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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 3. Jena, 1846.

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als was sie bereits hatte: die Nähe des geliebten
Mannes, die Möglichkeit, ihn sehen zu können, wenn
die Sehnsucht nach ihm zu mächtig wurde; das Glück,
ihn dann und wann eins der Lieder singen zu hören,
die die Poesie ihres Herzens gleich einem electrischen
Strome berührten und sprühende Funken daraus her-
vorlockten.

Jetzt kam Arnold, um Abschied von ihr zu neh-
men. Jhr Vater, dem ihre Liebe für den jungen
Deutschen kein Geheimniß hatte bleiben können, hatte
im Drange der Geschäfte vergessen, sie auf die nahe
bevorstehende Trennung von dem geliebten Manne vor-
zubereiten, und so traf sie die Nachricht von seiner
Abreise um so schmerzlicher. Nicht gewohnt, sich
Zwang an zu thun, brach sie in einen Strom von
Thränen aus und äußerte die bangsten Befürchtungen,
daß er nie wiederkehren, daß diese Trennung eine
ewige seyn würde. Jhrer aufgeregten Phantasie stell-
ten sich alle Gefahren dar, die Arnold auf dieser
Reise liefe, sowohl durch die reißenden Thiere der
Wüste, als durch die Verfolgungen Joe Smiths und
seiner Mormons, und es war ihm nicht möglich, sie
zu beruhigen, ihr nur einigen Trost dadurch einzu-
flößen, daß er ihr mit feierlichen Schwüren gelobte,
sich, so viel nur irgend an ihm läge, vor allen Ge-
fahren hüten zu wollen.

als was ſie bereits hatte: die Nähe des geliebten
Mannes, die Möglichkeit, ihn ſehen zu können, wenn
die Sehnſucht nach ihm zu mächtig wurde; das Glück,
ihn dann und wann eins der Lieder ſingen zu hören,
die die Poeſie ihres Herzens gleich einem electriſchen
Strome berührten und ſprühende Funken daraus her-
vorlockten.

Jetzt kam Arnold, um Abſchied von ihr zu neh-
men. Jhr Vater, dem ihre Liebe für den jungen
Deutſchen kein Geheimniß hatte bleiben können, hatte
im Drange der Geſchäfte vergeſſen, ſie auf die nahe
bevorſtehende Trennung von dem geliebten Manne vor-
zubereiten, und ſo traf ſie die Nachricht von ſeiner
Abreiſe um ſo ſchmerzlicher. Nicht gewohnt, ſich
Zwang an zu thun, brach ſie in einen Strom von
Thränen aus und äußerte die bangſten Befürchtungen,
daß er nie wiederkehren, daß dieſe Trennung eine
ewige ſeyn würde. Jhrer aufgeregten Phantaſie ſtell-
ten ſich alle Gefahren dar, die Arnold auf dieſer
Reiſe liefe, ſowohl durch die reißenden Thiere der
Wüſte, als durch die Verfolgungen Joe Smiths und
ſeiner Mormons, und es war ihm nicht möglich, ſie
zu beruhigen, ihr nur einigen Troſt dadurch einzu-
flößen, daß er ihr mit feierlichen Schwüren gelobte,
ſich, ſo viel nur irgend an ihm läge, vor allen Ge-
fahren hüten zu wollen.

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[66/0072] als was ſie bereits hatte: die Nähe des geliebten Mannes, die Möglichkeit, ihn ſehen zu können, wenn die Sehnſucht nach ihm zu mächtig wurde; das Glück, ihn dann und wann eins der Lieder ſingen zu hören, die die Poeſie ihres Herzens gleich einem electriſchen Strome berührten und ſprühende Funken daraus her- vorlockten. Jetzt kam Arnold, um Abſchied von ihr zu neh- men. Jhr Vater, dem ihre Liebe für den jungen Deutſchen kein Geheimniß hatte bleiben können, hatte im Drange der Geſchäfte vergeſſen, ſie auf die nahe bevorſtehende Trennung von dem geliebten Manne vor- zubereiten, und ſo traf ſie die Nachricht von ſeiner Abreiſe um ſo ſchmerzlicher. Nicht gewohnt, ſich Zwang an zu thun, brach ſie in einen Strom von Thränen aus und äußerte die bangſten Befürchtungen, daß er nie wiederkehren, daß dieſe Trennung eine ewige ſeyn würde. Jhrer aufgeregten Phantaſie ſtell- ten ſich alle Gefahren dar, die Arnold auf dieſer Reiſe liefe, ſowohl durch die reißenden Thiere der Wüſte, als durch die Verfolgungen Joe Smiths und ſeiner Mormons, und es war ihm nicht möglich, ſie zu beruhigen, ihr nur einigen Troſt dadurch einzu- flößen, daß er ihr mit feierlichen Schwüren gelobte, ſich, ſo viel nur irgend an ihm läge, vor allen Ge- fahren hüten zu wollen.

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 3. Jena, 1846, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet03_1846/72>, abgerufen am 25.11.2024.