Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

-- "Liebe ihn, denn ich liebe ihn! Er sei dein
Bruder, denn er ist der meinige!"

Diese Aufforderung genügte, um den Chippewa
zur Freundlichkeit gegen den Neuangekommenen zu be-
wegen und bald herrschte die größte Liebe und Zu-
traulichkeit unter den Dreien, von der auch Bruno
seinen Antheil forderte, denn er schmiegte sich bald
an seinen Gebieter, bald an White-hawk und gab
seine Freude auf alle Weise zu erkennen.

Als die Flammen eine angenehme Gluth verbrei-
teten, lagerte man sich in der Nähe derselben und
dachte zunächst an die Bereitung eines Mahles, das
für Alle gleich erwünscht seyn mußte. Der große
Pelikan zog aus einer Art von Jagdtasche von sau-
ber gegerbtem Büffelleder einige in große Blätter ein-
gewickelte Schnitte aus der saftigen Lende eines am
Tage vor der Abreise erlegten Büffels, steckte sie an
einen zugespitzten Stab und hielt sie an die Flamme,
die sie bald gahr machte. Das so bereitete Fleisch
schmeckte vortrefflich und man löschte den sich melden-
den Durst auf eine angenehme Weise durch eine Menge
von White-hawk gesammelter Stachelbirnen, eine in
jenen Gegenden häufig wachsende, etwas saure und
herbe, aber zugleich kühlende und saftige Frucht.

Während des Mahles richtete der Chippewa, der
jetzt ganz zutraulich gegen den jungen Sioux gewor-

— „Liebe ihn, denn ich liebe ihn! Er ſei dein
Bruder, denn er iſt der meinige!“

Dieſe Aufforderung genügte, um den Chippewa
zur Freundlichkeit gegen den Neuangekommenen zu be-
wegen und bald herrſchte die größte Liebe und Zu-
traulichkeit unter den Dreien, von der auch Bruno
ſeinen Antheil forderte, denn er ſchmiegte ſich bald
an ſeinen Gebieter, bald an White-hawk und gab
ſeine Freude auf alle Weiſe zu erkennen.

Als die Flammen eine angenehme Gluth verbrei-
teten, lagerte man ſich in der Nähe derſelben und
dachte zunächſt an die Bereitung eines Mahles, das
für Alle gleich erwünſcht ſeyn mußte. Der große
Pelikan zog aus einer Art von Jagdtaſche von ſau-
ber gegerbtem Büffelleder einige in große Blätter ein-
gewickelte Schnitte aus der ſaftigen Lende eines am
Tage vor der Abreiſe erlegten Büffels, ſteckte ſie an
einen zugeſpitzten Stab und hielt ſie an die Flamme,
die ſie bald gahr machte. Das ſo bereitete Fleiſch
ſchmeckte vortrefflich und man löſchte den ſich melden-
den Durſt auf eine angenehme Weiſe durch eine Menge
von White-hawk geſammelter Stachelbirnen, eine in
jenen Gegenden häufig wachſende, etwas ſaure und
herbe, aber zugleich kühlende und ſaftige Frucht.

Während des Mahles richtete der Chippewa, der
jetzt ganz zutraulich gegen den jungen Sioux gewor-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0042" n="36"/>
        <p>&#x2014; &#x201E;Liebe ihn, denn ich liebe ihn! Er &#x017F;ei dein<lb/>
Bruder, denn er i&#x017F;t der meinige!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;e Aufforderung genügte, um den Chippewa<lb/>
zur Freundlichkeit gegen den Neuangekommenen zu be-<lb/>
wegen und bald herr&#x017F;chte die größte Liebe und Zu-<lb/>
traulichkeit unter den Dreien, von der auch Bruno<lb/>
&#x017F;einen Antheil forderte, denn er &#x017F;chmiegte &#x017F;ich bald<lb/>
an &#x017F;einen Gebieter, bald an White-hawk und gab<lb/>
&#x017F;eine Freude auf alle Wei&#x017F;e zu erkennen.</p><lb/>
        <p>Als die Flammen eine angenehme Gluth verbrei-<lb/>
teten, lagerte man &#x017F;ich in der Nähe der&#x017F;elben und<lb/>
dachte zunäch&#x017F;t an die Bereitung eines Mahles, das<lb/>
für Alle gleich erwün&#x017F;cht &#x017F;eyn mußte. Der große<lb/>
Pelikan zog aus einer Art von Jagdta&#x017F;che von &#x017F;au-<lb/>
ber gegerbtem Büffelleder einige in große Blätter ein-<lb/>
gewickelte Schnitte aus der &#x017F;aftigen Lende eines am<lb/>
Tage vor der Abrei&#x017F;e erlegten Büffels, &#x017F;teckte &#x017F;ie an<lb/>
einen zuge&#x017F;pitzten Stab und hielt &#x017F;ie an die Flamme,<lb/>
die &#x017F;ie bald gahr machte. Das &#x017F;o bereitete Flei&#x017F;ch<lb/>
&#x017F;chmeckte vortrefflich und man lö&#x017F;chte den &#x017F;ich melden-<lb/>
den Dur&#x017F;t auf eine angenehme Wei&#x017F;e durch eine Menge<lb/>
von White-hawk ge&#x017F;ammelter Stachelbirnen, eine in<lb/>
jenen Gegenden häufig wach&#x017F;ende, etwas &#x017F;aure und<lb/>
herbe, aber zugleich kühlende und &#x017F;aftige Frucht.</p><lb/>
        <p>Während des Mahles richtete der Chippewa, der<lb/>
jetzt ganz zutraulich gegen den jungen Sioux gewor-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[36/0042] — „Liebe ihn, denn ich liebe ihn! Er ſei dein Bruder, denn er iſt der meinige!“ Dieſe Aufforderung genügte, um den Chippewa zur Freundlichkeit gegen den Neuangekommenen zu be- wegen und bald herrſchte die größte Liebe und Zu- traulichkeit unter den Dreien, von der auch Bruno ſeinen Antheil forderte, denn er ſchmiegte ſich bald an ſeinen Gebieter, bald an White-hawk und gab ſeine Freude auf alle Weiſe zu erkennen. Als die Flammen eine angenehme Gluth verbrei- teten, lagerte man ſich in der Nähe derſelben und dachte zunächſt an die Bereitung eines Mahles, das für Alle gleich erwünſcht ſeyn mußte. Der große Pelikan zog aus einer Art von Jagdtaſche von ſau- ber gegerbtem Büffelleder einige in große Blätter ein- gewickelte Schnitte aus der ſaftigen Lende eines am Tage vor der Abreiſe erlegten Büffels, ſteckte ſie an einen zugeſpitzten Stab und hielt ſie an die Flamme, die ſie bald gahr machte. Das ſo bereitete Fleiſch ſchmeckte vortrefflich und man löſchte den ſich melden- den Durſt auf eine angenehme Weiſe durch eine Menge von White-hawk geſammelter Stachelbirnen, eine in jenen Gegenden häufig wachſende, etwas ſaure und herbe, aber zugleich kühlende und ſaftige Frucht. Während des Mahles richtete der Chippewa, der jetzt ganz zutraulich gegen den jungen Sioux gewor-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet02_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet02_1846/42
Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet02_1846/42>, abgerufen am 24.11.2024.