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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846.

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gegen sich selbst werden. Was aber die Freiheit, oder
vielmehr die Ungebundenheit, betrifft, auf die Sie ei-
nen so großen Werth zu setzen scheinen, so wird sie
keineswegs durch diese Anstellung beschränkt werden
und Sie sollen," fügte er lächelnd hinzu, "nach wie
vor unter Jhren lieben Sioux, in den Prairien und
Urwäldern nach Geschmack und Neigung leben können,
ja so oft es Jhnen belieben wird, Sir, empfangen Sie
mein Wort darauf."

-- "Wozu dann aber diese Anstellung?" fragte
Arnold und sah Joe verwundert an. "Wer ein Amt
hat, muß sein warten, heißt es im Sprichwort und
sowie ich die mir von Jhnen zugedachte Ehre ange-
nommen hätte, müßte ich entweder der Pflicht oder
der Freiheit entsagen; da mir nun die letztere das
theuerste Besitzthum ist, werden Sie mir erlauben, in
den bisherigen Verhältnissen zu beharren, die voll-
kommen zufriedenstellend für mich sind und mir zu-
gleich die Demüthigung ersparen, der Gunst etwas zu
verdanken zu haben."

-- "Sie würden sie vielleicht nicht ausschlagen,
wenn sie Jhnen von einer andern Seite geboten wür-
de?" antwortete ihm der Prophet mit etwas gereiz-
tem Tone und ihn forschend dabei ansehend. "Ge-
stehen Sie," fuhr er nach einer Weile fort, "ge-
stehen Sie, Sie haben etwas gegen mich; Sie wollen

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gegen ſich ſelbſt werden. Was aber die Freiheit, oder
vielmehr die Ungebundenheit, betrifft, auf die Sie ei-
nen ſo großen Werth zu ſetzen ſcheinen, ſo wird ſie
keineswegs durch dieſe Anſtellung beſchränkt werden
und Sie ſollen,“ fügte er lächelnd hinzu, „nach wie
vor unter Jhren lieben Sioux, in den Prairien und
Urwäldern nach Geſchmack und Neigung leben können,
ja ſo oft es Jhnen belieben wird, Sir, empfangen Sie
mein Wort darauf.“

— „Wozu dann aber dieſe Anſtellung?“ fragte
Arnold und ſah Joe verwundert an. „Wer ein Amt
hat, muß ſein warten, heißt es im Sprichwort und
ſowie ich die mir von Jhnen zugedachte Ehre ange-
nommen hätte, müßte ich entweder der Pflicht oder
der Freiheit entſagen; da mir nun die letztere das
theuerſte Beſitzthum iſt, werden Sie mir erlauben, in
den bisherigen Verhältniſſen zu beharren, die voll-
kommen zufriedenſtellend für mich ſind und mir zu-
gleich die Demüthigung erſparen, der Gunſt etwas zu
verdanken zu haben.“

— „Sie würden ſie vielleicht nicht ausſchlagen,
wenn ſie Jhnen von einer andern Seite geboten wür-
de?“ antwortete ihm der Prophet mit etwas gereiz-
tem Tone und ihn forſchend dabei anſehend. „Ge-
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ſtehen Sie, Sie haben etwas gegen mich; Sie wollen

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[83/0091] gegen ſich ſelbſt werden. Was aber die Freiheit, oder vielmehr die Ungebundenheit, betrifft, auf die Sie ei- nen ſo großen Werth zu ſetzen ſcheinen, ſo wird ſie keineswegs durch dieſe Anſtellung beſchränkt werden und Sie ſollen,“ fügte er lächelnd hinzu, „nach wie vor unter Jhren lieben Sioux, in den Prairien und Urwäldern nach Geſchmack und Neigung leben können, ja ſo oft es Jhnen belieben wird, Sir, empfangen Sie mein Wort darauf.“ — „Wozu dann aber dieſe Anſtellung?“ fragte Arnold und ſah Joe verwundert an. „Wer ein Amt hat, muß ſein warten, heißt es im Sprichwort und ſowie ich die mir von Jhnen zugedachte Ehre ange- nommen hätte, müßte ich entweder der Pflicht oder der Freiheit entſagen; da mir nun die letztere das theuerſte Beſitzthum iſt, werden Sie mir erlauben, in den bisherigen Verhältniſſen zu beharren, die voll- kommen zufriedenſtellend für mich ſind und mir zu- gleich die Demüthigung erſparen, der Gunſt etwas zu verdanken zu haben.“ — „Sie würden ſie vielleicht nicht ausſchlagen, wenn ſie Jhnen von einer andern Seite geboten wür- de?“ antwortete ihm der Prophet mit etwas gereiz- tem Tone und ihn forſchend dabei anſehend. „Ge- ſtehen Sie,“ fuhr er nach einer Weile fort, „ge- ſtehen Sie, Sie haben etwas gegen mich; Sie wollen 6 *

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/91>, abgerufen am 28.11.2024.