-- "Wo bin ich?" fragte die Kranke, sich et- was emporrichtend, mit matter Stimme, indem sie sich in der ärmlichen Wohnung, einem sogenannten Blockhause, mit verwirrten Blicken umsah, denn Alles kam ihr hier wie ein Traum vor.
-- "Bei guten Leuten," antwortete ihr die junge Frau in gebrochenem Englisch, indem sie sich mit ih- rem Säuglinge erhob und zu ihr an das Lager trat.
-- "War ich denn nicht in der Prairie?" fragte Marie weiter.
-- "Wohl, Miß; aber mein Mann und einige seiner Freunde, die auf die Jagd ausgegangen waren, fanden Sie im heftigsten Fieber, ohne Besinnung und brachten Sie hieher, wo Sie gut aufgehoben sind. Fassen Sie Muth, Sie werden bald völlig wieder her- gestellt seyn, arme Miß, und uns dann erzählen, auf welche Weise Sie in die grausame Lage kamen, in der man Sie fand."
Sie hatte kaum diese Worte ausgesprochen, so trat ein Mann von mittlerem Alter, mit sehr ange- nehmen Zügen, aber von der Sonne stark gebräun- tem Gesicht, zu den Beiden ein.
-- "Fritz," rief ihm die Frau mit vergnügtem Tone entgegen, "unsre liebe Kranke hat gesprochen und ist, wie es mir scheint, vollkommen wieder bei Besinnung."
II. 13
— „Wo bin ich?“ fragte die Kranke, ſich et- was emporrichtend, mit matter Stimme, indem ſie ſich in der ärmlichen Wohnung, einem ſogenannten Blockhauſe, mit verwirrten Blicken umſah, denn Alles kam ihr hier wie ein Traum vor.
— „Bei guten Leuten,“ antwortete ihr die junge Frau in gebrochenem Engliſch, indem ſie ſich mit ih- rem Säuglinge erhob und zu ihr an das Lager trat.
— „War ich denn nicht in der Prairie?“ fragte Marie weiter.
— „Wohl, Miß; aber mein Mann und einige ſeiner Freunde, die auf die Jagd ausgegangen waren, fanden Sie im heftigſten Fieber, ohne Beſinnung und brachten Sie hieher, wo Sie gut aufgehoben ſind. Faſſen Sie Muth, Sie werden bald völlig wieder her- geſtellt ſeyn, arme Miß, und uns dann erzählen, auf welche Weiſe Sie in die grauſame Lage kamen, in der man Sie fand.“
Sie hatte kaum dieſe Worte ausgeſprochen, ſo trat ein Mann von mittlerem Alter, mit ſehr ange- nehmen Zügen, aber von der Sonne ſtark gebräun- tem Geſicht, zu den Beiden ein.
— „Fritz,“ rief ihm die Frau mit vergnügtem Tone entgegen, „unſre liebe Kranke hat geſprochen und iſt, wie es mir ſcheint, vollkommen wieder bei Beſinnung.“
II. 13
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— „Wo bin ich?“ fragte die Kranke, ſich et-
was emporrichtend, mit matter Stimme, indem ſie
ſich in der ärmlichen Wohnung, einem ſogenannten
Blockhauſe, mit verwirrten Blicken umſah, denn Alles
kam ihr hier wie ein Traum vor.
— „Bei guten Leuten,“ antwortete ihr die junge
Frau in gebrochenem Engliſch, indem ſie ſich mit ih-
rem Säuglinge erhob und zu ihr an das Lager trat.
— „War ich denn nicht in der Prairie?“ fragte
Marie weiter.
— „Wohl, Miß; aber mein Mann und einige
ſeiner Freunde, die auf die Jagd ausgegangen waren,
fanden Sie im heftigſten Fieber, ohne Beſinnung und
brachten Sie hieher, wo Sie gut aufgehoben ſind.
Faſſen Sie Muth, Sie werden bald völlig wieder her-
geſtellt ſeyn, arme Miß, und uns dann erzählen,
auf welche Weiſe Sie in die grauſame Lage kamen,
in der man Sie fand.“
Sie hatte kaum dieſe Worte ausgeſprochen, ſo
trat ein Mann von mittlerem Alter, mit ſehr ange-
nehmen Zügen, aber von der Sonne ſtark gebräun-
tem Geſicht, zu den Beiden ein.
— „Fritz,“ rief ihm die Frau mit vergnügtem
Tone entgegen, „unſre liebe Kranke hat geſprochen
und iſt, wie es mir ſcheint, vollkommen wieder bei
Beſinnung.“
II. 13
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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet02_1846/199>, abgerufen am 16.02.2025.
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