Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

so," antwortete ihr Arnold. "Jch hielt mich im
Norden der Grafschaft auf und war vom frühen Mor-
gen bis spät zum Abende mit Messen, Nivelliren und
Zeichnen beschäftigt."

-- "Das ist betrübt; ich hatte mich schon darauf
gefreut, Sir, wenigstens von Jhnen etwas Neues zu
hören. Wissen Sie wohl, daß es überaus langweilig
ist, entsetzlich langweilig, so von der ganzen Welt ab-
getrennt zu leben?"

-- "Jch begreife es," versetzte Arnold lächelnd;
"Sie führen fast das Leben eines Dalei-Lama in die-
sem prachtvollen Tempel, und das mag von Herzen
langweilig seyn, wenn man so jung und schön ist,
wie Sie, Miß."

-- "Jch lebte lieber unter Jhren Sioux und an-
dern Wilden, als noch länger so fort; auch habe ich
Joe -- meinem Vater -- das erklärt und er hat
mir versprochen, daß es anders werden soll."

Der Eintritt des Propheten unterbrach diese Un-
terhaltung, die Arnolden viel zu denken gab, denn
es war seiner Aufmerksamkeit nicht entgangen, daß
Marie im Laufe derselben ihren vermeinten Vater
mehre Male Joe, sich aber gleich wieder corrigirt und
ihn dann Vater genannt hatte. Ferner war es ihm
nach diesem zweiten Besuche noch klarer, als beim er-
sten geworden, daß er in Marien eine Person von

ſo,“ antwortete ihr Arnold. „Jch hielt mich im
Norden der Grafſchaft auf und war vom frühen Mor-
gen bis ſpät zum Abende mit Meſſen, Nivelliren und
Zeichnen beſchäftigt.“

— „Das iſt betrübt; ich hatte mich ſchon darauf
gefreut, Sir, wenigſtens von Jhnen etwas Neues zu
hören. Wiſſen Sie wohl, daß es überaus langweilig
iſt, entſetzlich langweilig, ſo von der ganzen Welt ab-
getrennt zu leben?“

— „Jch begreife es,“ verſetzte Arnold lächelnd;
„Sie führen faſt das Leben eines Dalei-Lama in die-
ſem prachtvollen Tempel, und das mag von Herzen
langweilig ſeyn, wenn man ſo jung und ſchön iſt,
wie Sie, Miß.“

— „Jch lebte lieber unter Jhren Sioux und an-
dern Wilden, als noch länger ſo fort; auch habe ich
Joe — meinem Vater — das erklärt und er hat
mir verſprochen, daß es anders werden ſoll.“

Der Eintritt des Propheten unterbrach dieſe Un-
terhaltung, die Arnolden viel zu denken gab, denn
es war ſeiner Aufmerkſamkeit nicht entgangen, daß
Marie im Laufe derſelben ihren vermeinten Vater
mehre Male Joe, ſich aber gleich wieder corrigirt und
ihn dann Vater genannt hatte. Ferner war es ihm
nach dieſem zweiten Beſuche noch klarer, als beim er-
ſten geworden, daß er in Marien eine Perſon von

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0143" n="135"/>
&#x017F;o,&#x201C; antwortete ihr Arnold. &#x201E;Jch hielt mich im<lb/>
Norden der Graf&#x017F;chaft auf und war vom frühen Mor-<lb/>
gen bis &#x017F;pät zum Abende mit Me&#x017F;&#x017F;en, Nivelliren und<lb/>
Zeichnen be&#x017F;chäftigt.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x2014; &#x201E;Das i&#x017F;t betrübt; ich hatte mich &#x017F;chon darauf<lb/>
gefreut, Sir, wenig&#x017F;tens von Jhnen etwas Neues zu<lb/>
hören. Wi&#x017F;&#x017F;en Sie wohl, daß es überaus langweilig<lb/>
i&#x017F;t, ent&#x017F;etzlich langweilig, &#x017F;o von der ganzen Welt ab-<lb/>
getrennt zu leben?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x2014; &#x201E;Jch begreife es,&#x201C; ver&#x017F;etzte Arnold lächelnd;<lb/>
&#x201E;Sie führen fa&#x017F;t das Leben eines Dalei-Lama in die-<lb/>
&#x017F;em prachtvollen Tempel, und das mag von Herzen<lb/>
langweilig &#x017F;eyn, wenn man &#x017F;o jung und &#x017F;chön i&#x017F;t,<lb/>
wie Sie, Miß.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x2014; &#x201E;Jch lebte lieber unter Jhren Sioux und an-<lb/>
dern Wilden, als noch länger &#x017F;o fort; auch habe ich<lb/>
Joe &#x2014; meinem Vater &#x2014; das erklärt und er hat<lb/>
mir ver&#x017F;prochen, daß es anders werden &#x017F;oll.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Der Eintritt des Propheten unterbrach die&#x017F;e Un-<lb/>
terhaltung, die Arnolden viel zu denken gab, denn<lb/>
es war &#x017F;einer Aufmerk&#x017F;amkeit nicht entgangen, daß<lb/>
Marie im Laufe der&#x017F;elben ihren vermeinten Vater<lb/>
mehre Male Joe, &#x017F;ich aber gleich wieder corrigirt und<lb/>
ihn dann Vater genannt hatte. Ferner war es ihm<lb/>
nach die&#x017F;em zweiten Be&#x017F;uche noch klarer, als beim er-<lb/>
&#x017F;ten geworden, daß er in Marien eine Per&#x017F;on von<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[135/0143] ſo,“ antwortete ihr Arnold. „Jch hielt mich im Norden der Grafſchaft auf und war vom frühen Mor- gen bis ſpät zum Abende mit Meſſen, Nivelliren und Zeichnen beſchäftigt.“ — „Das iſt betrübt; ich hatte mich ſchon darauf gefreut, Sir, wenigſtens von Jhnen etwas Neues zu hören. Wiſſen Sie wohl, daß es überaus langweilig iſt, entſetzlich langweilig, ſo von der ganzen Welt ab- getrennt zu leben?“ — „Jch begreife es,“ verſetzte Arnold lächelnd; „Sie führen faſt das Leben eines Dalei-Lama in die- ſem prachtvollen Tempel, und das mag von Herzen langweilig ſeyn, wenn man ſo jung und ſchön iſt, wie Sie, Miß.“ — „Jch lebte lieber unter Jhren Sioux und an- dern Wilden, als noch länger ſo fort; auch habe ich Joe — meinem Vater — das erklärt und er hat mir verſprochen, daß es anders werden ſoll.“ Der Eintritt des Propheten unterbrach dieſe Un- terhaltung, die Arnolden viel zu denken gab, denn es war ſeiner Aufmerkſamkeit nicht entgangen, daß Marie im Laufe derſelben ihren vermeinten Vater mehre Male Joe, ſich aber gleich wieder corrigirt und ihn dann Vater genannt hatte. Ferner war es ihm nach dieſem zweiten Beſuche noch klarer, als beim er- ſten geworden, daß er in Marien eine Perſon von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/143
Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/143>, abgerufen am 27.11.2024.