Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

ihr, keine theilnehmende Frage, denn sie haßte sie
jetzt, die ihr seither nur völlig gleichgültig gewe-
sen war.



Neuntes Kapitel.

Man wird aus dem Vorhergegangenen bereits
errathen haben, in welchem Verhältnisse der Prophet
und Marie zu einander standen und daß letztere nicht
die Tochter, sondern die Geliebte Joe Smiths war.

Was hatte aber dieser Mann, den man eifer-
süchtig auf den alleinigen Besitz eines so schönen Mäd-
chens hätte halten sollen, wohl bewogen, diesem ei-
nen viel jüngern Mann zuzuführen und sich dadurch
freiwillig einen gefährlichen Nebenbuhler geben? Daß
er dies unbedachtsamerweise gethan, durfte man bei
seiner Klugheit, Erfahrung und Menschenkenntniß nicht
annehmen, es mußte also mit Absicht geschehen seyn,
und dem war wirklich so.

Joe Smith, ein Mann von der regsten Sinn-
lichkeit und dem begehrlichsten Herzen, konnte ohne
ein Verhältniß der Art nicht leben; aber wie den
Genuß, liebte er den Wechsel und schon nach kurzer
Zeit war er der schönsten Frau überdrüssig, sowie er
zu ihrem ungestörten Besitze gelangt war.

ihr, keine theilnehmende Frage, denn ſie haßte ſie
jetzt, die ihr ſeither nur völlig gleichgültig gewe-
ſen war.



Neuntes Kapitel.

Man wird aus dem Vorhergegangenen bereits
errathen haben, in welchem Verhältniſſe der Prophet
und Marie zu einander ſtanden und daß letztere nicht
die Tochter, ſondern die Geliebte Joe Smiths war.

Was hatte aber dieſer Mann, den man eifer-
ſüchtig auf den alleinigen Beſitz eines ſo ſchönen Mäd-
chens hätte halten ſollen, wohl bewogen, dieſem ei-
nen viel jüngern Mann zuzuführen und ſich dadurch
freiwillig einen gefährlichen Nebenbuhler geben? Daß
er dies unbedachtſamerweiſe gethan, durfte man bei
ſeiner Klugheit, Erfahrung und Menſchenkenntniß nicht
annehmen, es mußte alſo mit Abſicht geſchehen ſeyn,
und dem war wirklich ſo.

Joe Smith, ein Mann von der regſten Sinn-
lichkeit und dem begehrlichſten Herzen, konnte ohne
ein Verhältniß der Art nicht leben; aber wie den
Genuß, liebte er den Wechſel und ſchon nach kurzer
Zeit war er der ſchönſten Frau überdrüſſig, ſowie er
zu ihrem ungeſtörten Beſitze gelangt war.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0173" n="165"/>
ihr, keine theilnehmende Frage, denn &#x017F;ie haßte &#x017F;ie<lb/>
jetzt, die ihr &#x017F;either nur völlig gleichgültig gewe-<lb/>
&#x017F;en war.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Neuntes Kapitel.</hi> </hi> </head><lb/>
        <p>Man wird aus dem Vorhergegangenen bereits<lb/>
errathen haben, in welchem Verhältni&#x017F;&#x017F;e der Prophet<lb/>
und Marie zu einander &#x017F;tanden und daß letztere nicht<lb/>
die Tochter, &#x017F;ondern die Geliebte Joe Smiths war.</p><lb/>
        <p>Was hatte aber die&#x017F;er Mann, den man eifer-<lb/>
&#x017F;üchtig auf den alleinigen Be&#x017F;itz eines &#x017F;o &#x017F;chönen Mäd-<lb/>
chens hätte halten &#x017F;ollen, wohl bewogen, die&#x017F;em ei-<lb/>
nen viel jüngern Mann zuzuführen und &#x017F;ich dadurch<lb/>
freiwillig einen gefährlichen Nebenbuhler geben? Daß<lb/>
er dies unbedacht&#x017F;amerwei&#x017F;e gethan, durfte man bei<lb/>
&#x017F;einer Klugheit, Erfahrung und Men&#x017F;chenkenntniß nicht<lb/>
annehmen, es mußte al&#x017F;o mit Ab&#x017F;icht ge&#x017F;chehen &#x017F;eyn,<lb/>
und dem war wirklich &#x017F;o.</p><lb/>
        <p>Joe Smith, ein Mann von der reg&#x017F;ten Sinn-<lb/>
lichkeit und dem begehrlich&#x017F;ten Herzen, konnte ohne<lb/>
ein Verhältniß der Art nicht leben; aber wie den<lb/>
Genuß, liebte er den Wech&#x017F;el und &#x017F;chon nach kurzer<lb/>
Zeit war er der &#x017F;chön&#x017F;ten Frau überdrü&#x017F;&#x017F;ig, &#x017F;owie er<lb/>
zu ihrem unge&#x017F;törten Be&#x017F;itze gelangt war.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[165/0173] ihr, keine theilnehmende Frage, denn ſie haßte ſie jetzt, die ihr ſeither nur völlig gleichgültig gewe- ſen war. Neuntes Kapitel. Man wird aus dem Vorhergegangenen bereits errathen haben, in welchem Verhältniſſe der Prophet und Marie zu einander ſtanden und daß letztere nicht die Tochter, ſondern die Geliebte Joe Smiths war. Was hatte aber dieſer Mann, den man eifer- ſüchtig auf den alleinigen Beſitz eines ſo ſchönen Mäd- chens hätte halten ſollen, wohl bewogen, dieſem ei- nen viel jüngern Mann zuzuführen und ſich dadurch freiwillig einen gefährlichen Nebenbuhler geben? Daß er dies unbedachtſamerweiſe gethan, durfte man bei ſeiner Klugheit, Erfahrung und Menſchenkenntniß nicht annehmen, es mußte alſo mit Abſicht geſchehen ſeyn, und dem war wirklich ſo. Joe Smith, ein Mann von der regſten Sinn- lichkeit und dem begehrlichſten Herzen, konnte ohne ein Verhältniß der Art nicht leben; aber wie den Genuß, liebte er den Wechſel und ſchon nach kurzer Zeit war er der ſchönſten Frau überdrüſſig, ſowie er zu ihrem ungeſtörten Beſitze gelangt war.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/173
Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/173>, abgerufen am 30.11.2024.