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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846.

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Sechstes Kapitel.

Das gänzlich veränderte Benehmen Joe Smiths
gegen ihn fiel Arnolden mit Recht auf und flößte ihm
noch mehr Mißtrauen gegen diesen Mann ein, als er
früher schon gegen ihn gehabt hatte. Drei Jahre war
Arnold bereits in Nauvoo gewesen und größtentheils
mit Arbeiten für die Colonie beschäftigt, was ihn in
häufige Berührung mit dem Oberhaupte der Mor-
mons bringen mußte, ohne daß der Ton zwischen ihm
und Joe Smith sich verändert hatte. Beide Männer
begegneten sich mit der kalten Höflichkeit, die gebil-
dete Menschen gegen einander zu beobachten pflegen,
wenn Schicksale oder Verhältnisse sie zum täglichen
Verkehr mit einander zwingen und sie doch in Nei-
gungen und Ansichten durchaus verschieden sind. Man
ist um so mehr bei solchem Umgange auf der Huth,
da das Herz durchaus nicht dabei betheiligt ist und
allein der Verstand uns das zu beobachtende Betragen
dictirt, und da man einander nichts entgegentragen
kann, als die äußere Höflichkeit, läßt man es an die-
ser nicht fehlen.

Arnold gehörte überhaupt nicht zu den vertrauen-
den, sich leicht hingebenden Naturen. Er hatte einen
scharfen, sichtenden Verstand und ließ sich durch den

Sechſtes Kapitel.

Das gänzlich veränderte Benehmen Joe Smiths
gegen ihn fiel Arnolden mit Recht auf und flößte ihm
noch mehr Mißtrauen gegen dieſen Mann ein, als er
früher ſchon gegen ihn gehabt hatte. Drei Jahre war
Arnold bereits in Nauvoo geweſen und größtentheils
mit Arbeiten für die Colonie beſchäftigt, was ihn in
häufige Berührung mit dem Oberhaupte der Mor-
mons bringen mußte, ohne daß der Ton zwiſchen ihm
und Joe Smith ſich verändert hatte. Beide Männer
begegneten ſich mit der kalten Höflichkeit, die gebil-
dete Menſchen gegen einander zu beobachten pflegen,
wenn Schickſale oder Verhältniſſe ſie zum täglichen
Verkehr mit einander zwingen und ſie doch in Nei-
gungen und Anſichten durchaus verſchieden ſind. Man
iſt um ſo mehr bei ſolchem Umgange auf der Huth,
da das Herz durchaus nicht dabei betheiligt iſt und
allein der Verſtand uns das zu beobachtende Betragen
dictirt, und da man einander nichts entgegentragen
kann, als die äußere Höflichkeit, läßt man es an die-
ſer nicht fehlen.

Arnold gehörte überhaupt nicht zu den vertrauen-
den, ſich leicht hingebenden Naturen. Er hatte einen
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[96/0104] Sechſtes Kapitel. Das gänzlich veränderte Benehmen Joe Smiths gegen ihn fiel Arnolden mit Recht auf und flößte ihm noch mehr Mißtrauen gegen dieſen Mann ein, als er früher ſchon gegen ihn gehabt hatte. Drei Jahre war Arnold bereits in Nauvoo geweſen und größtentheils mit Arbeiten für die Colonie beſchäftigt, was ihn in häufige Berührung mit dem Oberhaupte der Mor- mons bringen mußte, ohne daß der Ton zwiſchen ihm und Joe Smith ſich verändert hatte. Beide Männer begegneten ſich mit der kalten Höflichkeit, die gebil- dete Menſchen gegen einander zu beobachten pflegen, wenn Schickſale oder Verhältniſſe ſie zum täglichen Verkehr mit einander zwingen und ſie doch in Nei- gungen und Anſichten durchaus verſchieden ſind. Man iſt um ſo mehr bei ſolchem Umgange auf der Huth, da das Herz durchaus nicht dabei betheiligt iſt und allein der Verſtand uns das zu beobachtende Betragen dictirt, und da man einander nichts entgegentragen kann, als die äußere Höflichkeit, läßt man es an die- ſer nicht fehlen. Arnold gehörte überhaupt nicht zu den vertrauen- den, ſich leicht hingebenden Naturen. Er hatte einen ſcharfen, ſichtenden Verſtand und ließ ſich durch den

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/104>, abgerufen am 24.11.2024.