sen, Jünglingen und Knaben an. Auch die letztern sollten dem Zuge folgen, um frühzeitig zu lernen, wie man sich in solchen Fällen zu benehmen habe, um den Seinigen keine Schande, sondern vielmehr Ehre zu machen, und von White-hawk, dem tapfern, edlen Jünglinge, erwartete man das beste Beispiel kühner Todesverachtung für die aufblühende Jugend.
Während die Sioux sich nach und nach auf dem Platze vor dem Wigwam Waupees versammelte, war dieser drinnen emsig beschäftigt, den Sohn und sich selbst auf's Beste zu schmücken. Er legte jenem nicht nur die Kleider an und setzte ihm den befiederten Kopfputz auf, sondern färbte ihm auch mit dem Safte rother Beeren das Gesicht roth, wie diese Wilden es bei freudigen Anlässen zu thun pflegen, während sie das Antlitz bei Kriegserklärungen halb, und im Kriege selbst ganz schwarz färben. Jetzt aber durfte Nichts Trauer oder Schmerz verrathen und mußte sich das Opfer wie zum Feste schmücken lassen.
Die Sonne war noch nicht aufgegangen, als man schon mit allen diesen Vorbereitungen fertig war; nur ein falber Streif im Osten zeigte die Stelle an, wo die Königin des Tags als Besiegerin der Nacht her- vortreten würde, und in eben dem Augenblick, wo der hellgraue Streif sich mit einer schwachen Röthe zu färben begann, setzte sich der Zug in Bewegung.
ſen, Jünglingen und Knaben an. Auch die letztern ſollten dem Zuge folgen, um frühzeitig zu lernen, wie man ſich in ſolchen Fällen zu benehmen habe, um den Seinigen keine Schande, ſondern vielmehr Ehre zu machen, und von White-hawk, dem tapfern, edlen Jünglinge, erwartete man das beſte Beiſpiel kühner Todesverachtung für die aufblühende Jugend.
Während die Sioux ſich nach und nach auf dem Platze vor dem Wigwam Waupees verſammelte, war dieſer drinnen emſig beſchäftigt, den Sohn und ſich ſelbſt auf’s Beſte zu ſchmücken. Er legte jenem nicht nur die Kleider an und ſetzte ihm den befiederten Kopfputz auf, ſondern färbte ihm auch mit dem Safte rother Beeren das Geſicht roth, wie dieſe Wilden es bei freudigen Anläſſen zu thun pflegen, während ſie das Antlitz bei Kriegserklärungen halb, und im Kriege ſelbſt ganz ſchwarz färben. Jetzt aber durfte Nichts Trauer oder Schmerz verrathen und mußte ſich das Opfer wie zum Feſte ſchmücken laſſen.
Die Sonne war noch nicht aufgegangen, als man ſchon mit allen dieſen Vorbereitungen fertig war; nur ein falber Streif im Oſten zeigte die Stelle an, wo die Königin des Tags als Beſiegerin der Nacht her- vortreten würde, und in eben dem Augenblick, wo der hellgraue Streif ſich mit einer ſchwachen Röthe zu färben begann, ſetzte ſich der Zug in Bewegung.
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ſen, Jünglingen und Knaben an. Auch die letztern
ſollten dem Zuge folgen, um frühzeitig zu lernen, wie
man ſich in ſolchen Fällen zu benehmen habe, um
den Seinigen keine Schande, ſondern vielmehr Ehre
zu machen, und von White-hawk, dem tapfern, edlen
Jünglinge, erwartete man das beſte Beiſpiel kühner
Todesverachtung für die aufblühende Jugend.
Während die Sioux ſich nach und nach auf dem
Platze vor dem Wigwam Waupees verſammelte, war
dieſer drinnen emſig beſchäftigt, den Sohn und ſich
ſelbſt auf’s Beſte zu ſchmücken. Er legte jenem nicht
nur die Kleider an und ſetzte ihm den befiederten
Kopfputz auf, ſondern färbte ihm auch mit dem Safte
rother Beeren das Geſicht roth, wie dieſe Wilden es
bei freudigen Anläſſen zu thun pflegen, während ſie
das Antlitz bei Kriegserklärungen halb, und im Kriege
ſelbſt ganz ſchwarz färben. Jetzt aber durfte Nichts
Trauer oder Schmerz verrathen und mußte ſich das
Opfer wie zum Feſte ſchmücken laſſen.
Die Sonne war noch nicht aufgegangen, als man
ſchon mit allen dieſen Vorbereitungen fertig war; nur
ein falber Streif im Oſten zeigte die Stelle an, wo
die Königin des Tags als Beſiegerin der Nacht her-
vortreten würde, und in eben dem Augenblick, wo
der hellgraue Streif ſich mit einer ſchwachen Röthe zu
färben begann, ſetzte ſich der Zug in Bewegung.
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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/37>, abgerufen am 16.02.2025.
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