Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676.

Bild:
<< vorherige Seite
Nachdenkliche Beschreibung
Thränen in der Welt sind gut/
Trübes Hertzens weisses Blut:
Jn der Höll das Thränen Haus/
Treibet Thränenfunken aus:
Wol dem/ der hier weinet wol/
Weh dem/ der dort weinen sol.

Die nicht Wangen ab herrinnen) Augen nur
künnen Thränen vergiessen/ die ihren Abfluß Wangen-
ab finden/ welches Jerem. 9. v. 18. nennet/ wie unsere
Augen mit Thränen rinnen/ und unsere Augenlieder
mit Wasser fliessen: Und cap. 13. v. 17. unsere Augen
müssen mit Thränen fliessen item cap. 14. v. 17. Wan
nun wir kunten gantze Thränen Bäche vergiessen/ und
unsere Augen immer mit Thränen überschwemmet sein
lassen/ üm Abwendung oder Linderung eines Elendes oder
Unglükkes/ ach/ so würde es wol am allernöhtigsten sein
an dem Orte/ und zu der Zeit/ da man von dem Ange-
sicht Gottes wird müssen ewig abgeschieden/ und in die
allereusserste Qwaal wird müssen ewig einversenket sein:
Aber da wird zwar ewigwehrendes Heulen/ aber auch
ewigwehrendes vergebliches Heulen zu hören/ Weinen
und Geheul wird nach allem grausamsten Uberfluß/ aber
auch ohn Linderungs Thränen verhanden/ und von einer
solchen erschreklichem Bewandniß sein/ davon hernach
der Leser ein mehrers wol vernehmen wird. A conspe-
ctu Dei aeternum abjici, hoc ploratu dignissimum,
& nullo lacrymarum mari sat poterit defleri: Sed
flebitur siccis lacrymis, & nihil doloris egeritur flen-
do, & nihil lavaminis obtinebitur plorando.

Thränen sind es Funken gleich) Der Pro-
phet Jeremias fänget sein neundtes Capittel also an:
Ach daß ich Wasser gnug hätte in meinem Haupte/ und
meine Augen Thränen-qwellen weren/ daß ich Tag und

Nacht
Nachdenkliche Beſchreibung
Thraͤnen in der Welt ſind gut/
Truͤbes Hertzens weiſſes Blut:
Jn der Hoͤll das Thraͤnen Haus/
Treibet Thraͤnenfunken aus:
Wol dem/ der hier weinet wol/
Weh dem/ der dort weinen ſol.

Die nicht Wangen ab herrinnen) Augen nur
kuͤnnen Thraͤnen vergieſſen/ die ihren Abfluß Wangen-
ab finden/ welches Jerem. 9. v. 18. nennet/ wie unſere
Augen mit Thraͤnen rinnen/ und unſere Augenlieder
mit Waſſer flieſſen: Und cap. 13. v. 17. unſere Augen
muͤſſen mit Thraͤnen flieſſen item cap. 14. v. 17. Wan
nun wir kunten gantze Thraͤnen Baͤche vergieſſen/ und
unſere Augen immer mit Thraͤnen uͤberſchwemmet ſein
laſſen/ uͤm Abwendung odeꝛ Lindeꝛung eines Elendes odeꝛ
Ungluͤkkes/ ach/ ſo wuͤrde es wol am allernoͤhtigſten ſein
an dem Orte/ und zu der Zeit/ da man von dem Ange-
ſicht Gottes wird muͤſſen ewig abgeſchieden/ und in die
allereuſſerſte Qwaal wird muͤſſen ewig einverſenket ſein:
Aber da wird zwar ewigwehrendes Heulen/ aber auch
ewigwehrendes vergebliches Heulen zu hoͤren/ Weinen
und Geheul wird nach allem grauſamſten Uberfluß/ aber
auch ohn Linderungs Thraͤnen verhanden/ und von einer
ſolchen erſchreklichem Bewandniß ſein/ davon hernach
der Leſer ein mehrers wol vernehmen wird. A conſpe-
ctu Dei æternum abjici, hoc ploratu digniſſimum,
& nullo lacrymarum mari ſat poterit defleri: Sed
flebitur ſiccis lacrymis, & nihil doloris egeritur flen-
do, & nihil lavaminis obtinebitur plorando.

Thraͤnen ſind es Funken gleich) Der Pro-
phet Jeremias faͤnget ſein neundtes Capittel alſo an:
Ach daß ich Waſſer gnug haͤtte in meinem Haupte/ und
meine Augen Thraͤnen-qwellen weren/ daß ich Tag und

Nacht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0230" n="162"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Nachdenkliche Be&#x017F;chreibung</hi> </fw><lb/>
        <lg type="poem">
          <l>Thra&#x0364;nen in der Welt &#x017F;ind gut/</l><lb/>
          <l>Tru&#x0364;bes Hertzens wei&#x017F;&#x017F;es Blut:</l><lb/>
          <l>Jn der Ho&#x0364;ll das Thra&#x0364;nen Haus/</l><lb/>
          <l>Treibet Thra&#x0364;nenfunken aus:</l><lb/>
          <l>Wol dem/ der hier weinet wol/</l><lb/>
          <l>Weh dem/ der dort weinen &#x017F;ol.</l>
        </lg><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Die nicht Wangen ab herrinnen)</hi> Augen nur<lb/>
ku&#x0364;nnen Thra&#x0364;nen vergie&#x017F;&#x017F;en/ die ihren Abfluß Wangen-<lb/>
ab finden/ welches <hi rendition="#aq">Jerem. 9. v.</hi> 18. nennet/ wie un&#x017F;ere<lb/>
Augen mit Thra&#x0364;nen rinnen/ und un&#x017F;ere Augenlieder<lb/>
mit Wa&#x017F;&#x017F;er flie&#x017F;&#x017F;en: Und <hi rendition="#aq">cap. 13. v.</hi> 17. un&#x017F;ere Augen<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en mit Thra&#x0364;nen flie&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">item cap. 14. v.</hi> 17. Wan<lb/>
nun wir kunten gantze Thra&#x0364;nen Ba&#x0364;che vergie&#x017F;&#x017F;en/ und<lb/>
un&#x017F;ere Augen immer mit Thra&#x0364;nen u&#x0364;ber&#x017F;chwemmet &#x017F;ein<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en/ u&#x0364;m Abwendung ode&#xA75B; Linde&#xA75B;ung eines Elendes ode&#xA75B;<lb/>
Unglu&#x0364;kkes/ ach/ &#x017F;o wu&#x0364;rde es wol am allerno&#x0364;htig&#x017F;ten &#x017F;ein<lb/>
an dem Orte/ und zu der Zeit/ da man von dem Ange-<lb/>
&#x017F;icht Gottes wird mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en ewig abge&#x017F;chieden/ und in die<lb/>
allereu&#x017F;&#x017F;er&#x017F;te Qwaal wird mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en ewig einver&#x017F;enket &#x017F;ein:<lb/>
Aber da wird zwar ewigwehrendes Heulen/ aber auch<lb/>
ewigwehrendes vergebliches Heulen zu ho&#x0364;ren/ Weinen<lb/>
und Geheul wird nach allem grau&#x017F;am&#x017F;ten Uberfluß/ aber<lb/>
auch ohn Linderungs Thra&#x0364;nen verhanden/ und von einer<lb/>
&#x017F;olchen er&#x017F;chreklichem Bewandniß &#x017F;ein/ davon hernach<lb/>
der Le&#x017F;er ein mehrers wol vernehmen wird. <hi rendition="#aq">A con&#x017F;pe-<lb/>
ctu <hi rendition="#k">De</hi>i æternum abjici, hoc ploratu digni&#x017F;&#x017F;imum,<lb/>
&amp; nullo lacrymarum mari &#x017F;at poterit defleri: Sed<lb/>
flebitur &#x017F;iccis lacrymis, &amp; nihil doloris egeritur flen-<lb/>
do, &amp; nihil lavaminis obtinebitur plorando.</hi></p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Thra&#x0364;nen &#x017F;ind es Funken gleich)</hi> Der Pro-<lb/>
phet <hi rendition="#aq">Jeremias</hi> fa&#x0364;nget &#x017F;ein neundtes Capittel al&#x017F;o an:<lb/>
Ach daß ich Wa&#x017F;&#x017F;er gnug ha&#x0364;tte in meinem Haupte/ und<lb/>
meine Augen Thra&#x0364;nen-qwellen weren/ daß ich Tag und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Nacht</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[162/0230] Nachdenkliche Beſchreibung Thraͤnen in der Welt ſind gut/ Truͤbes Hertzens weiſſes Blut: Jn der Hoͤll das Thraͤnen Haus/ Treibet Thraͤnenfunken aus: Wol dem/ der hier weinet wol/ Weh dem/ der dort weinen ſol. Die nicht Wangen ab herrinnen) Augen nur kuͤnnen Thraͤnen vergieſſen/ die ihren Abfluß Wangen- ab finden/ welches Jerem. 9. v. 18. nennet/ wie unſere Augen mit Thraͤnen rinnen/ und unſere Augenlieder mit Waſſer flieſſen: Und cap. 13. v. 17. unſere Augen muͤſſen mit Thraͤnen flieſſen item cap. 14. v. 17. Wan nun wir kunten gantze Thraͤnen Baͤche vergieſſen/ und unſere Augen immer mit Thraͤnen uͤberſchwemmet ſein laſſen/ uͤm Abwendung odeꝛ Lindeꝛung eines Elendes odeꝛ Ungluͤkkes/ ach/ ſo wuͤrde es wol am allernoͤhtigſten ſein an dem Orte/ und zu der Zeit/ da man von dem Ange- ſicht Gottes wird muͤſſen ewig abgeſchieden/ und in die allereuſſerſte Qwaal wird muͤſſen ewig einverſenket ſein: Aber da wird zwar ewigwehrendes Heulen/ aber auch ewigwehrendes vergebliches Heulen zu hoͤren/ Weinen und Geheul wird nach allem grauſamſten Uberfluß/ aber auch ohn Linderungs Thraͤnen verhanden/ und von einer ſolchen erſchreklichem Bewandniß ſein/ davon hernach der Leſer ein mehrers wol vernehmen wird. A conſpe- ctu Dei æternum abjici, hoc ploratu digniſſimum, & nullo lacrymarum mari ſat poterit defleri: Sed flebitur ſiccis lacrymis, & nihil doloris egeritur flen- do, & nihil lavaminis obtinebitur plorando. Thraͤnen ſind es Funken gleich) Der Pro- phet Jeremias faͤnget ſein neundtes Capittel alſo an: Ach daß ich Waſſer gnug haͤtte in meinem Haupte/ und meine Augen Thraͤnen-qwellen weren/ daß ich Tag und Nacht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schottel_hoelle_1676
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schottel_hoelle_1676/230
Zitationshilfe: Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schottel_hoelle_1676/230>, abgerufen am 22.11.2024.