Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

"den Ruhestand zurückgezogen, lebte mit seiner allein
"ihm noch übrig gebliebenen Tochter und einer stock-
"tauben alten Magd in einem von ihm erkauften, sehr
"einsam belegenen Hause, ohne Umgang mit den übri-
"gen Bewohnern der Stadt. Eine große Verstim-
"mung des Gemüths, vielleicht eine Folge früherer
"häuslichen Leiden, vielleicht auch die des frühzeitigen
"Verlustes einer sehr geliebten Gattin, hatte Herrn ***
"zu einem Menschenfeinde gemacht, wenigstens hielt
"man ihn dafür, da er sich dem Verkehr mit Seines-
"gleichen gänzlich entzogen hatte und diesen allein auf
"den Umgang mit seiner Tochter und der alten tau-
"ben Magd beschränkte."

-- "Diesen Mann, der in der letzten Zeit, nach
"Aussage der Magd, einer vollkommen guten Ge-
"sundheit genossen, fand letztere am Morgen des
"16. Juni d. J. todt, nicht in seinem eigenen, son-
"dern im Zimmer und Bette seiner Tochter, die zu
"gleicher Zeit spurlos verschwunden war, und das
"aus einem sorgfältig verschlossenen Hause, da man
"alle Schlüssel an der gewohnten Stelle und auch
"nicht ein einziges Fenster offen stehend fand."

-- "Das Angstgeschrei der Magd, die beim Er-
"wachen ihren Gebieter wecken wollte und ihn erst
"nach langem Suchen todt im Bette der entflohenen
"Tochter fand, rief an der Gartenmauer vorüberge-

„den Ruheſtand zurückgezogen, lebte mit ſeiner allein
„ihm noch übrig gebliebenen Tochter und einer ſtock-
„tauben alten Magd in einem von ihm erkauften, ſehr
„einſam belegenen Hauſe, ohne Umgang mit den übri-
„gen Bewohnern der Stadt. Eine große Verſtim-
„mung des Gemüths, vielleicht eine Folge früherer
„häuslichen Leiden, vielleicht auch die des frühzeitigen
„Verluſtes einer ſehr geliebten Gattin, hatte Herrn ***
„zu einem Menſchenfeinde gemacht, wenigſtens hielt
„man ihn dafür, da er ſich dem Verkehr mit Seines-
„gleichen gänzlich entzogen hatte und dieſen allein auf
„den Umgang mit ſeiner Tochter und der alten tau-
„ben Magd beſchränkte.“

— „Dieſen Mann, der in der letzten Zeit, nach
„Ausſage der Magd, einer vollkommen guten Ge-
„ſundheit genoſſen, fand letztere am Morgen des
„16. Juni d. J. todt, nicht in ſeinem eigenen, ſon-
„dern im Zimmer und Bette ſeiner Tochter, die zu
„gleicher Zeit ſpurlos verſchwunden war, und das
„aus einem ſorgfältig verſchloſſenen Hauſe, da man
„alle Schlüſſel an der gewohnten Stelle und auch
„nicht ein einziges Fenſter offen ſtehend fand.“

— „Das Angſtgeſchrei der Magd, die beim Er-
„wachen ihren Gebieter wecken wollte und ihn erſt
„nach langem Suchen todt im Bette der entflohenen
„Tochter fand, rief an der Gartenmauer vorüberge-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <div type="jArticle">
              <p><pb facs="#f0140" n="134"/>
&#x201E;den Ruhe&#x017F;tand zurückgezogen, lebte mit &#x017F;einer allein<lb/>
&#x201E;ihm noch übrig gebliebenen Tochter und einer &#x017F;tock-<lb/>
&#x201E;tauben alten Magd in einem von ihm erkauften, &#x017F;ehr<lb/>
&#x201E;ein&#x017F;am belegenen Hau&#x017F;e, ohne Umgang mit den übri-<lb/>
&#x201E;gen Bewohnern der Stadt. Eine große Ver&#x017F;tim-<lb/>
&#x201E;mung des Gemüths, vielleicht eine Folge früherer<lb/>
&#x201E;häuslichen Leiden, vielleicht auch die des frühzeitigen<lb/>
&#x201E;Verlu&#x017F;tes einer &#x017F;ehr geliebten Gattin, hatte Herrn ***<lb/>
&#x201E;zu einem Men&#x017F;chenfeinde gemacht, wenig&#x017F;tens hielt<lb/>
&#x201E;man ihn dafür, da er &#x017F;ich dem Verkehr mit Seines-<lb/>
&#x201E;gleichen gänzlich entzogen hatte und die&#x017F;en allein auf<lb/>
&#x201E;den Umgang mit &#x017F;einer Tochter und der alten tau-<lb/>
&#x201E;ben Magd be&#x017F;chränkte.&#x201C;</p><lb/>
              <p>&#x2014; &#x201E;Die&#x017F;en Mann, der in der letzten Zeit, nach<lb/>
&#x201E;Aus&#x017F;age der Magd, einer vollkommen guten Ge-<lb/>
&#x201E;&#x017F;undheit geno&#x017F;&#x017F;en, fand letztere am Morgen des<lb/>
&#x201E;16. Juni d. J. todt, nicht in &#x017F;einem eigenen, &#x017F;on-<lb/>
&#x201E;dern im Zimmer und Bette &#x017F;einer Tochter, die zu<lb/>
&#x201E;gleicher Zeit &#x017F;purlos ver&#x017F;chwunden war, und das<lb/>
&#x201E;aus einem &#x017F;orgfältig ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Hau&#x017F;e, da man<lb/>
&#x201E;alle Schlü&#x017F;&#x017F;el an der gewohnten Stelle und auch<lb/>
&#x201E;nicht ein einziges Fen&#x017F;ter offen &#x017F;tehend fand.&#x201C;</p><lb/>
              <p>&#x2014; &#x201E;Das Ang&#x017F;tge&#x017F;chrei der Magd, die beim Er-<lb/>
&#x201E;wachen ihren Gebieter wecken wollte und ihn er&#x017F;t<lb/>
&#x201E;nach langem Suchen todt im Bette der entflohenen<lb/>
&#x201E;Tochter fand, rief an der Gartenmauer vorüberge-<lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[134/0140] „den Ruheſtand zurückgezogen, lebte mit ſeiner allein „ihm noch übrig gebliebenen Tochter und einer ſtock- „tauben alten Magd in einem von ihm erkauften, ſehr „einſam belegenen Hauſe, ohne Umgang mit den übri- „gen Bewohnern der Stadt. Eine große Verſtim- „mung des Gemüths, vielleicht eine Folge früherer „häuslichen Leiden, vielleicht auch die des frühzeitigen „Verluſtes einer ſehr geliebten Gattin, hatte Herrn *** „zu einem Menſchenfeinde gemacht, wenigſtens hielt „man ihn dafür, da er ſich dem Verkehr mit Seines- „gleichen gänzlich entzogen hatte und dieſen allein auf „den Umgang mit ſeiner Tochter und der alten tau- „ben Magd beſchränkte.“ — „Dieſen Mann, der in der letzten Zeit, nach „Ausſage der Magd, einer vollkommen guten Ge- „ſundheit genoſſen, fand letztere am Morgen des „16. Juni d. J. todt, nicht in ſeinem eigenen, ſon- „dern im Zimmer und Bette ſeiner Tochter, die zu „gleicher Zeit ſpurlos verſchwunden war, und das „aus einem ſorgfältig verſchloſſenen Hauſe, da man „alle Schlüſſel an der gewohnten Stelle und auch „nicht ein einziges Fenſter offen ſtehend fand.“ — „Das Angſtgeſchrei der Magd, die beim Er- „wachen ihren Gebieter wecken wollte und ihn erſt „nach langem Suchen todt im Bette der entflohenen „Tochter fand, rief an der Gartenmauer vorüberge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet02_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet02_1846/140
Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet02_1846/140>, abgerufen am 29.11.2024.