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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846.

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vertiefte sich bald so im Lesen, daß er der Rückkehr
Joe's, der durch die offen gelassene Thür zu ihm ein-
getreten war, nicht bemerkte.

-- "Aha, ich dachte es mir wohl, daß Sie die-
ses Buch zunächst anziehen würde!" sagte der Prophet,
der über Arnolds Schulter geguckt und gesehen hatte,
was er so eifrig las.

-- "Verzeihen Sie, Sir," antwortete ihm
Arnold fast beschämt über die sich genommene Frei-
heit, "verzeihen Sie, daß ich es wagte, dieses Buch
ohne Jhre besondere Erlaubniß von seiner Stelle zu
nehmen; aber mein Verlangen" ......

-- "Lassen wir das, mein Freund," unterbrach
ihn Joe; "unterlassen wir in Zukunft alle diese Förm-
lichkeiten und betrachten Sie sich als den Gebieter
über Alles, was ich mein nenne. Es wird mich
freuen, wenn Sie in Zukunft einen recht häufigen Ge-
brauch von meiner Bibliothek machen, die Jhnen, ich
wiederhole es, ein für alle mal zur Disposition ge-
stellt ist."

-- "Sie lesen auch deutsch, wie ich sehe, Sir?"
fragte ihn Arnold.

-- "Wie sollte ich nicht?" erwiderte ihm Smith
in dieser Sprache und im reinsten deutschen Accent:
"ist die deutsche doch meine Muttersprache. Wir sind
Landsleute, mein junger Freund; vielleicht gar beide

vertiefte ſich bald ſo im Leſen, daß er der Rückkehr
Joe’s, der durch die offen gelaſſene Thür zu ihm ein-
getreten war, nicht bemerkte.

— „Aha, ich dachte es mir wohl, daß Sie die-
ſes Buch zunächſt anziehen würde!“ ſagte der Prophet,
der über Arnolds Schulter geguckt und geſehen hatte,
was er ſo eifrig las.

— „Verzeihen Sie, Sir,“ antwortete ihm
Arnold faſt beſchämt über die ſich genommene Frei-
heit, „verzeihen Sie, daß ich es wagte, dieſes Buch
ohne Jhre beſondere Erlaubniß von ſeiner Stelle zu
nehmen; aber mein Verlangen“ ......

— „Laſſen wir das, mein Freund,“ unterbrach
ihn Joe; „unterlaſſen wir in Zukunft alle dieſe Förm-
lichkeiten und betrachten Sie ſich als den Gebieter
über Alles, was ich mein nenne. Es wird mich
freuen, wenn Sie in Zukunft einen recht häufigen Ge-
brauch von meiner Bibliothek machen, die Jhnen, ich
wiederhole es, ein für alle mal zur Dispoſition ge-
ſtellt iſt.“

— „Sie leſen auch deutſch, wie ich ſehe, Sir?“
fragte ihn Arnold.

— „Wie ſollte ich nicht?“ erwiderte ihm Smith
in dieſer Sprache und im reinſten deutſchen Accent:
„iſt die deutſche doch meine Mutterſprache. Wir ſind
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[105/0113] vertiefte ſich bald ſo im Leſen, daß er der Rückkehr Joe’s, der durch die offen gelaſſene Thür zu ihm ein- getreten war, nicht bemerkte. — „Aha, ich dachte es mir wohl, daß Sie die- ſes Buch zunächſt anziehen würde!“ ſagte der Prophet, der über Arnolds Schulter geguckt und geſehen hatte, was er ſo eifrig las. — „Verzeihen Sie, Sir,“ antwortete ihm Arnold faſt beſchämt über die ſich genommene Frei- heit, „verzeihen Sie, daß ich es wagte, dieſes Buch ohne Jhre beſondere Erlaubniß von ſeiner Stelle zu nehmen; aber mein Verlangen“ ...... — „Laſſen wir das, mein Freund,“ unterbrach ihn Joe; „unterlaſſen wir in Zukunft alle dieſe Förm- lichkeiten und betrachten Sie ſich als den Gebieter über Alles, was ich mein nenne. Es wird mich freuen, wenn Sie in Zukunft einen recht häufigen Ge- brauch von meiner Bibliothek machen, die Jhnen, ich wiederhole es, ein für alle mal zur Dispoſition ge- ſtellt iſt.“ — „Sie leſen auch deutſch, wie ich ſehe, Sir?“ fragte ihn Arnold. — „Wie ſollte ich nicht?“ erwiderte ihm Smith in dieſer Sprache und im reinſten deutſchen Accent: „iſt die deutſche doch meine Mutterſprache. Wir ſind Landsleute, mein junger Freund; vielleicht gar beide

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/113>, abgerufen am 27.11.2024.