Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

-- "Dem Hohn, dem Gespött der vornehmen
"Welt, ja, ihrer Verachtung sogar, denn sie ist in
"diesem Punkte unerbittlich streng und lieblos, alle
"Dem würde ich Trotz bieten und der Verachtung Ver-
"achtung entgegensetzen; aber einen im Sterben be-
"griffenen Vater zu betrüben, das vermag ich nicht;
"Dich, unser Kind vielleicht gar zugleich, mit Ver-
"wünschungen von den Lippen überhäufen zu hören,
"die seither nur liebevolle, freundliche Worte über Dich
"aussprachen, die Deines Lobes stets so voll waren,
"das ginge über meine Kräfte hinaus."

-- "Noch neulich sagte mein Vater zu mir --
"es war nach Deinem vorletzten Besuche bei uns, wo
"Du ihm die Arzenei verschrieben hattest, die ihm so
"große Linderung verschaffte: -- ""Wenn ich je über
""Etwas im Leben Freude gehabt habe, so ist es
""darüber gewesen, daß ich der Welt den Mann
""erhielt; denn was wäre wohl aus ihm geworden,
""wenn ich mich seiner nicht angenommen hätte?""

-- "So, mein Adalbert, soll er Dich und sein
"Werk bis zu seinem Ende segnen, und ihm die Freude
"an letzterm ungetrübt bleiben!"

-- "Als Du mich gestern verlassen hattest, war
"mir das Herz so schwer und voll, daß es zu zer-
"springen drohte. Jch bat meinen Vater um die Er-
"laubniß, in Begleitung meiner Kammerfrau, unserer

— „Dem Hohn, dem Geſpött der vornehmen
„Welt, ja, ihrer Verachtung ſogar, denn ſie iſt in
„dieſem Punkte unerbittlich ſtreng und lieblos, alle
„Dem würde ich Trotz bieten und der Verachtung Ver-
„achtung entgegenſetzen; aber einen im Sterben be-
„griffenen Vater zu betrüben, das vermag ich nicht;
„Dich, unſer Kind vielleicht gar zugleich, mit Ver-
„wünſchungen von den Lippen überhäufen zu hören,
„die ſeither nur liebevolle, freundliche Worte über Dich
„ausſprachen, die Deines Lobes ſtets ſo voll waren,
„das ginge über meine Kräfte hinaus.“

— „Noch neulich ſagte mein Vater zu mir —
„es war nach Deinem vorletzten Beſuche bei uns, wo
„Du ihm die Arzenei verſchrieben hatteſt, die ihm ſo
„große Linderung verſchaffte: — „„Wenn ich je über
„„Etwas im Leben Freude gehabt habe, ſo iſt es
„„darüber geweſen, daß ich der Welt den Mann
„„erhielt; denn was wäre wohl aus ihm geworden,
„„wenn ich mich ſeiner nicht angenommen hätte?““

— „So, mein Adalbert, ſoll er Dich und ſein
„Werk bis zu ſeinem Ende ſegnen, und ihm die Freude
„an letzterm ungetrübt bleiben!“

— „Als Du mich geſtern verlaſſen hatteſt, war
„mir das Herz ſo ſchwer und voll, daß es zu zer-
„ſpringen drohte. Jch bat meinen Vater um die Er-
„laubniß, in Begleitung meiner Kammerfrau, unſerer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <div type="letter">
              <pb facs="#f0148" n="142"/>
              <p>&#x2014; &#x201E;Dem Hohn, dem Ge&#x017F;pött der vornehmen<lb/>
&#x201E;Welt, ja, ihrer Verachtung &#x017F;ogar, denn &#x017F;ie i&#x017F;t in<lb/>
&#x201E;die&#x017F;em Punkte unerbittlich &#x017F;treng und lieblos, alle<lb/>
&#x201E;Dem würde ich Trotz bieten und der Verachtung Ver-<lb/>
&#x201E;achtung entgegen&#x017F;etzen; aber einen im Sterben be-<lb/>
&#x201E;griffenen Vater zu betrüben, das vermag ich nicht;<lb/>
&#x201E;Dich, un&#x017F;er Kind vielleicht gar zugleich, mit Ver-<lb/>
&#x201E;wün&#x017F;chungen von den Lippen überhäufen zu hören,<lb/>
&#x201E;die &#x017F;either nur liebevolle, freundliche Worte über Dich<lb/>
&#x201E;aus&#x017F;prachen, die Deines Lobes &#x017F;tets &#x017F;o voll waren,<lb/>
&#x201E;das ginge über meine Kräfte hinaus.&#x201C;</p><lb/>
              <p>&#x2014; &#x201E;Noch neulich &#x017F;agte mein Vater zu mir &#x2014;<lb/>
&#x201E;es war nach Deinem vorletzten Be&#x017F;uche bei uns, wo<lb/>
&#x201E;Du ihm die Arzenei ver&#x017F;chrieben hatte&#x017F;t, die ihm &#x017F;o<lb/>
&#x201E;große Linderung ver&#x017F;chaffte: &#x2014; &#x201E;&#x201E;Wenn ich je über<lb/>
&#x201E;&#x201E;Etwas im Leben Freude gehabt habe, &#x017F;o i&#x017F;t es<lb/>
&#x201E;&#x201E;darüber gewe&#x017F;en, daß ich der Welt <hi rendition="#g">den</hi> Mann<lb/>
&#x201E;&#x201E;erhielt; denn was wäre wohl aus ihm geworden,<lb/>
&#x201E;&#x201E;wenn ich mich &#x017F;einer nicht angenommen hätte?&#x201C;&#x201C;</p><lb/>
              <p>&#x2014; &#x201E;So, mein Adalbert, &#x017F;oll er Dich und &#x017F;ein<lb/>
&#x201E;Werk bis zu &#x017F;einem Ende &#x017F;egnen, und ihm die Freude<lb/>
&#x201E;an letzterm ungetrübt bleiben!&#x201C;</p><lb/>
              <p>&#x2014; &#x201E;Als Du mich ge&#x017F;tern verla&#x017F;&#x017F;en hatte&#x017F;t, war<lb/>
&#x201E;mir das Herz &#x017F;o &#x017F;chwer und voll, daß es zu zer-<lb/>
&#x201E;&#x017F;pringen drohte. Jch bat meinen Vater um die Er-<lb/>
&#x201E;laubniß, in Begleitung meiner Kammerfrau, un&#x017F;erer<lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[142/0148] — „Dem Hohn, dem Geſpött der vornehmen „Welt, ja, ihrer Verachtung ſogar, denn ſie iſt in „dieſem Punkte unerbittlich ſtreng und lieblos, alle „Dem würde ich Trotz bieten und der Verachtung Ver- „achtung entgegenſetzen; aber einen im Sterben be- „griffenen Vater zu betrüben, das vermag ich nicht; „Dich, unſer Kind vielleicht gar zugleich, mit Ver- „wünſchungen von den Lippen überhäufen zu hören, „die ſeither nur liebevolle, freundliche Worte über Dich „ausſprachen, die Deines Lobes ſtets ſo voll waren, „das ginge über meine Kräfte hinaus.“ — „Noch neulich ſagte mein Vater zu mir — „es war nach Deinem vorletzten Beſuche bei uns, wo „Du ihm die Arzenei verſchrieben hatteſt, die ihm ſo „große Linderung verſchaffte: — „„Wenn ich je über „„Etwas im Leben Freude gehabt habe, ſo iſt es „„darüber geweſen, daß ich der Welt den Mann „„erhielt; denn was wäre wohl aus ihm geworden, „„wenn ich mich ſeiner nicht angenommen hätte?““ — „So, mein Adalbert, ſoll er Dich und ſein „Werk bis zu ſeinem Ende ſegnen, und ihm die Freude „an letzterm ungetrübt bleiben!“ — „Als Du mich geſtern verlaſſen hatteſt, war „mir das Herz ſo ſchwer und voll, daß es zu zer- „ſpringen drohte. Jch bat meinen Vater um die Er- „laubniß, in Begleitung meiner Kammerfrau, unſerer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet02_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet02_1846/148
Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet02_1846/148>, abgerufen am 28.11.2024.