Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858.8. -- 16. JAHR. KÖRPERL. SEITE. KÖRPER-FORM. HALTUNGEN U. GEWOHNHEITEN. chen den Muskeln in der Entwickelung vorauseilen, die letz-teren demnach zu schwach sind, um die verhältnissmässig zu gross und zu schwer gewordenen Körpertheile zu regieren. Nicht selten sind es aber auch blos Fehler der Angewöhnung, entstanden durch fehlerhafte Haltungen bei den Lernbeschäfti- gungen, besonders beim Schreiben. Nicht nur, dass dieselben recht markirte Schönheitsfehler sind, denn sie geben den spre- chendsten Ausdruck der Schlaffheit, Dummheit und Feigheit, sondern sie wirken auch in gesundheitlicher Hinsicht dadurch nachtheilig, dass sie wegen Zusammendrückung des Halses und der Brust die freie Entwickelung der Athmungsorgane beeinträchtigen. Zur Bekämpfung dieser Haltungsfehler ist vor Allem [Abbildung]
Fig. 59.
[Abbildung]
forderlich. Deshalb ist das nächst Nöthige,dass das Ehrgefühl des Kindes in aller Weise für eine bessere Haltung rege gemacht wird. Man lasse das Kind öfter sich seitwärts im Spiegel betrachten, damit es an dem unvor- theilhaften Bilde seiner ganzen Erscheinung selbst Anstoss nehme und durch die zu be- wirkende Regulirung seiner Haltung den Un- terschied sich veranschauliche, dadurch auch das natürliche, unwillkürlich mahnende Ge- fühl der richtigen Haltung sich fest einpräge. Sodann dienen zu diesem Zwecke die weiter hinten angeführten Geh-Uebungen mit durch die Arme gestecktem Stabe. Soll dabei recht entschieden auf Geradehal- tung des Kopfes hingewirkt werden, so er- reicht man dies dadurch am besten, dass man irgend einen kleinen, leicht her- abfallenden Gegenstand (ein Körbchen oder ein Bretchen) gleichzeitig auf dem Kopfe balancirend tragen lässt. Auf intensivere Kräftigung der hierbei am meisten in Betracht kom- menden Muskelpartien wirken zwei gymnastische Uebun- 8. — 16. JAHR. KÖRPERL. SEITE. KÖRPER-FORM. HALTUNGEN U. GEWOHNHEITEN. chen den Muskeln in der Entwickelung vorauseilen, die letz-teren demnach zu schwach sind, um die verhältnissmässig zu gross und zu schwer gewordenen Körpertheile zu regieren. Nicht selten sind es aber auch blos Fehler der Angewöhnung, entstanden durch fehlerhafte Haltungen bei den Lernbeschäfti- gungen, besonders beim Schreiben. Nicht nur, dass dieselben recht markirte Schönheitsfehler sind, denn sie geben den spre- chendsten Ausdruck der Schlaffheit, Dummheit und Feigheit, sondern sie wirken auch in gesundheitlicher Hinsicht dadurch nachtheilig, dass sie wegen Zusammendrückung des Halses und der Brust die freie Entwickelung der Athmungsorgane beeinträchtigen. Zur Bekämpfung dieser Haltungsfehler ist vor Allem [Abbildung]
Fig. 59.
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forderlich. Deshalb ist das nächst Nöthige,dass das Ehrgefühl des Kindes in aller Weise für eine bessere Haltung rege gemacht wird. Man lasse das Kind öfter sich seitwärts im Spiegel betrachten, damit es an dem unvor- theilhaften Bilde seiner ganzen Erscheinung selbst Anstoss nehme und durch die zu be- wirkende Regulirung seiner Haltung den Un- terschied sich veranschauliche, dadurch auch das natürliche, unwillkürlich mahnende Ge- fühl der richtigen Haltung sich fest einpräge. Sodann dienen zu diesem Zwecke die weiter hinten angeführten Geh-Uebungen mit durch die Arme gestecktem Stabe. Soll dabei recht entschieden auf Geradehal- tung des Kopfes hingewirkt werden, so er- reicht man dies dadurch am besten, dass man irgend einen kleinen, leicht her- abfallenden Gegenstand (ein Körbchen oder ein Bretchen) gleichzeitig auf dem Kopfe balancirend tragen lässt. Auf intensivere Kräftigung der hierbei am meisten in Betracht kom- menden Muskelpartien wirken zwei gymnastische Uebun- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0200" n="196"/><fw place="top" type="header">8. — 16. JAHR. KÖRPERL. SEITE. KÖRPER-FORM. HALTUNGEN U. GEWOHNHEITEN.</fw><lb/> chen den Muskeln in der Entwickelung vorauseilen, die letz-<lb/> teren demnach zu schwach sind, um die verhältnissmässig zu<lb/> gross und zu schwer gewordenen Körpertheile zu regieren.<lb/> Nicht selten sind es aber auch blos Fehler der Angewöhnung,<lb/> entstanden durch fehlerhafte Haltungen bei den Lernbeschäfti-<lb/> gungen, besonders beim Schreiben. Nicht nur, dass dieselben<lb/> recht markirte Schönheitsfehler sind, denn sie geben den spre-<lb/> chendsten Ausdruck der Schlaffheit, Dummheit und Feigheit,<lb/> sondern sie wirken auch in gesundheitlicher Hinsicht dadurch<lb/> nachtheilig, dass sie wegen Zusammendrückung des Halses<lb/> und der Brust die freie Entwickelung der Athmungsorgane<lb/> beeinträchtigen.</p><lb/> <p>Zur Bekämpfung dieser Haltungsfehler ist vor Allem<lb/> Uebung und Kräftigung der Rücken- und Nackenmuskeln er-<lb/><figure><head>Fig. 59.</head></figure><lb/><figure/> forderlich. Deshalb ist das nächst Nöthige,<lb/> dass das Ehrgefühl des Kindes in aller Weise<lb/> für eine bessere Haltung rege gemacht wird.<lb/> Man lasse das Kind öfter sich seitwärts im<lb/> Spiegel betrachten, damit es an dem unvor-<lb/> theilhaften Bilde seiner ganzen Erscheinung<lb/> selbst Anstoss nehme und durch die zu be-<lb/> wirkende Regulirung seiner Haltung den Un-<lb/> terschied sich veranschauliche, dadurch auch<lb/> das natürliche, unwillkürlich mahnende Ge-<lb/> fühl der richtigen Haltung sich fest einpräge.<lb/> Sodann dienen zu diesem Zwecke die weiter<lb/> hinten angeführten <hi rendition="#g">Geh-Uebungen mit<lb/> durch die Arme gestecktem Stabe</hi>.<lb/> Soll dabei recht entschieden auf Geradehal-<lb/> tung des Kopfes hingewirkt werden, so er-<lb/> reicht man dies dadurch am besten, dass<lb/><hi rendition="#g">man irgend einen kleinen, leicht her-<lb/> abfallenden Gegenstand</hi> (ein Körbchen<lb/> oder ein Bretchen) <hi rendition="#g">gleichzeitig auf dem<lb/> Kopfe balancirend tragen lässt</hi>. Auf<lb/> intensivere Kräftigung der hierbei am meisten in Betracht kom-<lb/> menden Muskelpartien wirken zwei <hi rendition="#g">gymnastische Uebun-<lb/></hi></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [196/0200]
8. — 16. JAHR. KÖRPERL. SEITE. KÖRPER-FORM. HALTUNGEN U. GEWOHNHEITEN.
chen den Muskeln in der Entwickelung vorauseilen, die letz-
teren demnach zu schwach sind, um die verhältnissmässig zu
gross und zu schwer gewordenen Körpertheile zu regieren.
Nicht selten sind es aber auch blos Fehler der Angewöhnung,
entstanden durch fehlerhafte Haltungen bei den Lernbeschäfti-
gungen, besonders beim Schreiben. Nicht nur, dass dieselben
recht markirte Schönheitsfehler sind, denn sie geben den spre-
chendsten Ausdruck der Schlaffheit, Dummheit und Feigheit,
sondern sie wirken auch in gesundheitlicher Hinsicht dadurch
nachtheilig, dass sie wegen Zusammendrückung des Halses
und der Brust die freie Entwickelung der Athmungsorgane
beeinträchtigen.
Zur Bekämpfung dieser Haltungsfehler ist vor Allem
Uebung und Kräftigung der Rücken- und Nackenmuskeln er-
[Abbildung Fig. 59.]
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forderlich. Deshalb ist das nächst Nöthige,
dass das Ehrgefühl des Kindes in aller Weise
für eine bessere Haltung rege gemacht wird.
Man lasse das Kind öfter sich seitwärts im
Spiegel betrachten, damit es an dem unvor-
theilhaften Bilde seiner ganzen Erscheinung
selbst Anstoss nehme und durch die zu be-
wirkende Regulirung seiner Haltung den Un-
terschied sich veranschauliche, dadurch auch
das natürliche, unwillkürlich mahnende Ge-
fühl der richtigen Haltung sich fest einpräge.
Sodann dienen zu diesem Zwecke die weiter
hinten angeführten Geh-Uebungen mit
durch die Arme gestecktem Stabe.
Soll dabei recht entschieden auf Geradehal-
tung des Kopfes hingewirkt werden, so er-
reicht man dies dadurch am besten, dass
man irgend einen kleinen, leicht her-
abfallenden Gegenstand (ein Körbchen
oder ein Bretchen) gleichzeitig auf dem
Kopfe balancirend tragen lässt. Auf
intensivere Kräftigung der hierbei am meisten in Betracht kom-
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