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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846.

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Hände, Arme, Füße waren so bewunderungswürdig
geformt, daß man fast das über alle Beschreibung
reizende Haupt, die blühenden Wangen, den rosigen
Mund, die schöngeformte kleine Nase, die schneeweiße,
von schwarzen Locken umkränzte Stirn und die strah-
lenden dunklen Augen, mit dem etwas schalkhaften
Blick, darüber vergaß.

Die geschmackvolle Kleidung, ein Gewand von
schwerem dunkelviolettem Seidenstoffe, nach der neue-
sten Mode gemacht, konnte nur dazu dienen, diese
natürliche Schönheit noch mehr hervorzuheben. Das
dunkle, lockige Haar war etwas phantastisch aufge-
nestelt und ohne weitern Schmuck, als einen mit Ru-
binen ausgelegten goldenen Pfeil, der nachläßig durch
die reiche Flechte gesteckt war. Den Hals schmückte
eine Reihe sehr großer und schöner Zahlperlen, die
durch ein Diamantschloß gehalten waren; sonst er-
blickte man keinen Schmuck, außer dem ihm von der
Natur verliehenen, wahrhaft bezaubernden der Schön-
heit und Jugend, an dem Mädchen.

-- "Seyn Sie uns herzlich willkommen, Sir,"
nahm Marie mit einer so sanften Stimme das Wort,
daß Arnold sie noch singen zu hören glaubte. "Es
ist sehr gütig von Jhnen," fügte sie hinzu, als er
ihr bloß durch eine Verbeugung antwortete, "daß Sie
unsere Einsamkeit theilen wollen."

Hände, Arme, Füße waren ſo bewunderungswürdig
geformt, daß man faſt das über alle Beſchreibung
reizende Haupt, die blühenden Wangen, den roſigen
Mund, die ſchöngeformte kleine Naſe, die ſchneeweiße,
von ſchwarzen Locken umkränzte Stirn und die ſtrah-
lenden dunklen Augen, mit dem etwas ſchalkhaften
Blick, darüber vergaß.

Die geſchmackvolle Kleidung, ein Gewand von
ſchwerem dunkelviolettem Seidenſtoffe, nach der neue-
ſten Mode gemacht, konnte nur dazu dienen, dieſe
natürliche Schönheit noch mehr hervorzuheben. Das
dunkle, lockige Haar war etwas phantaſtiſch aufge-
neſtelt und ohne weitern Schmuck, als einen mit Ru-
binen ausgelegten goldenen Pfeil, der nachläßig durch
die reiche Flechte geſteckt war. Den Hals ſchmückte
eine Reihe ſehr großer und ſchöner Zahlperlen, die
durch ein Diamantſchloß gehalten waren; ſonſt er-
blickte man keinen Schmuck, außer dem ihm von der
Natur verliehenen, wahrhaft bezaubernden der Schön-
heit und Jugend, an dem Mädchen.

— „Seyn Sie uns herzlich willkommen, Sir,“
nahm Marie mit einer ſo ſanften Stimme das Wort,
daß Arnold ſie noch ſingen zu hören glaubte. „Es
iſt ſehr gütig von Jhnen,“ fügte ſie hinzu, als er
ihr bloß durch eine Verbeugung antwortete, „daß Sie
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[110/0118] Hände, Arme, Füße waren ſo bewunderungswürdig geformt, daß man faſt das über alle Beſchreibung reizende Haupt, die blühenden Wangen, den roſigen Mund, die ſchöngeformte kleine Naſe, die ſchneeweiße, von ſchwarzen Locken umkränzte Stirn und die ſtrah- lenden dunklen Augen, mit dem etwas ſchalkhaften Blick, darüber vergaß. Die geſchmackvolle Kleidung, ein Gewand von ſchwerem dunkelviolettem Seidenſtoffe, nach der neue- ſten Mode gemacht, konnte nur dazu dienen, dieſe natürliche Schönheit noch mehr hervorzuheben. Das dunkle, lockige Haar war etwas phantaſtiſch aufge- neſtelt und ohne weitern Schmuck, als einen mit Ru- binen ausgelegten goldenen Pfeil, der nachläßig durch die reiche Flechte geſteckt war. Den Hals ſchmückte eine Reihe ſehr großer und ſchöner Zahlperlen, die durch ein Diamantſchloß gehalten waren; ſonſt er- blickte man keinen Schmuck, außer dem ihm von der Natur verliehenen, wahrhaft bezaubernden der Schön- heit und Jugend, an dem Mädchen. — „Seyn Sie uns herzlich willkommen, Sir,“ nahm Marie mit einer ſo ſanften Stimme das Wort, daß Arnold ſie noch ſingen zu hören glaubte. „Es iſt ſehr gütig von Jhnen,“ fügte ſie hinzu, als er ihr bloß durch eine Verbeugung antwortete, „daß Sie unſere Einſamkeit theilen wollen.“

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/118>, abgerufen am 27.11.2024.