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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846.

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nehmen habe, um unser Verhältniß vor der Pachterin
nicht zu verrathen. Auf meine Frage: wann ich ihn
wiedersehen würde? antwortete er mir: "Sobald ich
kann und so oft es die Umstände mir nur irgend er-
lauben werden. Du mußt aber vernünftig seyn und
bedenken, Dina," fügte er hinzu, "daß *** sechs
Stunden von hier entfernt ist und ich mir nicht die
mindeste Unvorsichtigkeit erlauben darf, wenn unser
Geheimniß nicht gefährdet werden soll. Ueberdies habe
ich aber auch noch Pflichten gegen die sich mir anver-
trauenden Kranken zu erfüllen."

-- "So werde ich dich also wohl nur sehr wenig
sehen und die mir hier erträumte Glückseligkeit wird
sich in ihr Gegentheil umwandeln?" sagte ich traurig.

-- "Was hälfe es, wenn ich dich darüber
täuschte?" versetzte er; "aber ich wiederhole mein
Versprechen, daß ich so oft kommen will, als ich
kann."

Jch mußte mich damit beruhigen; aber mit mei-
ner Freude über den mir zuvor so reizend erschiene-
nen Aufenthalt war es aus, denn nur wo Er war,
blühte mir das Glück. Sogar die Thranen, die ich
ihm nachweinte, als meine Blicke ihn nicht mehr er-
reichten, mußte ich vor meiner freundlichen Wirthin
zu verbergen suchen und das erlegte mir einen lästi-
gen Zwang auf. Unter dem Vorwande großer Er-

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nehmen habe, um unſer Verhältniß vor der Pachterin
nicht zu verrathen. Auf meine Frage: wann ich ihn
wiederſehen würde? antwortete er mir: „Sobald ich
kann und ſo oft es die Umſtände mir nur irgend er-
lauben werden. Du mußt aber vernünftig ſeyn und
bedenken, Dina,“ fügte er hinzu, „daß *** ſechs
Stunden von hier entfernt iſt und ich mir nicht die
mindeſte Unvorſichtigkeit erlauben darf, wenn unſer
Geheimniß nicht gefährdet werden ſoll. Ueberdies habe
ich aber auch noch Pflichten gegen die ſich mir anver-
trauenden Kranken zu erfüllen.“

— „So werde ich dich alſo wohl nur ſehr wenig
ſehen und die mir hier erträumte Glückſeligkeit wird
ſich in ihr Gegentheil umwandeln?“ ſagte ich traurig.

— „Was hälfe es, wenn ich dich darüber
täuſchte?“ verſetzte er; „aber ich wiederhole mein
Verſprechen, daß ich ſo oft kommen will, als ich
kann.“

Jch mußte mich damit beruhigen; aber mit mei-
ner Freude über den mir zuvor ſo reizend erſchiene-
nen Aufenthalt war es aus, denn nur wo Er war,
blühte mir das Glück. Sogar die Thranen, die ich
ihm nachweinte, als meine Blicke ihn nicht mehr er-
reichten, mußte ich vor meiner freundlichen Wirthin
zu verbergen ſuchen und das erlegte mir einen läſti-
gen Zwang auf. Unter dem Vorwande großer Er-

9 *
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[131/0137] nehmen habe, um unſer Verhältniß vor der Pachterin nicht zu verrathen. Auf meine Frage: wann ich ihn wiederſehen würde? antwortete er mir: „Sobald ich kann und ſo oft es die Umſtände mir nur irgend er- lauben werden. Du mußt aber vernünftig ſeyn und bedenken, Dina,“ fügte er hinzu, „daß *** ſechs Stunden von hier entfernt iſt und ich mir nicht die mindeſte Unvorſichtigkeit erlauben darf, wenn unſer Geheimniß nicht gefährdet werden ſoll. Ueberdies habe ich aber auch noch Pflichten gegen die ſich mir anver- trauenden Kranken zu erfüllen.“ — „So werde ich dich alſo wohl nur ſehr wenig ſehen und die mir hier erträumte Glückſeligkeit wird ſich in ihr Gegentheil umwandeln?“ ſagte ich traurig. — „Was hälfe es, wenn ich dich darüber täuſchte?“ verſetzte er; „aber ich wiederhole mein Verſprechen, daß ich ſo oft kommen will, als ich kann.“ Jch mußte mich damit beruhigen; aber mit mei- ner Freude über den mir zuvor ſo reizend erſchiene- nen Aufenthalt war es aus, denn nur wo Er war, blühte mir das Glück. Sogar die Thranen, die ich ihm nachweinte, als meine Blicke ihn nicht mehr er- reichten, mußte ich vor meiner freundlichen Wirthin zu verbergen ſuchen und das erlegte mir einen läſti- gen Zwang auf. Unter dem Vorwande großer Er- 9 *

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet02_1846/137>, abgerufen am 29.11.2024.