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Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676.

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Nachdenkliche Beschreibung
unendlichen Willen übels zu thun/ und wider Gott
zu sündigen. Daher der H. Gregorius recht und nach-
denklich: Ergo nunquam careant supplicio, qui in
hac vita nunquam voluerunt carere peccato.
Und
kan man nicht unrecht also reden: Iniqui ideo cum fi-
ne deliquerunt, quia cum fine vixerunt: Nam vo-
luissent utique si potuissent sine fine vivere ut pos-
sent sine fine peccare. Ostendunt enim, quia in pec-
cato semper vivere cupiunt, qui nunquam desinunt
peccare, dum vivunt.

Gleich wie die Teufele selbst GOtt den Herrn um
Gnade und Verzeihung niemals angeruffen/ auch nach
ihrem erschreklichen Sündenfall die Gnade von GOtt
nicht mehr haben/ Gottes Barmhertzigkeit also anzufle-
hen/ also sind auch die Gottlosen/ die in ihren Todsün-
den also allhier absterben/ in gleichmessigem Zustande
der ewigen Verstokkung/ daß auch nimmermehr in alle
Ewigkeit die Verdamten solten GOtt anruffen und
anflehen können üm Vergebung oder üm Verzeihung:
Und ob die Verdamten wol ihres Peinleidens und grau-
samen Qwaalwesens/ werden auf das alleräusserste über-
drüssig/ drin ungedultigst und gantz verzweifelt und ver-
zaget sein/ davon Anführung vorhin gnugsam gesche-
hen/ so können sie doch in aller ihrer grausamsten Noht
kein Vertrauen noch Zuversicht auf GOttes unendliche
Barmhertzigkeit mehr setzen/ noch einigen Glauben zu
Errettung aus ihrer ewigen Noht mehr fassen/ sonderen
es sind die Verdamten in der Hölle gleichsam durch und
durch den Teufelen gleich worden: Ein solches aber
rühret vornemlich daher: Weil die Bösen und Gott-
losen in ihren verdamlichen Sünden absterben/ und als
ein Baum/ wie der fällt/ müsse liegen bleiben/ und also
in den Stand wieder nicht kommen/ auch nimmermehr
in den Stand wieder angenommen werden/ darin sie

kön-

Nachdenkliche Beſchreibung
unendlichen Willen uͤbels zu thun/ und wider Gott
zu ſuͤndigen. Daher der H. Gregorius recht und nach-
denklich: Ergò nunquam careant ſupplicio, qui in
hac vita nunquam voluerunt carere peccato.
Und
kan man nicht unrecht alſo reden: Iniqui ideo cum fi-
ne deliquerunt, quia cum fine vixerunt: Nam vo-
luiſſent utique ſi potuiſſent ſine fine vivere ut poſ-
ſent ſine fine peccare. Oſtendunt enim, quia in pec-
cato ſemper vivere cupiunt, qui nunquam deſinunt
peccare, dum vivunt.

Gleich wie die Teufele ſelbſt GOtt den Herꝛn um
Gnade und Verzeihung niemals angeruffen/ auch nach
ihrem erſchreklichen Suͤndenfall die Gnade von GOtt
nicht mehr haben/ Gottes Barmhertzigkeit alſo anzufle-
hen/ alſo ſind auch die Gottloſen/ die in ihren Todſuͤn-
den alſo allhier abſterben/ in gleichmeſſigem Zuſtande
der ewigen Verſtokkung/ daß auch nimmermehr in alle
Ewigkeit die Verdamten ſolten GOtt anruffen und
anflehen koͤnnen uͤm Vergebung oder uͤm Verzeihung:
Und ob die Verdamten wol ihres Peinleidens und grau-
ſamen Qwaalweſens/ weꝛden auf das alleꝛaͤuſſerſte uͤber-
druͤſſig/ drin ungedultigſt und gantz verzweifelt und ver-
zaget ſein/ davon Anfuͤhrung vorhin gnugſam geſche-
hen/ ſo koͤnnen ſie doch in aller ihrer grauſamſten Noht
kein Vertrauen noch Zuverſicht auf GOttes unendliche
Barmhertzigkeit mehr ſetzen/ noch einigen Glauben zu
Errettung aus ihrer ewigen Noht mehr faſſen/ ſonderen
es ſind die Verdamten in der Hoͤlle gleichſam durch und
durch den Teufelen gleich worden: Ein ſolches aber
ruͤhret vornemlich daher: Weil die Boͤſen und Gott-
loſen in ihren verdamlichen Suͤnden abſterben/ und als
ein Baum/ wie der faͤllt/ muͤſſe liegen bleiben/ und alſo
in den Stand wieder nicht kommen/ auch nimmermehr
in den Stand wieder angenommen werden/ darin ſie

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[312/0380] Nachdenkliche Beſchreibung unendlichen Willen uͤbels zu thun/ und wider Gott zu ſuͤndigen. Daher der H. Gregorius recht und nach- denklich: Ergò nunquam careant ſupplicio, qui in hac vita nunquam voluerunt carere peccato. Und kan man nicht unrecht alſo reden: Iniqui ideo cum fi- ne deliquerunt, quia cum fine vixerunt: Nam vo- luiſſent utique ſi potuiſſent ſine fine vivere ut poſ- ſent ſine fine peccare. Oſtendunt enim, quia in pec- cato ſemper vivere cupiunt, qui nunquam deſinunt peccare, dum vivunt. Gleich wie die Teufele ſelbſt GOtt den Herꝛn um Gnade und Verzeihung niemals angeruffen/ auch nach ihrem erſchreklichen Suͤndenfall die Gnade von GOtt nicht mehr haben/ Gottes Barmhertzigkeit alſo anzufle- hen/ alſo ſind auch die Gottloſen/ die in ihren Todſuͤn- den alſo allhier abſterben/ in gleichmeſſigem Zuſtande der ewigen Verſtokkung/ daß auch nimmermehr in alle Ewigkeit die Verdamten ſolten GOtt anruffen und anflehen koͤnnen uͤm Vergebung oder uͤm Verzeihung: Und ob die Verdamten wol ihres Peinleidens und grau- ſamen Qwaalweſens/ weꝛden auf das alleꝛaͤuſſerſte uͤber- druͤſſig/ drin ungedultigſt und gantz verzweifelt und ver- zaget ſein/ davon Anfuͤhrung vorhin gnugſam geſche- hen/ ſo koͤnnen ſie doch in aller ihrer grauſamſten Noht kein Vertrauen noch Zuverſicht auf GOttes unendliche Barmhertzigkeit mehr ſetzen/ noch einigen Glauben zu Errettung aus ihrer ewigen Noht mehr faſſen/ ſonderen es ſind die Verdamten in der Hoͤlle gleichſam durch und durch den Teufelen gleich worden: Ein ſolches aber ruͤhret vornemlich daher: Weil die Boͤſen und Gott- loſen in ihren verdamlichen Suͤnden abſterben/ und als ein Baum/ wie der faͤllt/ muͤſſe liegen bleiben/ und alſo in den Stand wieder nicht kommen/ auch nimmermehr in den Stand wieder angenommen werden/ darin ſie koͤn-

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Zitationshilfe: Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schottel_hoelle_1676/380>, abgerufen am 01.09.2024.