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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846.

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eure große Güte und Sorgsamkeit vergelten zu kön-
nen?" sagte sie, einigermaßen gerührt, indem sie
ihre kleine, schneeweiße Hand auf seine harte, stark
gebräunte und knochige legte.

-- "Quälen Sie sich darum nicht, Miß Ma-
rie," antwortete er ihr; "es ist Alles schon im Vor-
aus von Mr. Smith bezahlt, und Sie wissen, daß
der kein Knauser ist."

-- "Ja, Hieram, er ist gut und groß zu-
gleich," erwiederte sie, "und wenn ich es recht be-
denke, so muß ich mir sagen, daß ich nicht gut an
ihm handelte, an ihm, der mir, trotz meiner großen
Undankbarkeit, noch fortwährende Beweise seiner Liebe
giebt; er bezeigte sie besonders dadurch, daß er mir
euch zum Begleiter gab. Sollte ich ihn im Leben
noch wieder sehen -- und ich hoffe es! -- so werde
ich euch nach eurem Verdienste gegen ihn zu loben
wissen."

-- "Thun Sie das, Lady, wenn Sie ihn wie-
dersehen," antwortete er ihr zweideutig; "jetzt aber
schlafen Sie, ich bitte, damit wir uns mit Anbruch
des Tages wieder auf den Weg machen können. Sie
sind auch müde, denke ich?"

-- "Sehr müde!" sagte sie, das Haupt auf
den Sattel ihres Pferdes zurücklegend, den er ihr

eure große Güte und Sorgſamkeit vergelten zu kön-
nen?“ ſagte ſie, einigermaßen gerührt, indem ſie
ihre kleine, ſchneeweiße Hand auf ſeine harte, ſtark
gebräunte und knochige legte.

— „Quälen Sie ſich darum nicht, Miß Ma-
rie,“ antwortete er ihr; „es iſt Alles ſchon im Vor-
aus von Mr. Smith bezahlt, und Sie wiſſen, daß
der kein Knauſer iſt.“

— „Ja, Hieram, er iſt gut und groß zu-
gleich,“ erwiederte ſie, „und wenn ich es recht be-
denke, ſo muß ich mir ſagen, daß ich nicht gut an
ihm handelte, an ihm, der mir, trotz meiner großen
Undankbarkeit, noch fortwährende Beweiſe ſeiner Liebe
giebt; er bezeigte ſie beſonders dadurch, daß er mir
euch zum Begleiter gab. Sollte ich ihn im Leben
noch wieder ſehen — und ich hoffe es! — ſo werde
ich euch nach eurem Verdienſte gegen ihn zu loben
wiſſen.“

— „Thun Sie das, Lady, wenn Sie ihn wie-
derſehen,“ antwortete er ihr zweideutig; „jetzt aber
ſchlafen Sie, ich bitte, damit wir uns mit Anbruch
des Tages wieder auf den Weg machen können. Sie
ſind auch müde, denke ich?“

— „Sehr müde!“ ſagte ſie, das Haupt auf
den Sattel ihres Pferdes zurücklegend, den er ihr

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[185/0191] eure große Güte und Sorgſamkeit vergelten zu kön- nen?“ ſagte ſie, einigermaßen gerührt, indem ſie ihre kleine, ſchneeweiße Hand auf ſeine harte, ſtark gebräunte und knochige legte. — „Quälen Sie ſich darum nicht, Miß Ma- rie,“ antwortete er ihr; „es iſt Alles ſchon im Vor- aus von Mr. Smith bezahlt, und Sie wiſſen, daß der kein Knauſer iſt.“ — „Ja, Hieram, er iſt gut und groß zu- gleich,“ erwiederte ſie, „und wenn ich es recht be- denke, ſo muß ich mir ſagen, daß ich nicht gut an ihm handelte, an ihm, der mir, trotz meiner großen Undankbarkeit, noch fortwährende Beweiſe ſeiner Liebe giebt; er bezeigte ſie beſonders dadurch, daß er mir euch zum Begleiter gab. Sollte ich ihn im Leben noch wieder ſehen — und ich hoffe es! — ſo werde ich euch nach eurem Verdienſte gegen ihn zu loben wiſſen.“ — „Thun Sie das, Lady, wenn Sie ihn wie- derſehen,“ antwortete er ihr zweideutig; „jetzt aber ſchlafen Sie, ich bitte, damit wir uns mit Anbruch des Tages wieder auf den Weg machen können. Sie ſind auch müde, denke ich?“ — „Sehr müde!“ ſagte ſie, das Haupt auf den Sattel ihres Pferdes zurücklegend, den er ihr

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet02_1846/191>, abgerufen am 25.11.2024.