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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846.

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ten gefaßte Bildniß seiner Mutter hervor, das er an
einer goldenen Kette seither stets auf der Brust ge-
tragen hatte, küßte es mit der innigsten Zärtlich-
keit, warf noch einen letzten schmerzlichen Blick dar-
auf und legte es dann in die Hand des Wilden.
Kaum hatte Opiska Toaki einen Blick auf das Ge-
mälde geworfen, das eine sehr schöne Frau in der
Blüte der Jahre darstellte, als er einen Laut aus-
stieß, der halb wie Verwunderung, halb wie Freude
klang. Mit eiligen Schritten verließ er Arnold und
sein Schlachtopfer und kehrte zu den Seinigen zurück.
Das Bild ging von Hand zu Hand, wie zuvor das
Gewehr; aber der Häuptling setzte einen solchen Werth
darauf, daß, wenngleich er das Portrait hinreichte,
damit auch die Andern es sehen und bewundern möch-
ten, er doch die Kette nicht aus der Hand ließ, gleich-
sam als fürchtete er, daß man es ihm rauben möchte.

Die Verhandlung dauerte lange, viel zu lange
für Arnolds Furcht und Ungeduld, denn jeder der
Chippewas wollte das Kleinod sehen und mit der
Hand berühren. Man hielt das für glückbringend,
da man das Bildniß für eine Art von Talisman hielt,
in welcher Meinung die Wilden noch durch den Um-
stand bestärkt wurden, daß Arnold sich nur gezwun-
gen, nur nach heftigem Kampfe mit sich selbst, da-
von getrennt hatte.

ten gefaßte Bildniß ſeiner Mutter hervor, das er an
einer goldenen Kette ſeither ſtets auf der Bruſt ge-
tragen hatte, küßte es mit der innigſten Zärtlich-
keit, warf noch einen letzten ſchmerzlichen Blick dar-
auf und legte es dann in die Hand des Wilden.
Kaum hatte Opiska Toaki einen Blick auf das Ge-
mälde geworfen, das eine ſehr ſchöne Frau in der
Blüte der Jahre darſtellte, als er einen Laut aus-
ſtieß, der halb wie Verwunderung, halb wie Freude
klang. Mit eiligen Schritten verließ er Arnold und
ſein Schlachtopfer und kehrte zu den Seinigen zurück.
Das Bild ging von Hand zu Hand, wie zuvor das
Gewehr; aber der Häuptling ſetzte einen ſolchen Werth
darauf, daß, wenngleich er das Portrait hinreichte,
damit auch die Andern es ſehen und bewundern möch-
ten, er doch die Kette nicht aus der Hand ließ, gleich-
ſam als fürchtete er, daß man es ihm rauben möchte.

Die Verhandlung dauerte lange, viel zu lange
für Arnolds Furcht und Ungeduld, denn jeder der
Chippewas wollte das Kleinod ſehen und mit der
Hand berühren. Man hielt das für glückbringend,
da man das Bildniß für eine Art von Talisman hielt,
in welcher Meinung die Wilden noch durch den Um-
ſtand beſtärkt wurden, daß Arnold ſich nur gezwun-
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[45/0053] ten gefaßte Bildniß ſeiner Mutter hervor, das er an einer goldenen Kette ſeither ſtets auf der Bruſt ge- tragen hatte, küßte es mit der innigſten Zärtlich- keit, warf noch einen letzten ſchmerzlichen Blick dar- auf und legte es dann in die Hand des Wilden. Kaum hatte Opiska Toaki einen Blick auf das Ge- mälde geworfen, das eine ſehr ſchöne Frau in der Blüte der Jahre darſtellte, als er einen Laut aus- ſtieß, der halb wie Verwunderung, halb wie Freude klang. Mit eiligen Schritten verließ er Arnold und ſein Schlachtopfer und kehrte zu den Seinigen zurück. Das Bild ging von Hand zu Hand, wie zuvor das Gewehr; aber der Häuptling ſetzte einen ſolchen Werth darauf, daß, wenngleich er das Portrait hinreichte, damit auch die Andern es ſehen und bewundern möch- ten, er doch die Kette nicht aus der Hand ließ, gleich- ſam als fürchtete er, daß man es ihm rauben möchte. Die Verhandlung dauerte lange, viel zu lange für Arnolds Furcht und Ungeduld, denn jeder der Chippewas wollte das Kleinod ſehen und mit der Hand berühren. Man hielt das für glückbringend, da man das Bildniß für eine Art von Talisman hielt, in welcher Meinung die Wilden noch durch den Um- ſtand beſtärkt wurden, daß Arnold ſich nur gezwun- gen, nur nach heftigem Kampfe mit ſich ſelbſt, da- von getrennt hatte.

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/53>, abgerufen am 05.12.2024.