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Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858.

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8. -- 16. JAHR. KÖRPERL. SEITE. KÖRPER-FORM, HALTUNGEN U. GEWOHNHEITEN.
langt, wenigstens beim freien Sitzen, noch eine ziemlich kräf-
tige Thätigkeit der Rücken- und Nackenmuskeln. Wesentlich
erleichtert wird die Thätigkeit dieser Muskeln allerdings, wenn,
wie beim Arbeiten an der Tafel, durch Auflegen der Ellbögen
Stützpunkte für den Oberkörper hinzukommen. Aber auch
dann selbst befindet sich Rücken und Nacken noch nicht im
Ruhezustande.

Um daher die Kinder vor Zumuthungen sicher zu stellen,
welche über ihre Kräfte gehen, muss man auch in dieser Hin-
sicht bei genauer Individualisirung einen allgemeinen durch-
schnittlichen Maassstab im Auge behalten. Dieser würde etwa
der sein: dass bis zum zehnten Lebensjahre die Kinder nie
mehr als zwei, später nie mehr als höchstens drei Stunden
hintereinander sitzend beschäftigt sein dürften. Ueberall,
wo die Verhältnisse eine das angegebene Maass an Dauer
überschreitende Beschäftigung der Kinder unvermeidlich ma-
chen, sei es in Schulen, sei es in Fabriken oder sonstwo,
sollte wenigstens dafür Sorge getragen sein, dass den Kindern
in der Mitte ihrer Arbeitszeit Gelegenheit geboten würde, die
sitzende Stellung mit einer freien körperlichen Bewegung und
Erholung wenigstens auf eine volle Viertel- bis halbe Stunde
zu vertauschen. Denn schon der Wechsel der Muskelthätig-
keit ist Erholung. Die gewöhnlichen Pausen zwischen den
einzelnen Unterrichtsstunden in den Schulen, wobei die Kinder
kaum ihren Platz verlassen und nichts weniger als sich be-
haglich austummeln können, erfüllen diesen Zweck nicht.*)
Sehr schwächliche Kinder, namentlich solche, deren Rücken-
muskeln in einem vorzugsweise schlaffen Zustande sich befin-
den (man erkennt dies daran, dass jede etwas andauernde
straffe Körperhaltung selbst beim besten Willen ungewöhn-
liche Anstrengung verursacht), sollte man nach jeder Stunde,
die sie sitzend zugebracht haben, wenigstens 5 Minuten lang
liegend ausruhen lassen.

Endlich ist auch darauf Bedacht zu nehmen, dass da, wo

*) Vergl. weiter unten: "die speciellen Wünsche" in Betreff des Un-
terrichtes.


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langt, wenigstens beim freien Sitzen, noch eine ziemlich kräf-
tige Thätigkeit der Rücken- und Nackenmuskeln. Wesentlich
erleichtert wird die Thätigkeit dieser Muskeln allerdings, wenn,
wie beim Arbeiten an der Tafel, durch Auflegen der Ellbögen
Stützpunkte für den Oberkörper hinzukommen. Aber auch
dann selbst befindet sich Rücken und Nacken noch nicht im
Ruhezustande.

Um daher die Kinder vor Zumuthungen sicher zu stellen,
welche über ihre Kräfte gehen, muss man auch in dieser Hin-
sicht bei genauer Individualisirung einen allgemeinen durch-
schnittlichen Maassstab im Auge behalten. Dieser würde etwa
der sein: dass bis zum zehnten Lebensjahre die Kinder nie
mehr als zwei, später nie mehr als höchstens drei Stunden
hintereinander sitzend beschäftigt sein dürften. Ueberall,
wo die Verhältnisse eine das angegebene Maass an Dauer
überschreitende Beschäftigung der Kinder unvermeidlich ma-
chen, sei es in Schulen, sei es in Fabriken oder sonstwo,
sollte wenigstens dafür Sorge getragen sein, dass den Kindern
in der Mitte ihrer Arbeitszeit Gelegenheit geboten würde, die
sitzende Stellung mit einer freien körperlichen Bewegung und
Erholung wenigstens auf eine volle Viertel- bis halbe Stunde
zu vertauschen. Denn schon der Wechsel der Muskelthätig-
keit ist Erholung. Die gewöhnlichen Pausen zwischen den
einzelnen Unterrichtsstunden in den Schulen, wobei die Kinder
kaum ihren Platz verlassen und nichts weniger als sich be-
haglich austummeln können, erfüllen diesen Zweck nicht.*)
Sehr schwächliche Kinder, namentlich solche, deren Rücken-
muskeln in einem vorzugsweise schlaffen Zustande sich befin-
den (man erkennt dies daran, dass jede etwas andauernde
straffe Körperhaltung selbst beim besten Willen ungewöhn-
liche Anstrengung verursacht), sollte man nach jeder Stunde,
die sie sitzend zugebracht haben, wenigstens 5 Minuten lang
liegend ausruhen lassen.

Endlich ist auch darauf Bedacht zu nehmen, dass da, wo

*) Vergl. weiter unten: „die speciellen Wünsche“ in Betreff des Un-
terrichtes.
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[207/0211] 8. — 16. JAHR. KÖRPERL. SEITE. KÖRPER-FORM, HALTUNGEN U. GEWOHNHEITEN. langt, wenigstens beim freien Sitzen, noch eine ziemlich kräf- tige Thätigkeit der Rücken- und Nackenmuskeln. Wesentlich erleichtert wird die Thätigkeit dieser Muskeln allerdings, wenn, wie beim Arbeiten an der Tafel, durch Auflegen der Ellbögen Stützpunkte für den Oberkörper hinzukommen. Aber auch dann selbst befindet sich Rücken und Nacken noch nicht im Ruhezustande. Um daher die Kinder vor Zumuthungen sicher zu stellen, welche über ihre Kräfte gehen, muss man auch in dieser Hin- sicht bei genauer Individualisirung einen allgemeinen durch- schnittlichen Maassstab im Auge behalten. Dieser würde etwa der sein: dass bis zum zehnten Lebensjahre die Kinder nie mehr als zwei, später nie mehr als höchstens drei Stunden hintereinander sitzend beschäftigt sein dürften. Ueberall, wo die Verhältnisse eine das angegebene Maass an Dauer überschreitende Beschäftigung der Kinder unvermeidlich ma- chen, sei es in Schulen, sei es in Fabriken oder sonstwo, sollte wenigstens dafür Sorge getragen sein, dass den Kindern in der Mitte ihrer Arbeitszeit Gelegenheit geboten würde, die sitzende Stellung mit einer freien körperlichen Bewegung und Erholung wenigstens auf eine volle Viertel- bis halbe Stunde zu vertauschen. Denn schon der Wechsel der Muskelthätig- keit ist Erholung. Die gewöhnlichen Pausen zwischen den einzelnen Unterrichtsstunden in den Schulen, wobei die Kinder kaum ihren Platz verlassen und nichts weniger als sich be- haglich austummeln können, erfüllen diesen Zweck nicht. *) Sehr schwächliche Kinder, namentlich solche, deren Rücken- muskeln in einem vorzugsweise schlaffen Zustande sich befin- den (man erkennt dies daran, dass jede etwas andauernde straffe Körperhaltung selbst beim besten Willen ungewöhn- liche Anstrengung verursacht), sollte man nach jeder Stunde, die sie sitzend zugebracht haben, wenigstens 5 Minuten lang liegend ausruhen lassen. Endlich ist auch darauf Bedacht zu nehmen, dass da, wo *) Vergl. weiter unten: „die speciellen Wünsche“ in Betreff des Un- terrichtes.

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Zitationshilfe: Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schreber_kallipaedie_1858/211>, abgerufen am 24.11.2024.