auch nur die Seinen prüfen, um in Erfahrung zu bringen, wie weit er im Fall der Noth auf sie rech- nen könne; denn es kam ihm keineswegs in den Sinn, sich in die Gewalt seiner Feinde zu begeben, obschon seine Lage in dem Augenblick durch die schwere Er- krankung Sir Henry Bennets überaus kritisch war.
Sein fragender Blick wurde von den Mormons verstanden; ein wüthendes Geschrei, das mit Drohun- gen gegen die Constabler vermischt war, erhob sich; man umdrängte die letztern, man war in Begriff, sie zu vernichten; man befahl ihnen, sich aus dem Staube zu machen, wenn sie ihr Leben lieb hätten, und schwor, daß man es nicht dulden würde, daß man ihren Propheten wie einen Gefangenen fort- führte.
Joe Smith selbst sprach kein Wort; mit über einander geschlagenen Armen stand er, wie völlig theilnahmlos, da und ließ sich von dem Sturm der aufgeregten Gemüther umtoben, als ob die Sache ihn durchaus nichts anginge. Dann gebot er der Menge Stille und wandte sich, als seinem Befehle gehorcht worden war, mit den Worten an die Constabler:
-- "Erzählt Sir Francis Ford, was ihr hier gesehen habt und fügt eurem Berichte den in wohlmei- nender Absicht von mir ihm ertheilten Rath hinzu: er solle sich hüten, in die Höhle des Löwen zu kommen!"
auch nur die Seinen prüfen, um in Erfahrung zu bringen, wie weit er im Fall der Noth auf ſie rech- nen könne; denn es kam ihm keineswegs in den Sinn, ſich in die Gewalt ſeiner Feinde zu begeben, obſchon ſeine Lage in dem Augenblick durch die ſchwere Er- krankung Sir Henry Bennets überaus kritiſch war.
Sein fragender Blick wurde von den Mormons verſtanden; ein wüthendes Geſchrei, das mit Drohun- gen gegen die Conſtabler vermiſcht war, erhob ſich; man umdrängte die letztern, man war in Begriff, ſie zu vernichten; man befahl ihnen, ſich aus dem Staube zu machen, wenn ſie ihr Leben lieb hätten, und ſchwor, daß man es nicht dulden würde, daß man ihren Propheten wie einen Gefangenen fort- führte.
Joe Smith ſelbſt ſprach kein Wort; mit über einander geſchlagenen Armen ſtand er, wie völlig theilnahmlos, da und ließ ſich von dem Sturm der aufgeregten Gemüther umtoben, als ob die Sache ihn durchaus nichts anginge. Dann gebot er der Menge Stille und wandte ſich, als ſeinem Befehle gehorcht worden war, mit den Worten an die Conſtabler:
— „Erzählt Sir Francis Ford, was ihr hier geſehen habt und fügt eurem Berichte den in wohlmei- nender Abſicht von mir ihm ertheilten Rath hinzu: er ſolle ſich hüten, in die Höhle des Löwen zu kommen!“
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auch nur die Seinen prüfen, um in Erfahrung zu
bringen, wie weit er im Fall der Noth auf ſie rech-
nen könne; denn es kam ihm keineswegs in den Sinn,
ſich in die Gewalt ſeiner Feinde zu begeben, obſchon
ſeine Lage in dem Augenblick durch die ſchwere Er-
krankung Sir Henry Bennets überaus kritiſch war.
Sein fragender Blick wurde von den Mormons
verſtanden; ein wüthendes Geſchrei, das mit Drohun-
gen gegen die Conſtabler vermiſcht war, erhob ſich;
man umdrängte die letztern, man war in Begriff,
ſie zu vernichten; man befahl ihnen, ſich aus dem
Staube zu machen, wenn ſie ihr Leben lieb hätten,
und ſchwor, daß man es nicht dulden würde, daß
man ihren Propheten wie einen Gefangenen fort-
führte.
Joe Smith ſelbſt ſprach kein Wort; mit über
einander geſchlagenen Armen ſtand er, wie völlig
theilnahmlos, da und ließ ſich von dem Sturm der
aufgeregten Gemüther umtoben, als ob die Sache ihn
durchaus nichts anginge. Dann gebot er der Menge
Stille und wandte ſich, als ſeinem Befehle gehorcht
worden war, mit den Worten an die Conſtabler:
— „Erzählt Sir Francis Ford, was ihr hier
geſehen habt und fügt eurem Berichte den in wohlmei-
nender Abſicht von mir ihm ertheilten Rath hinzu: er
ſolle ſich hüten, in die Höhle des Löwen zu kommen!“
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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 3. Jena, 1846, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet03_1846/79>, abgerufen am 16.02.2025.
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