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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 3. Jena, 1846.

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noch nicht in ihren Gemächern besucht und war daher
nicht wenig überrascht, als man ihn in das zugleich
reizendste und wunderbarste Zimmer führte, ein Zim-
mer von Florens Erfindung.

Es war so groß, daß es füglich für einen Saal
gelten konnte und stellte, mit seiner gewölbten Decke,
eine schöne Laube dar, die von der Hand eines ge-
schickten Künstlers der Natur auf das Täuschendste
nachgebildet worden war. Aus dem künstlich geordne-
ten Laubgewinde blickten hie und da buntgefiederte
Vögel und Schmetterlinge hervor; auf den Blättern
saßen Jnsecten aller Art, Raupen, Schnecken u. s. w.,
kurz, die Täuschung war so vollkommen, daß man
sich durch das Gefühl erst überzeugen mußte, daß man
Wände und keine wirkliche Laube vor sich habe.

Floren entging das Erstaunen und die Ueber-
raschung des jungen Fremden nicht und sie erfüllten
sie mit einer fast kindischen Freude.

-- "Nicht wahr," sagte sie, "das ist hübsch?
das überrascht Sie, Sir?"

-- "Wie Alles in diesem Hause," versetzte er.

-- "Jm Winter, wo Alles erstarrt ist, wo
Alles voll Schnee und Eis liegt, ist dieses Zimmer
mein einziger Trost," nahm sie wieder das Wort.
"Jch glaube, daß ich den Winter nicht ertragen, keinen
einzigen überleben würde, wenn ich mir nicht einen

noch nicht in ihren Gemächern beſucht und war daher
nicht wenig überraſcht, als man ihn in das zugleich
reizendſte und wunderbarſte Zimmer führte, ein Zim-
mer von Florens Erfindung.

Es war ſo groß, daß es füglich für einen Saal
gelten konnte und ſtellte, mit ſeiner gewölbten Decke,
eine ſchöne Laube dar, die von der Hand eines ge-
ſchickten Künſtlers der Natur auf das Täuſchendſte
nachgebildet worden war. Aus dem künſtlich geordne-
ten Laubgewinde blickten hie und da buntgefiederte
Vögel und Schmetterlinge hervor; auf den Blättern
ſaßen Jnſecten aller Art, Raupen, Schnecken u. ſ. w.,
kurz, die Täuſchung war ſo vollkommen, daß man
ſich durch das Gefühl erſt überzeugen mußte, daß man
Wände und keine wirkliche Laube vor ſich habe.

Floren entging das Erſtaunen und die Ueber-
raſchung des jungen Fremden nicht und ſie erfüllten
ſie mit einer faſt kindiſchen Freude.

— „Nicht wahr,“ ſagte ſie, „das iſt hübſch?
das überraſcht Sie, Sir?“

— „Wie Alles in dieſem Hauſe,“ verſetzte er.

— „Jm Winter, wo Alles erſtarrt iſt, wo
Alles voll Schnee und Eis liegt, iſt dieſes Zimmer
mein einziger Troſt,“ nahm ſie wieder das Wort.
„Jch glaube, daß ich den Winter nicht ertragen, keinen
einzigen überleben würde, wenn ich mir nicht einen

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[21/0027] noch nicht in ihren Gemächern beſucht und war daher nicht wenig überraſcht, als man ihn in das zugleich reizendſte und wunderbarſte Zimmer führte, ein Zim- mer von Florens Erfindung. Es war ſo groß, daß es füglich für einen Saal gelten konnte und ſtellte, mit ſeiner gewölbten Decke, eine ſchöne Laube dar, die von der Hand eines ge- ſchickten Künſtlers der Natur auf das Täuſchendſte nachgebildet worden war. Aus dem künſtlich geordne- ten Laubgewinde blickten hie und da buntgefiederte Vögel und Schmetterlinge hervor; auf den Blättern ſaßen Jnſecten aller Art, Raupen, Schnecken u. ſ. w., kurz, die Täuſchung war ſo vollkommen, daß man ſich durch das Gefühl erſt überzeugen mußte, daß man Wände und keine wirkliche Laube vor ſich habe. Floren entging das Erſtaunen und die Ueber- raſchung des jungen Fremden nicht und ſie erfüllten ſie mit einer faſt kindiſchen Freude. — „Nicht wahr,“ ſagte ſie, „das iſt hübſch? das überraſcht Sie, Sir?“ — „Wie Alles in dieſem Hauſe,“ verſetzte er. — „Jm Winter, wo Alles erſtarrt iſt, wo Alles voll Schnee und Eis liegt, iſt dieſes Zimmer mein einziger Troſt,“ nahm ſie wieder das Wort. „Jch glaube, daß ich den Winter nicht ertragen, keinen einzigen überleben würde, wenn ich mir nicht einen

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 3. Jena, 1846, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet03_1846/27>, abgerufen am 23.11.2024.