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Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858.

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2.--7. JAHR. KÖRPERLICHE SEITE. BEKLEIDUNG.
Einwirkungen zu gewähren und besonders dem Körper den
zu seinem Wohlbefinden nöthigen Wärmegrad zu sichern. Da
aber der Wärmegrad des Körpers zunächst abhängt von der
inneren Wärmeentwickelung, und diese verschieden ist, jenach-
dem der Körper sich in Thätigkeit oder Ruhe befindet, so
muss natürlich auch die Bekleidung nicht nur der äusseren
Temperatur, sondern auch den verschiedenen Situationen, in
welchen sich der Körper befindet, angemessen sein, wenn das
Zuviel wie das Zuwenig vermieden werden soll.

So sehr nun eine vernünftige und naturgemässe Abhär-
tung als einer der zu erstrebenden Zielpunkte der Kinderer-
ziehung zu betrachten ist, so ist doch dieselbe keineswegs so
zu verstehen, als wenn damit ein maassloses Entziehen äusse-
rer Wärmemittel gemeint sei. Die vernünftige und naturge-
mässe Abhärtung erstreckt sich mehr auf das Vertragenlernen
einer bald vorübergehenden Einwirkung einer Wärmedifferenz,
als auf ein Gewöhnen an andauerndes Ertragen einer solchen.
Zwar vermag auch dagegen die Gewöhnung den Körper sehr
oft gleichsam abzustumpfen, indem sonst zu erwartende Nach-
theile der Art danach nicht eben bemerklich werden. Doch
leidet der Körper durch jede anhaltend einwirkende und
einen gewissen Grad überschreitende Wärmedifferenz stets,
wenn auch nur durch nicht immer sogleich bemerkbare Herab-
setzung oder Erschöpfung der gesammten Lebensthätigkeit, so-
bald, bei äusserer Kälte, nicht für ausgleichende Wärmeent-
wickelung durch entsprechende gleichzeitige Bewegung, bei
äusserer Hitze, nicht für Mässigung der inneren Wärmeent-
wickelung gesorgt wird. Einzelne Theile oder Stellen des
Körpers, z. B. Kopf und Hals, oder Hände und Füsse, kann
man unbeschadet der allgemeinen Gesundheit auch gegen an-
dauernde Einwirkungen der Kälte wie der Hitze ohne beson-
dere Ausgleichung wohl abhärten, nicht aber die Körperober-
fläche in solchem Umfange, dass das Maass der körperlichen
Gesammttemperatur alterirt wird. Dies ist wohl zu unter-
scheiden.

Kleine Temperaturdifferenzen, ein leichtes Frost-, ein leich-
tes Hitzegefühl, müssen die Kinder aber auch jetzt schon durch

2.—7. JAHR. KÖRPERLICHE SEITE. BEKLEIDUNG.
Einwirkungen zu gewähren und besonders dem Körper den
zu seinem Wohlbefinden nöthigen Wärmegrad zu sichern. Da
aber der Wärmegrad des Körpers zunächst abhängt von der
inneren Wärmeentwickelung, und diese verschieden ist, jenach-
dem der Körper sich in Thätigkeit oder Ruhe befindet, so
muss natürlich auch die Bekleidung nicht nur der äusseren
Temperatur, sondern auch den verschiedenen Situationen, in
welchen sich der Körper befindet, angemessen sein, wenn das
Zuviel wie das Zuwenig vermieden werden soll.

So sehr nun eine vernünftige und naturgemässe Abhär-
tung als einer der zu erstrebenden Zielpunkte der Kinderer-
ziehung zu betrachten ist, so ist doch dieselbe keineswegs so
zu verstehen, als wenn damit ein maassloses Entziehen äusse-
rer Wärmemittel gemeint sei. Die vernünftige und naturge-
mässe Abhärtung erstreckt sich mehr auf das Vertragenlernen
einer bald vorübergehenden Einwirkung einer Wärmedifferenz,
als auf ein Gewöhnen an andauerndes Ertragen einer solchen.
Zwar vermag auch dagegen die Gewöhnung den Körper sehr
oft gleichsam abzustumpfen, indem sonst zu erwartende Nach-
theile der Art danach nicht eben bemerklich werden. Doch
leidet der Körper durch jede anhaltend einwirkende und
einen gewissen Grad überschreitende Wärmedifferenz stets,
wenn auch nur durch nicht immer sogleich bemerkbare Herab-
setzung oder Erschöpfung der gesammten Lebensthätigkeit, so-
bald, bei äusserer Kälte, nicht für ausgleichende Wärmeent-
wickelung durch entsprechende gleichzeitige Bewegung, bei
äusserer Hitze, nicht für Mässigung der inneren Wärmeent-
wickelung gesorgt wird. Einzelne Theile oder Stellen des
Körpers, z. B. Kopf und Hals, oder Hände und Füsse, kann
man unbeschadet der allgemeinen Gesundheit auch gegen an-
dauernde Einwirkungen der Kälte wie der Hitze ohne beson-
dere Ausgleichung wohl abhärten, nicht aber die Körperober-
fläche in solchem Umfange, dass das Maass der körperlichen
Gesammttemperatur alterirt wird. Dies ist wohl zu unter-
scheiden.

Kleine Temperaturdifferenzen, ein leichtes Frost-, ein leich-
tes Hitzegefühl, müssen die Kinder aber auch jetzt schon durch

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[98/0102] 2.—7. JAHR. KÖRPERLICHE SEITE. BEKLEIDUNG. Einwirkungen zu gewähren und besonders dem Körper den zu seinem Wohlbefinden nöthigen Wärmegrad zu sichern. Da aber der Wärmegrad des Körpers zunächst abhängt von der inneren Wärmeentwickelung, und diese verschieden ist, jenach- dem der Körper sich in Thätigkeit oder Ruhe befindet, so muss natürlich auch die Bekleidung nicht nur der äusseren Temperatur, sondern auch den verschiedenen Situationen, in welchen sich der Körper befindet, angemessen sein, wenn das Zuviel wie das Zuwenig vermieden werden soll. So sehr nun eine vernünftige und naturgemässe Abhär- tung als einer der zu erstrebenden Zielpunkte der Kinderer- ziehung zu betrachten ist, so ist doch dieselbe keineswegs so zu verstehen, als wenn damit ein maassloses Entziehen äusse- rer Wärmemittel gemeint sei. Die vernünftige und naturge- mässe Abhärtung erstreckt sich mehr auf das Vertragenlernen einer bald vorübergehenden Einwirkung einer Wärmedifferenz, als auf ein Gewöhnen an andauerndes Ertragen einer solchen. Zwar vermag auch dagegen die Gewöhnung den Körper sehr oft gleichsam abzustumpfen, indem sonst zu erwartende Nach- theile der Art danach nicht eben bemerklich werden. Doch leidet der Körper durch jede anhaltend einwirkende und einen gewissen Grad überschreitende Wärmedifferenz stets, wenn auch nur durch nicht immer sogleich bemerkbare Herab- setzung oder Erschöpfung der gesammten Lebensthätigkeit, so- bald, bei äusserer Kälte, nicht für ausgleichende Wärmeent- wickelung durch entsprechende gleichzeitige Bewegung, bei äusserer Hitze, nicht für Mässigung der inneren Wärmeent- wickelung gesorgt wird. Einzelne Theile oder Stellen des Körpers, z. B. Kopf und Hals, oder Hände und Füsse, kann man unbeschadet der allgemeinen Gesundheit auch gegen an- dauernde Einwirkungen der Kälte wie der Hitze ohne beson- dere Ausgleichung wohl abhärten, nicht aber die Körperober- fläche in solchem Umfange, dass das Maass der körperlichen Gesammttemperatur alterirt wird. Dies ist wohl zu unter- scheiden. Kleine Temperaturdifferenzen, ein leichtes Frost-, ein leich- tes Hitzegefühl, müssen die Kinder aber auch jetzt schon durch

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Zitationshilfe: Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schreber_kallipaedie_1858/102>, abgerufen am 23.11.2024.