an deren Spitze kühne und kriegserfahrene Männer, ja Männer von anerkanntem Talente, standen, zu ge- bieten hatte und der außerdem noch über andere un- ermeßliche Hülfsmittel gebot? Wurde nicht, auf sein bloßes Gebot, jeder waffenfähige Mormon zum Krie- ger? und hatte er die Seinen nicht bereits seit Jahr und Tag in den Waffen geübt? Waren seine Cassen nicht mit Geld, war sein Arsenal nicht mit Kriegs- vorräthen angefüllt? Was wollte denn dieser eine junge, unbedeutende Mann, dieser hülf- und mittel- lose Fremdling gegen ihn beginnen? Was hatte er selbst von den Gouverneurs der benachbarten Staa- ten, selbst wenn sie ihre Streitkräfte vereinigten, noch zu befürchten? Wie einen Giftbaum im von Men- schenfuß nicht betretenen Thale, wie ein Bohun-Upas, hatte man ihn aufwachsen und groß und stark wer- den lassen, und was sich ihm jetzt noch nahen wollte, war des Todes!
Trotz dem versäumte er keine Vorsicht und nicht nur wandte er sein Augenmerk auf das Heer, das zu seinem Gebote stand, sondern er rief zugleich auch noch den Fanatismus zu Hülfe. Er ließ durch seine eifrigsten Anhänger das Gerücht ausstreuen, er, der Prophet, habe erschreckende Wahrzeichen und Gesichte gehabt, die auf eine für das Mormonenreich nahende große Gefahr hindeuteten. Wallfahrten, Gebete, feier-
an deren Spitze kühne und kriegserfahrene Männer, ja Männer von anerkanntem Talente, ſtanden, zu ge- bieten hatte und der außerdem noch über andere un- ermeßliche Hülfsmittel gebot? Wurde nicht, auf ſein bloßes Gebot, jeder waffenfähige Mormon zum Krie- ger? und hatte er die Seinen nicht bereits ſeit Jahr und Tag in den Waffen geübt? Waren ſeine Caſſen nicht mit Geld, war ſein Arſenal nicht mit Kriegs- vorräthen angefüllt? Was wollte denn dieſer eine junge, unbedeutende Mann, dieſer hülf- und mittel- loſe Fremdling gegen ihn beginnen? Was hatte er ſelbſt von den Gouverneurs der benachbarten Staa- ten, ſelbſt wenn ſie ihre Streitkräfte vereinigten, noch zu befürchten? Wie einen Giftbaum im von Men- ſchenfuß nicht betretenen Thale, wie ein Bohun-Upas, hatte man ihn aufwachſen und groß und ſtark wer- den laſſen, und was ſich ihm jetzt noch nahen wollte, war des Todes!
Trotz dem verſäumte er keine Vorſicht und nicht nur wandte er ſein Augenmerk auf das Heer, das zu ſeinem Gebote ſtand, ſondern er rief zugleich auch noch den Fanatismus zu Hülfe. Er ließ durch ſeine eifrigſten Anhänger das Gerücht ausſtreuen, er, der Prophet, habe erſchreckende Wahrzeichen und Geſichte gehabt, die auf eine für das Mormonenreich nahende große Gefahr hindeuteten. Wallfahrten, Gebete, feier-
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an deren Spitze kühne und kriegserfahrene Männer,
ja Männer von anerkanntem Talente, ſtanden, zu ge-
bieten hatte und der außerdem noch über andere un-
ermeßliche Hülfsmittel gebot? Wurde nicht, auf ſein
bloßes Gebot, jeder waffenfähige Mormon zum Krie-
ger? und hatte er die Seinen nicht bereits ſeit Jahr
und Tag in den Waffen geübt? Waren ſeine Caſſen
nicht mit Geld, war ſein Arſenal nicht mit Kriegs-
vorräthen angefüllt? Was wollte denn dieſer eine
junge, unbedeutende Mann, dieſer hülf- und mittel-
loſe Fremdling gegen ihn beginnen? Was hatte er
ſelbſt von den Gouverneurs der benachbarten Staa-
ten, ſelbſt wenn ſie ihre Streitkräfte vereinigten, noch
zu befürchten? Wie einen Giftbaum im von Men-
ſchenfuß nicht betretenen Thale, wie ein Bohun-Upas,
hatte man ihn aufwachſen und groß und ſtark wer-
den laſſen, und was ſich ihm jetzt noch nahen wollte,
war des Todes!
Trotz dem verſäumte er keine Vorſicht und nicht
nur wandte er ſein Augenmerk auf das Heer, das
zu ſeinem Gebote ſtand, ſondern er rief zugleich auch
noch den Fanatismus zu Hülfe. Er ließ durch ſeine
eifrigſten Anhänger das Gerücht ausſtreuen, er, der
Prophet, habe erſchreckende Wahrzeichen und Geſichte
gehabt, die auf eine für das Mormonenreich nahende
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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 3. Jena, 1846, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet03_1846/45>, abgerufen am 16.02.2025.
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