Denn in dem Theile derselben, worin er sich befand, hatte nicht schon jeder Fußbreit Erde seinen Herrn, wie in Europa, und sich König der Wüste zu dünken, stand Jedem frei.
Seine angenehme und behagliche Stimmung wurde noch durch den Gedanken erhöht, daß es ihm gelun- gen sei, einen so verschmitzten und gewaltigen Men- schen, wie es der Prophet war, überlistet und zu- gleich tief gedemüthigt zu haben: er, der seither die ihn umgebenden Menschen zu willigen Sclaven zu ma- chen gewußt hatte; er, der die Verhältnisse beherrschte, weil er Herr seiner selbst war, er hatte die Segel vor einem noch so jungen Manne streichen und sich dem Willen desselben in Demuth fügen müssen! Mit Vergnügen stellte Arnold sich die Beschämung Joe's beim Andenken an das zwischen ihnen Vorgefallene vor und an die Achtung, die er einem Manne abge- zwungen, der sonst Nichts mehr achtete.
Vor den Verfolgungen Smiths glaubte er sich gesichert, da dieser die Nutzlosigkeit derselben einsehen mußte, er auch entschlossen war, Jllinois, in dem die Mormons bereits eine so bedeutende Rolle spiel- ten, für immer zu verlassen. Dazu bot sich ihm durch die an ihn ergangene Einladung des Gouverneurs von Missouri die beste Gelegenheit jetzt dar, und durch den mitgenommenen Brief Sir John Boggs an ihn
Denn in dem Theile derſelben, worin er ſich befand, hatte nicht ſchon jeder Fußbreit Erde ſeinen Herrn, wie in Europa, und ſich König der Wüſte zu dünken, ſtand Jedem frei.
Seine angenehme und behagliche Stimmung wurde noch durch den Gedanken erhöht, daß es ihm gelun- gen ſei, einen ſo verſchmitzten und gewaltigen Men- ſchen, wie es der Prophet war, überliſtet und zu- gleich tief gedemüthigt zu haben: er, der ſeither die ihn umgebenden Menſchen zu willigen Sclaven zu ma- chen gewußt hatte; er, der die Verhältniſſe beherrſchte, weil er Herr ſeiner ſelbſt war, er hatte die Segel vor einem noch ſo jungen Manne ſtreichen und ſich dem Willen deſſelben in Demuth fügen müſſen! Mit Vergnügen ſtellte Arnold ſich die Beſchämung Joe’s beim Andenken an das zwiſchen ihnen Vorgefallene vor und an die Achtung, die er einem Manne abge- zwungen, der ſonſt Nichts mehr achtete.
Vor den Verfolgungen Smiths glaubte er ſich geſichert, da dieſer die Nutzloſigkeit derſelben einſehen mußte, er auch entſchloſſen war, Jllinois, in dem die Mormons bereits eine ſo bedeutende Rolle ſpiel- ten, für immer zu verlaſſen. Dazu bot ſich ihm durch die an ihn ergangene Einladung des Gouverneurs von Miſſouri die beſte Gelegenheit jetzt dar, und durch den mitgenommenen Brief Sir John Boggs an ihn
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0205"n="199"/>
Denn in dem Theile derſelben, worin er ſich befand,<lb/>
hatte nicht ſchon jeder Fußbreit Erde ſeinen Herrn,<lb/>
wie in Europa, und ſich König der Wüſte zu dünken,<lb/>ſtand Jedem frei.</p><lb/><p>Seine angenehme und behagliche Stimmung wurde<lb/>
noch durch den Gedanken erhöht, daß es ihm gelun-<lb/>
gen ſei, einen ſo verſchmitzten und gewaltigen Men-<lb/>ſchen, wie es der Prophet war, überliſtet und zu-<lb/>
gleich tief gedemüthigt zu haben: er, der ſeither die<lb/>
ihn umgebenden Menſchen zu willigen Sclaven zu ma-<lb/>
chen gewußt hatte; er, der die Verhältniſſe beherrſchte,<lb/>
weil er Herr ſeiner ſelbſt war, er hatte die Segel<lb/>
vor einem noch ſo jungen Manne ſtreichen und ſich<lb/>
dem Willen deſſelben in Demuth fügen müſſen! Mit<lb/>
Vergnügen ſtellte Arnold ſich die Beſchämung Joe’s<lb/>
beim Andenken an das zwiſchen ihnen Vorgefallene<lb/>
vor und an die Achtung, die er einem Manne abge-<lb/>
zwungen, der ſonſt Nichts mehr achtete.</p><lb/><p>Vor den Verfolgungen Smiths glaubte er ſich<lb/>
geſichert, da dieſer die Nutzloſigkeit derſelben einſehen<lb/>
mußte, er auch entſchloſſen war, Jllinois, in dem<lb/>
die Mormons bereits eine ſo bedeutende Rolle ſpiel-<lb/>
ten, für immer zu verlaſſen. Dazu bot ſich ihm durch<lb/>
die an ihn ergangene Einladung des Gouverneurs von<lb/>
Miſſouri die beſte Gelegenheit jetzt dar, und durch<lb/>
den mitgenommenen Brief Sir John Boggs an ihn<lb/></p></div></body></text></TEI>
[199/0205]
Denn in dem Theile derſelben, worin er ſich befand,
hatte nicht ſchon jeder Fußbreit Erde ſeinen Herrn,
wie in Europa, und ſich König der Wüſte zu dünken,
ſtand Jedem frei.
Seine angenehme und behagliche Stimmung wurde
noch durch den Gedanken erhöht, daß es ihm gelun-
gen ſei, einen ſo verſchmitzten und gewaltigen Men-
ſchen, wie es der Prophet war, überliſtet und zu-
gleich tief gedemüthigt zu haben: er, der ſeither die
ihn umgebenden Menſchen zu willigen Sclaven zu ma-
chen gewußt hatte; er, der die Verhältniſſe beherrſchte,
weil er Herr ſeiner ſelbſt war, er hatte die Segel
vor einem noch ſo jungen Manne ſtreichen und ſich
dem Willen deſſelben in Demuth fügen müſſen! Mit
Vergnügen ſtellte Arnold ſich die Beſchämung Joe’s
beim Andenken an das zwiſchen ihnen Vorgefallene
vor und an die Achtung, die er einem Manne abge-
zwungen, der ſonſt Nichts mehr achtete.
Vor den Verfolgungen Smiths glaubte er ſich
geſichert, da dieſer die Nutzloſigkeit derſelben einſehen
mußte, er auch entſchloſſen war, Jllinois, in dem
die Mormons bereits eine ſo bedeutende Rolle ſpiel-
ten, für immer zu verlaſſen. Dazu bot ſich ihm durch
die an ihn ergangene Einladung des Gouverneurs von
Miſſouri die beſte Gelegenheit jetzt dar, und durch
den mitgenommenen Brief Sir John Boggs an ihn
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet02_1846/205>, abgerufen am 26.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.