Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846.der und war entschlossen, den sichern Tod zu erwar- Marie wußte nicht, ob sie auf dem Gipfel des Endlich stieg sie doch hinab und war, des Berg- der und war entſchloſſen, den ſichern Tod zu erwar- Marie wußte nicht, ob ſie auf dem Gipfel des Endlich ſtieg ſie doch hinab und war, des Berg- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0196" n="190"/> der und war entſchloſſen, den ſichern Tod zu erwar-<lb/> ten, ohne einen, wie ſie wähnte, fruchtloſen Verſuch<lb/> zu ihrer Rettung zu machen; dann raffte ſie ſich auf<lb/> und alle ihre Kräfte zuſammennehmend, erklomm ſie<lb/> den Gipfel des hohen Berges, an deſſen Fuße ſie ihr<lb/> treuloſer Führer verlaſſen hatte. Von hieraus über-<lb/> ſchaute ihr Blick eine mit hohen Gräſern und andern<lb/> Kräutern bedeckte, unabſehbare Ebene, deren äußer-<lb/> ſten Rand der Horizont begrenzte. Kein Weg, kein<lb/> Pfad führte durch dieſes grüne Meer; kein Laut ließ<lb/> ſich in ihm vernehmen; kein Vogel flog darüber hin;<lb/> kein Lüftchen bewegte die Gräſer und hohen Farren-<lb/> kräuter, womit es bedeckt war, und dieſe Einförmig-<lb/> keit, dieſe Stille hatten etwas ſo Entſetzliches, daß<lb/> ihr Gemüth mit der furchtbarſten melancholie dadurch<lb/> erfüllt wurde.</p><lb/> <p>Marie wußte nicht, ob ſie auf dem Gipfel des<lb/> Berges bleiben, ob ſich in die troſtloſe Prairie hinab-<lb/> wagen ſollte; auch war die Gefahr von Hunger,<lb/> Durſt und reißenden Thieren hier und dort gleich<lb/> groß.</p><lb/> <p>Endlich ſtieg ſie doch hinab und war, des Berg-<lb/> kletterns ungewohnt, mehr als zehnmal in Gefahr,<lb/> auszugleiten und in den Abgrund hinabzuſtürzen.<lb/> Bald aber mußte ſie bereuen, nicht lieber oben ge-<lb/> blieben zu ſeyn, denn ihre bereits erſchöpften Kräfte<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [190/0196]
der und war entſchloſſen, den ſichern Tod zu erwar-
ten, ohne einen, wie ſie wähnte, fruchtloſen Verſuch
zu ihrer Rettung zu machen; dann raffte ſie ſich auf
und alle ihre Kräfte zuſammennehmend, erklomm ſie
den Gipfel des hohen Berges, an deſſen Fuße ſie ihr
treuloſer Führer verlaſſen hatte. Von hieraus über-
ſchaute ihr Blick eine mit hohen Gräſern und andern
Kräutern bedeckte, unabſehbare Ebene, deren äußer-
ſten Rand der Horizont begrenzte. Kein Weg, kein
Pfad führte durch dieſes grüne Meer; kein Laut ließ
ſich in ihm vernehmen; kein Vogel flog darüber hin;
kein Lüftchen bewegte die Gräſer und hohen Farren-
kräuter, womit es bedeckt war, und dieſe Einförmig-
keit, dieſe Stille hatten etwas ſo Entſetzliches, daß
ihr Gemüth mit der furchtbarſten melancholie dadurch
erfüllt wurde.
Marie wußte nicht, ob ſie auf dem Gipfel des
Berges bleiben, ob ſich in die troſtloſe Prairie hinab-
wagen ſollte; auch war die Gefahr von Hunger,
Durſt und reißenden Thieren hier und dort gleich
groß.
Endlich ſtieg ſie doch hinab und war, des Berg-
kletterns ungewohnt, mehr als zehnmal in Gefahr,
auszugleiten und in den Abgrund hinabzuſtürzen.
Bald aber mußte ſie bereuen, nicht lieber oben ge-
blieben zu ſeyn, denn ihre bereits erſchöpften Kräfte
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