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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846.

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lauben, hielt er für überflüssig und so entfernte er sich
von Nauvoo, ohne Abschied von diesem zu nehmen.

Als er, nachdem er sein Geschäft beendigt, in
seine Wohnung zurückkehrte, sagte ihm sein Haus-
wirth, der alte John Adams, daß der Prophet sich
bereits mehre Male nach seiner Rückkehr erkundigt
und ihm Befehl gegeben habe, sie ihm sogleich anzu-
zeigen.

-- "So thut das jetzt," antwortete Arnold ihm
kurz, denn obschon John Adams sein Hauswirth war,
hatte er doch einen gewissen Widerwillen gegen diesen
alten Fanatiker und verkehrte so wenig als irgend
möglich mit demselben; schon das finstre Gesicht dieses
Menschen und mehr noch seine kleinen, stechenden Au-
gen, in deren Blick eben so viele List als Bosheit
lag, waren ihm widerwärtig und machten ihm den
Aufenthalt in seinem Hause unangenehm, obgleich die
Aufwartung kaum einen Wunsch übrig ließ. Allein
er konnte keine andere passende Wohnung in Nauvoo
finden und ließ sich diese daher noch immer gefallen.

-- "Wollen Sie, Sir, nicht von der Jhnen er-
theilten Erlaubniß Gebrauch machen, den Herrn Ge-
neral-Lieutenant im Tempel besuchen zu dürfen?"
fragte ihn der Alte, ihn mit seinem giftigen Blick
von der Seite ausehend, denn er fürchtete wieder,
eine stolze Antwort von dem jungen Manne zu hören

lauben, hielt er für überflüſſig und ſo entfernte er ſich
von Nauvoo, ohne Abſchied von dieſem zu nehmen.

Als er, nachdem er ſein Geſchäft beendigt, in
ſeine Wohnung zurückkehrte, ſagte ihm ſein Haus-
wirth, der alte John Adams, daß der Prophet ſich
bereits mehre Male nach ſeiner Rückkehr erkundigt
und ihm Befehl gegeben habe, ſie ihm ſogleich anzu-
zeigen.

— „So thut das jetzt,“ antwortete Arnold ihm
kurz, denn obſchon John Adams ſein Hauswirth war,
hatte er doch einen gewiſſen Widerwillen gegen dieſen
alten Fanatiker und verkehrte ſo wenig als irgend
möglich mit demſelben; ſchon das finſtre Geſicht dieſes
Menſchen und mehr noch ſeine kleinen, ſtechenden Au-
gen, in deren Blick eben ſo viele Liſt als Bosheit
lag, waren ihm widerwärtig und machten ihm den
Aufenthalt in ſeinem Hauſe unangenehm, obgleich die
Aufwartung kaum einen Wunſch übrig ließ. Allein
er konnte keine andere paſſende Wohnung in Nauvoo
finden und ließ ſich dieſe daher noch immer gefallen.

— „Wollen Sie, Sir, nicht von der Jhnen er-
theilten Erlaubniß Gebrauch machen, den Herrn Ge-
neral-Lieutenant im Tempel beſuchen zu dürfen?“
fragte ihn der Alte, ihn mit ſeinem giftigen Blick
von der Seite auſehend, denn er fürchtete wieder,
eine ſtolze Antwort von dem jungen Manne zu hören

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[126/0134] lauben, hielt er für überflüſſig und ſo entfernte er ſich von Nauvoo, ohne Abſchied von dieſem zu nehmen. Als er, nachdem er ſein Geſchäft beendigt, in ſeine Wohnung zurückkehrte, ſagte ihm ſein Haus- wirth, der alte John Adams, daß der Prophet ſich bereits mehre Male nach ſeiner Rückkehr erkundigt und ihm Befehl gegeben habe, ſie ihm ſogleich anzu- zeigen. — „So thut das jetzt,“ antwortete Arnold ihm kurz, denn obſchon John Adams ſein Hauswirth war, hatte er doch einen gewiſſen Widerwillen gegen dieſen alten Fanatiker und verkehrte ſo wenig als irgend möglich mit demſelben; ſchon das finſtre Geſicht dieſes Menſchen und mehr noch ſeine kleinen, ſtechenden Au- gen, in deren Blick eben ſo viele Liſt als Bosheit lag, waren ihm widerwärtig und machten ihm den Aufenthalt in ſeinem Hauſe unangenehm, obgleich die Aufwartung kaum einen Wunſch übrig ließ. Allein er konnte keine andere paſſende Wohnung in Nauvoo finden und ließ ſich dieſe daher noch immer gefallen. — „Wollen Sie, Sir, nicht von der Jhnen er- theilten Erlaubniß Gebrauch machen, den Herrn Ge- neral-Lieutenant im Tempel beſuchen zu dürfen?“ fragte ihn der Alte, ihn mit ſeinem giftigen Blick von der Seite auſehend, denn er fürchtete wieder, eine ſtolze Antwort von dem jungen Manne zu hören

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/134>, abgerufen am 24.11.2024.