so soll auch a b sich ändern.
Wenn nun die Knüpfung z. B. das Gesetz befolgt, dass allgemein immer (a b) (b c) = a c ist, so soll die Frage entschieden werden, ob a b = b a durchaus zu gelten habe (die Knüpfung "kommutativ" sein müsse), oder aber, ob nicht vielleicht in besondern Fällen ein Knüpfungsergebniss a b von dem b a verschieden sein könne?
Jene Frage ist zu bejahen (die letztere zu verneinen), sie wäre da- gegen, wenn das Gesetz der Knüpfung ein wenig anders, nämlich (a b) (b c) = c a gelautet hätte, zu verneinen.
Diese Antwort auf die gestellte Frage steckt bei der ersten sowol als bei der etwas abgeänderten zweiten Aufgabe ebenfalls ganz und gar schon in den Prämissen, aber doch ziemlich verhüllt. Man versuche doch einmal, sie aus den Prämissen herauszuschälen! Ich will dies hier unterlassen, da die Betrachtung in eine andere (in gewissem Sinne speziellere) Disziplin gehört. --
Ich bemerke nur noch, dass man unter den "Elementen" sich auch Zahlen z. B. vorstellen darf, und das Knüpfungsergebniss a b dann -- im mathematischen Sinne -- irgend eine "Funktion" f (a, b) der zwei Argu- mente a und b bedeuten wird, die eindeutig umkebrbar sein muss. Erfüllt diese nun die Funktionalgleichung (und es gibt solche Funktionen): f {f (a, b), f (b, c)} = f (a, c), so wird sie auch "symmetrisch" sein, nämlich f (a, b) = f (b, a) für alle Werte von a und b sein müssen. --
Wie oft nicht finden wir aber -- ganz ähnlich wie bei der vorliegenden
Zweite Vorlesung.
dem Übrigen getrennt, zum Bewusstsein, bietet es isolirt der Aufmerk- samkeit, der Beachtung dar, und hält es zu weiterer Verwendung dis- ponibel. Mitunter richtet sie auch das Ganze in neue zu anderweitiger Förderung der Erkenntniss geeignetere Formen her.
Sie zieht — um ein anderes Bild zu gebrauchen — die im Schachte freilich bereits vorhanden gewesenen Edelsteine an das Tageslicht, gibt ihnen Schliff und Fassung.
Dass diese Deduktion aber eine Kunst ist, welche in den meisten Fällen gar nicht so nahe liegt, deren Methode oft nicht leicht zu entdecken, zeigen fast alle Untersuchungen aus dem Gebiete der reinen und angewandten Mathematik, ebenso die komplizirteren Aufgaben in gegenwärtiger Schrift.
Um es zur Stelle durch ein Beispiel darzuthun, welches keine Vor- kenntnisse erfordert, lege ich dem Leser eine ganz einfache Aufgabe (aus der allgemeinen Theorie der Verknüpfung) vor.
Es mögen a, b, c beliebige Elemente einer Mannigfaltigkeit und a b das Resultat einer Verknüpfung von a mit b bedeuten, von der wir au- nehmen, dass sie jeweils wieder ein bestimmtes Element derselben Mannig- faltigkeit liefere; m. a. W. es sollen irgend zwei Elemente, in bestimmter Folge genommen, sich immer „eindeutig“ zu einem dritten verknüpfen lassen. Die Knüpfung sei auch „eindeutig umkehrbar“, d. h. wenn a allein, oder b allein, durch ein anderes Element ersetzt, geändert wird, so soll auch a b sich ändern.
Wenn nun die Knüpfung z. B. das Gesetz befolgt, dass allgemein immer (a b) (b c) = a c ist, so soll die Frage entschieden werden, ob a b = b a durchaus zu gelten habe (die Knüpfung „kommutativ“ sein müsse), oder aber, ob nicht vielleicht in besondern Fällen ein Knüpfungsergebniss a b von dem b a verschieden sein könne?
Jene Frage ist zu bejahen (die letztere zu verneinen), sie wäre da- gegen, wenn das Gesetz der Knüpfung ein wenig anders, nämlich (a b) (b c) = c a gelautet hätte, zu verneinen.
Diese Antwort auf die gestellte Frage steckt bei der ersten sowol als bei der etwas abgeänderten zweiten Aufgabe ebenfalls ganz und gar schon in den Prämissen, aber doch ziemlich verhüllt. Man versuche doch einmal, sie aus den Prämissen herauszuschälen! Ich will dies hier unterlassen, da die Betrachtung in eine andere (in gewissem Sinne speziellere) Disziplin gehört. —
Ich bemerke nur noch, dass man unter den „Elementen“ sich auch Zahlen z. B. vorstellen darf, und das Knüpfungsergebniss a b dann — im mathematischen Sinne — irgend eine „Funktion“ f (a, b) der zwei Argu- mente a und b bedeuten wird, die eindeutig umkebrbar sein muss. Erfüllt diese nun die Funktionalgleichung (und es gibt solche Funktionen): f {f (a, b), f (b, c)} = f (a, c), so wird sie auch „symmetrisch“ sein, nämlich f (a, b) = f (b, a) für alle Werte von a und b sein müssen. —
Wie oft nicht finden wir aber — ganz ähnlich wie bei der vorliegenden
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Zweite Vorlesung.
dem Übrigen getrennt, zum Bewusstsein, bietet es isolirt der Aufmerk-
samkeit, der Beachtung dar, und hält es zu weiterer Verwendung dis-
ponibel. Mitunter richtet sie auch das Ganze in neue zu anderweitiger
Förderung der Erkenntniss geeignetere Formen her.
Sie zieht — um ein anderes Bild zu gebrauchen — die im Schachte
freilich bereits vorhanden gewesenen Edelsteine an das Tageslicht, gibt
ihnen Schliff und Fassung.
Dass diese Deduktion aber eine Kunst ist, welche in den meisten
Fällen gar nicht so nahe liegt, deren Methode oft nicht leicht zu entdecken,
zeigen fast alle Untersuchungen aus dem Gebiete der reinen und angewandten
Mathematik, ebenso die komplizirteren Aufgaben in gegenwärtiger Schrift.
Um es zur Stelle durch ein Beispiel darzuthun, welches keine Vor-
kenntnisse erfordert, lege ich dem Leser eine ganz einfache Aufgabe (aus
der allgemeinen Theorie der Verknüpfung) vor.
Es mögen a, b, c beliebige Elemente einer Mannigfaltigkeit und a b
das Resultat einer Verknüpfung von a mit b bedeuten, von der wir au-
nehmen, dass sie jeweils wieder ein bestimmtes Element derselben Mannig-
faltigkeit liefere; m. a. W. es sollen irgend zwei Elemente, in bestimmter
Folge genommen, sich immer „eindeutig“ zu einem dritten verknüpfen
lassen. Die Knüpfung sei auch „eindeutig umkehrbar“, d. h. wenn a allein,
oder b allein, durch ein anderes Element ersetzt, geändert wird, so soll
auch a b sich ändern.
Wenn nun die Knüpfung z. B. das Gesetz befolgt, dass allgemein
immer (a b) (b c) = a c ist, so soll die Frage entschieden werden, ob a b
= b a durchaus zu gelten habe (die Knüpfung „kommutativ“ sein müsse),
oder aber, ob nicht vielleicht in besondern Fällen ein Knüpfungsergebniss
a b von dem b a verschieden sein könne?
Jene Frage ist zu bejahen (die letztere zu verneinen), sie wäre da-
gegen, wenn das Gesetz der Knüpfung ein wenig anders, nämlich (a b) (b c)
= c a gelautet hätte, zu verneinen.
Diese Antwort auf die gestellte Frage steckt bei der ersten sowol als
bei der etwas abgeänderten zweiten Aufgabe ebenfalls ganz und gar schon
in den Prämissen, aber doch ziemlich verhüllt. Man versuche doch einmal,
sie aus den Prämissen herauszuschälen! Ich will dies hier unterlassen, da
die Betrachtung in eine andere (in gewissem Sinne speziellere) Disziplin
gehört. —
Ich bemerke nur noch, dass man unter den „Elementen“ sich auch
Zahlen z. B. vorstellen darf, und das Knüpfungsergebniss a b dann — im
mathematischen Sinne — irgend eine „Funktion“ f (a, b) der zwei Argu-
mente a und b bedeuten wird, die eindeutig umkebrbar sein muss. Erfüllt
diese nun die Funktionalgleichung (und es gibt solche Funktionen):
f {f (a, b), f (b, c)} = f (a, c),
so wird sie auch „symmetrisch“ sein, nämlich f (a, b) = f (b, a) für alle
Werte von a und b sein müssen. —
Wie oft nicht finden wir aber — ganz ähnlich wie bei der vorliegenden
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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/196>, abgerufen am 22.11.2024.
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